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Probe-Wählen Migranten erleben deutsches System

Migrantenorganisationen haben Ausländer zu einer Probe-Wahl eingeladen, um Demokratie zu dokumentieren.

Von Marita Bullmann 13.03.2016, 17:32

Haldensleben l Solomon Tewolde hatte viel zu übersetzen. Der Sozialarbeiter war mit Flüchtlingen aus Eritrea und Syrien, die in der Gemeinschaftunterkunft in Haldensleben leben, ins Café Senfkorn gekommen. Der Jugendtreff des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) fungierte am Freitagnachmittag als Probe-Wahllokal, und zwar für Bürger und Bürgerinnen ohne deutsche Staatsangehörigkeit.

Das Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (Lamsa) hatte erstmals in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Probewahlen für ausländische Bürger ohne deutschen Pass organisiert. Mit diesen Probewahlen sollte den Migranten und Migrantinnen mit ständigem Wohnsitz in Deutschland die Möglichkeit eröffnet werden, sich mit dem Parteien- und Wahlsystem vertraut zu machen und über Möglichkeiten der politischen Teilhabe zu informieren, hieß es.

Von den drei Frauen im Probe-Wahlvorstand in Haldensleben sind auch zwei nicht in Deutschland geboren. Franziska Schramm ist Mitarbeiterin der Lamsa; Milena Konstantinova und Zoia Haack gehören aber zur Deutsch-Bulgarischen soziokulturellen Vereinigung, die wiederum ist einer von insgesamt 65 Vereinen, die Mitglied der Lamsa ist. Milena Konstantinova, die seit 28 Jahren in Deutschland lebt und fast akzentfrei deutsch spricht, erklärte den Männern aus Syrien und Eritrea, die ins Senfkorn gekommen waren, worum es bei diesem Projekt geht, nämlich die ausländischen Mitbürger an das demokratische Wahlsystem heranzuführen.

In Sachsen-Anhalt leben mehr als 60 000 ausländische Mitbürger, die kein Wahlrecht haben, erläuterte die Bulgarin. Einige von ihnen wurden am Freitag in 14 Probe-Wahllokalen in Sachsen-Anhalt befragt. Sie erhielten Kurzfassungen der Wahlprogramme der Parteien in verschiedenen Sprachen, mit denen sie sich auseinander setzen konnten. Anschließend sollten sie nur eine Partei ankreuzen. Gleichzeitig wurden sie gefragt, ob sie Kandidaten der Parteien kennen. Die Probe-Wahl verlief anonym. Die Lamsa wollte lediglich ein paar Angaben haben wie Alter, Geschlecht, Herkunftsland, seit wann in Deutschland und derzeit ausgeübter Beruf. Außerdem ging es um den Aufenthaltsstatus. Diese Angaben waren jedoch freiwillig.

Milena Konstantinova informierte die Flüchtlinge auch über Hilfsangebote der Lamsa wie die kostenlose Hilfe von Übersetzern und Unterstützung bei dualem Lernen, um im Berufsleben Fuß zu fassen.