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Reformationsjahr Mit Luther-Figur vor Ort auf Spurensuche

Eine Ausstellung über die Reformation ist in Wegenstedt zu sehen. Zur Eröffnung kam auch die Landesbischöfin Ilse Junkermann.

Von Anett Roisch 16.06.2017, 01:01

Wegenstedt l Siebeneinhalb Zentimeter misst er, der Kleine. Er hat große, braune Augen und lächelt, als Playmobil-Figur hat selbst der finsterste Pirat große Augen und lächelt. Das nimmt dem kleinen Martin Luther die Strenge, die der große hatte. Landesbischöfin Ilse Junkermann gesteht, dass sie selbst auch gegen die Vermarktung von Luther sei, doch diese kleine Figur findet die Geistliche gut, denn er hat nicht wie Darth Vader von Star Wars ein Schwert, sondern eine Schreibfeder in den Händen. „Luther setzt also auf das Wort und so auf die friedliche Auseinandersetzung. Der kleine Luther hat inzwischen die Auflagenzahl von Darth Vader mit mehr als 750 000 überwunden“, sagt Ilse Junkermann schmunzelnd. So kommt es, dass die Landesbischöfin jedem der Gäste zur Ausstellungseröffnung eine Playmobilfigur schenkt.

Nicht nur die Idee für dieses Überraschungsgeschenk, das der Kirchenkreis in einer großen Zahl erwerben konnte, sondern im Besonderen für die Ausstellung „Die Reformation veränderte unsere Region“ hatte Pastorin Irene Heinecke gemeinsam mit Ewald Koch, Pfarrer Jürgen Dittrich, Dr. Berthold Heinecke und Adolf-Gustav Lohmann vom Freundeskreis Geschichtswerkstatt „Samuel Walther“. „Es ist nicht zu übersehen und zu überhören, dass immerzu über 500 Jahre Reformation geredet und geschrieben wird. Auch wir wollen zeigen, was Reformation für unsere Region bedeutet. Die Ausstellung zeigt Spuren davon, wie es bei uns zur Reformation kam und wie sich unsere Gegend dadurch veränderte.“ Klöster wurden aufgegeben oder umstrukturiert, Kirchen umgebaut, Schulen gegründet und der Glaube wurde auf die Schrift zurückgeführt. „Wie alle Veränderungen brachte die Reformation nicht nur Gutes, sondern auch viel Not und Leid. Jubeln fällt da schwer, aber erinnern tut gut. Geschieht es ehrlich, wird es ein Gewinn sein für die Zukunft“, ist sich Irene Heinecke sicher.

Landesbischöfin Junkermann berichtet von vielen großen Ausstellungseröffnungen, die sie bereits hinter sich ließ. Sie gestand, dass sie sich besonders auf die kleine Vernissage in Wegenstedt gefreut hat.

„Wir feiern 2017 nicht die Kirche, wir feiern ein Christusfest. Die Reformation war ein größerer Transformationsprozess, der sich vom Mittelalter bis zur Neuzeit mit vielen Akteuren und an vielen Orten vollzog. Wir hatten dazu angeregt, auf Spurensuche für die Reformationsgeschichte in Ihren Orten zu gehen“, betont sie. „Wie gehen wir mit dem Konflikt um?“ fragt sie. Nach ihrer Ansicht wäre nach 500 Jahren die richtige Zeit, sich selbstkritisch der Vergangenheit zu stellen. „Wie kann das gehen? Das wird möglich, wenn man versucht, die eigene Geschichte mit den Augen der anderen zu betrachten und sich so in deren Leben hinein versetzt“, erklärt Junkermann und schildert das Anliegen der evangelischen und der katholischen Kirche in der heutigen Zeit vom Konflikt zur Gemeinschaft zu kommen.

Die Landesbischöfin erzählt, dass anlässlich des Reformationsjubiläums das Lutherhaus in Eisenach eine Sonderausstellung „Ketzer, Spalter, Glaubenslehrer – Luther aus ka­tho­lischer Sicht“ zeigt. Diese Ausstellung würde deutlich machen, wann und wie sich das ka­tho­lische Luther-Bild verän­derte: Der Ausstellungsparcours führt da­bei durch die konfliktreiche Geschichte von 1517 bis 2017 und er­läutert, warum Lu­ther auf ka­tho­lischer Seite heute nicht mehr als „Ketzer“ und „Spalter“, son­dern als be­deutende Fi­gur der Kirchen­geschichte und sogar als „Glaubens­lehrer“ ge­sehen wer­den kann.

Die Geschichtswerkstatt befindet sich an der Neuen Straße 26 neben der Kirche. Die nächste Veranstaltung ist eine Lesung von Pfarrer Jürgen Dittrich zum Thema „Der unbekannte Luther“ am Freitag, 7. Juli, um 19 Uhr. Die Ausstellung ist noch bis zum 31. Oktober zu sehen. Kontakt ist unter Telefon 039054/2490 möglich.