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Regina Blenkle Spielball liegt wieder beim Stadtrat

Mit einer unerwarteten Wendung ist am Mittwoch die Verhandlung im Disziplinarverfahren gegen Regina Blenkle vertagt worden.

Von Jens Kusian 08.10.2020, 01:01

Haldensleben/Magdeburg l Es sei dem Wählerwillen geschuldet, eventuell doch einen Kompromiss im Disziplinarverfahren gegen Haldenslebens suspendierte Bürgermeisterin Regina Blenkle (FUWG) zu finden. Das hat Klaus Friedrichs, der Vorsitzende Richter der 15. Kammer des Verwaltungsgerichts Magdeburg, gestern beiden Streitparteien in aller Deutlichkeit nahe gelegt. „Ich hatte diesen Gedanken schon ganz am Anfang, als ich mich mit der Klageschrift beschäftigt habe“, meint er. Allerdings hatte er ihn in der Zwischenzeit wieder verworfen, weil er die Positionen beider Seiten – Regina Blenkle auf der einen und den Stadtrat auf der anderen – als zu festgefahren angesehen hat.

Daher appelliert er noch einmal an die Beteiligten, dass es für das Wohl der Kommune besser sei, in Zukunft doch zusammenzuarbeiten. Würde das Gericht der Klage auf dauerhafte Entfernung aus dem Amt komplett stattgeben, würde Regina Blenkle vermutlich vor das Oberverwaltungsgericht ziehen, vermutet der Richter. Da wäre eine Verhandlung seiner Meinung nach frühestens im Sommer oder Herbst des nächstes Jahres möglich. Sollte Blenkle dort gewinnen, könnte sie etwa für ein halbes Jahr in ihr Amt zurückkehren.

Andererseits könnte das Gericht auch unter der Amtsenthebung bleiben und eine Disziplinarmaßnahme verhängen. Dagegen wiederum könnte die Klägerseite, also der Stadtrat, beim Oberverwaltungsgericht vorgehen, so Friedrichs weiter. Für ihn sei es sinnvoller, dass „Frau Blenkle das Amt in der bevorstehenden Restzeit ausfüllen sollte, um auch dem Wählerwillen gerecht zu werden“.

Einem Urteil der Kammer will der Vorsitzende Richter nicht vorgreifen. „Ich weiß nicht, wie wir hier entscheiden werden. Aber es wird mit Sicherheit zu einer Disziplinarmaßnahme kommen“, macht er deutlich. Unklar ist jedoch deren Härte. Daher sein Kompromissvorschlag, dass der Stadtrat eine Disziplinarstrafe vorschlägt, die von der Beklagten akzeptiert werden könne. „Allerdings eine gehörige Maßnahme“, betont der Richter und hält eine Gehaltskürzung für angemessen. Bis zu 20 Prozent über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren stellt er dabei in den Raum.

Eine sofortige Entscheidung darüber ist gestern nicht möglich gewesen. Darüber müsse zunächst einmal der Stadtrat als Gesamtgremium entscheiden, so Klaus Friedrichs weiter. Denn Stadtratsvorsitzender Guido Henke (Die Linke), der den Rat offiziell vor Gericht vertritt, kann diese Entscheidung allein nicht treffen.

Er wolle einem Beschluss nicht vorgreifen, sagt Henke, nachdem beide Parteien dem Kompromissvorschlag zugestimmt und das Gericht die Verhandlung vertagt hatte. „Bevor der Stadtrat eine Entscheidung trifft, muss er ein genaues Bild von der bisherigen Verhandlung bekommen“, erklärt er. Er sieht aber in der neuen Lösung „theoretisch eine Chance auf ein auskömmliches Miteinander“.

Regina Blenkles Anwalt Enrico Besecke ist der Überzeugung, dass eine weitere Schwebepartie dem Bürger gar nichts bringe. „Der Bürger will eine Konstanz haben, und die will auch Frau Blenkle“, sieht auch er in dem Kompromiss die Möglichkeit, dass in Haldensleben wieder Normalität einziehen könnte.

Das Verwaltungsgericht hatte sich im Vorfeld mit möglichen strafbaren Handlungen beschäftigt, die Regina Blenkle angelastet werden. Darunter fallen das Löschen und Verstecken von dienstlichen Daten der Bürgermeisterin sowie die von ihr angeordnete Einstellung von zwei Ordnungswidrigkeiten wegen Falschparkens mit dem Dienstwagen. Auch hier kritisiert der Richter erneut, dass konkrete Vorwürfe gegen Regina Blenkle fehlen würden. „Wir drehen uns auch hier wieder im Kreis“, moniert er. Den Einwand von Stadtratsanwalt Christian Rasch, die Vorwürfe würden doch alle in der Klageschrift festgehalten sein, bügelt Friedrichs ab: „Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich das alles selbst aus den Unterlagen zusammenzusuchen.“

Darüber hinaus ist auch das Verschwinden von Akten aus dem Büro der stellvertretenden Bürgermeisterin Sabine Wendler kurz nach der Suspendierung von Regina Blenkle im Februar 2017 zur Sprache gekommen. Hier ist aber noch immer ein Strafprozess anhängig, der Licht in den Vorfall bringen und klären könnte, wer wann was und auf wessen Geheiß gemacht haben soll.

Darüber wolle er kein Urteil abgeben, sagt Klaus Friedrichs. „Der Sachverhalt ist unumstritten. Dies ist passiert. Doch das Problem ist die rechtliche Würdigung. Wie geht man damit um?“ Dass sie die Akten hat sicherstellen lassen, das hatte Regina Blenkle bereits in der Vergangenheit eingeräumt. „Doch dass sie nicht gesagt hat, wo die Akten sind, obwohl sie es wusste, das ist ein Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht“, macht Klaus Friedrichs deutlich. „Das ist schon ein schwerer Verstoß, das geht gar nicht!“

Der Stadtrat soll nun zu einer Sondersitzung geladen werden und entscheiden, ob er an der Amstenthebung festhält oder eine Disziplinarmaßnahme gegen Regina Blenkle verhängen wird. Die Sitzung soll entweder am 5. oder 12. November stattfinden. Anschließend wird zeitnah die Verhandlung vor Gericht fortgesetzt. Zumindest bis zu diesem Termin bleibt Regina Blenkle als Bürgermeisterin von Haldensleben weiter suspendiert.