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Sanierung Warten auf den Panoramablick

Die Sanierung des Turms von St. Marien in Haldensleben läuft. Die Arbeiten an der Turmhaube sollen im September fertig sein.

Von Jens Kusian 02.06.2018, 01:01

Haldensleben l Um den Ausblick über Haldensleben, den die Zimmermänner aus den Werkstätten für Denkmalpflege Quedlinburg bei ihrer Fahrt von und zu ihrem aktuellen Arbeitsplatz oben auf dem Turm der Stadtkirche St. Marien haben, möchte man sie glatt beneiden. Doch um die Arbeit selbst weniger.

Bei der brütenden Hitze der vergangenen Tage besserten die Handwerker in der stickigen und staubigen Luft unter den Regenplanen die hölzerne Haubenkonstruktion aus, schafften halbmeterdicke Eichenbalken heran, sägten, hämmerten, bohrten. Kein Lüftchen wehte, der Schweiß rann in Strömen. Zeit zum Trödeln hatten sie nicht.

„Wir möchten so zügig wie möglich fertig werden“, steht für Dr. Berthold Heinecke, der die Baumaßnahme betreut, unumstößlich fest. Immerhin kostet allein schon das Gerüst 1000 Euro pro Monat. Zwar nur „Peanuts“ im Vergleich mit den veranschlagten 335.000 Euro für den 1. Bauabschnitt, doch angesichts des knappen Budgets zählt für die Kirchengemeinde St. Marien jeder Cent. „Wir hoffen, mit den geplanten Kosten auszukommen“, so Berthold Heinecke.

Bis Mitte Juni werden die Zimmerleute noch zu tun haben, um marode Balken komplett oder teilweise zu ersetzen. „Der Schadensumfang ist nicht ganz so schlimm, wie wir zunächst gedacht haben“, zeigt sich der Planer ein wenig erleichtert. Allerdings seien die Arbeiten wegen der beengten Verhältnisse in der Turmhaube doch sehr aufwändig, erklärt er.

Nach den Zimmermännern rücken die Dachdecker an. Sie werden der Turmhaube ein nagelneues Schieferdach verpassen. Läuft alles nach Plan, könnte bereits im September die Turmhaube in neuem Glanz erstrahlen. Das tonnenschwere Bauwerk steht übrigens frei auf den Kirchturmmauern und wird nur vom eigenen Gewicht an seinem Platz gehalten.

Entgegen der ursprünglichen Planung wird laut Heinecke das Kreuz nicht von der Turmspitze genommen. „Die Bekrönung bleibt oben, die Schäden können vor Ort repariert werden“, schätzt er ein. Normalerweise wäre das Kreuz demontiert und in einer Werkstatt neu verkleidet worden. „Diese Arbeiten wurden aber in den 1980er Jahren mit Kupfermaterial, das aus dem Westen kam, bereits ordentlich erledigt“, resümiert Berthold Heinecke. Ein Knopffest, so betont er, werde es aber trotzdem geben.

Für den nächsten, den 2. Bauabschnitt bei der Turmsanierung, werden in diesem Jahr die Fördermittel beantragt. Ist das Geld bewilligt und die Finanzierung gesichert, dann soll es im Turminneren weitergehen. Etage für Etage müssen hier Geschossbalken teilweise erneuert werden. „Sie sind optisch gut erhalten, aber dort, wo sie ins Mauerwerk übergehen, komplett verrottet“, beschreibt der Planer die Schäden und nennt sie beim Namen: „Kernfäule.“

Im Jahr 2000 ist der Umgang am Turm erneuert worden. Heinecke vermutet, dass die Arbeiter ihn nicht ganz dicht bekommen hätten. „So ist Wasser in den Turm und Feuchtigkeit in die Balken gelangt. Die sind luftdicht eingemauert– das ist tödlich für Holz“, weiß der Experte.

Von oben nach unten muss sich durch den Turm gearbeitet werden. Überall dort, wo die Deckenbalken mit dem Mauerwerk verbunden sind, sollen Stahlträger eingezogen werden, auf denen die Balken dann abgelegt und sicher mit ihnen verbunden werden. „Das ist auch im Glockenstuhl notwendig“, sieht der Planer die nächste große Herausforderung. „Es wird schwierig sein, da heranzukommen“, befürchtet er.

Und doch kann er der ganzen Situation etwas Positives abgewinnen: „Wir müssen zum Glück die Deckenbalken nicht komplett austauschen. Ich wüsste nämlich auf Anhieb nicht, wie wir die kompletten neuen Eichenbalken in den Turm hineinbekommen sollten.“ Wann die Arbeiten im Turminneren beginnen können, ist noch ungewiss. Im Zuge der Sanierung soll auch der Umgang erneuert werden, von dem aus Besucher über die Dächer von Haldensleben schauen können. Darauf muss aber wohl noch eine ganze Weile gewartet werden...