Schifferkirche Das Wunder von Wieglitz

Landesbischöfin Ilse Junkermann hat die Schifferkirche nahe des Mittellandkanals in Wieglitz am Sonntag geweiht.

Von Anett Roisch 23.09.2015, 15:23

Wieglitz l „Manchmal braucht es ein kleines oder ein größeres Wunder, dass eine Hoffnung sich erfüllt, dass etwas lebendig werden kann, was längst tot geglaubt ist. Wie war das hier in Wieglitz?“, fragte Landesbischöfin Ilse Junkermann bei ihrer Predigt zur Einweihung der Schifferkirche. Wieglitz hat etwa 180 Einwohner, 120 davon gehören zur Kirchengemeinde. Die Bischöfin blickte auf die Geschichte des Gotteshauses, das bis in die 70er Jahre verfallen war: „Die Kirche war lange schon fast tot. 1971 wurde das marode Fachwerk durch festes Mauerwerk ersetzt. 2000 kam die Dachsanierung und in diesem Jahr die Innensanierung.“

Mit der Neugestaltung entstanden auf der Empore ein Gemeinderaum, eine kleine Küche und Sanitäranlagen. „Jetzt ist es wieder fit, das Kirchenschiff. Jetzt fährt es wieder. Und es will ein Haus für das ganze Dorf sein“, schaute die Bischöfin in die Zukunft. Ob es auch ein Rettungsboot für die Menschen, die in ihrem Leben gestrandet sind, sein wird, fragte sie und zeigte auf eines der restaurierten Fenster, auf dem der kleine Moses aus dem Schilfkörbchen gerettet wurde. Die Bischöfin betitelte die Schifferkirche als Wunder von Wieglitz.

„Sie haben erfahren, wie das geht. So ein Wunder kann niemand allein machen. So viele kommen zusammen, wie das Leader-Programm, welches das Projekt unterstützt hat, und die vielen Spenden, die geholfen haben, die vielen, die sich als Fensterpaten haben gewinnen lassen“, zählte Ilse Junkermann auf und weihte das Gotteshaus als Schifferkirche. „Eine Schifferkirche bauen, Flüchtlinge aufnehmen, trösten - auch wenn einem selbst die Worte fehlen, niemals aufgeben, in einem kleinen Dorf einen Raum für alle schaffen“, das ist nach Ansicht der Bischöfin ein Vorzeichen für neues Leben.

Superintendent Uwe Jauch wünschte den Wieglitzern, dass ihre Kirche auch anderen eine Heimat sein wird. Volker Oehme, Pfarrer im Ruhestand, dankte, dass die Wieglitzer die Kraft hatten, das Haus zu erhalten, und für die Spenden. Pfarrerin Ingeborg Heidenreich wünschte sich, dass in der kleinen Kirche, die Menschen im Namen Gottes zusammen führt, Traurige getröstet werden und neuen Mut finden.

Ilse Junkermann lobte den Gemeindekirchenrat und im Besonderen die beiden Vorsitzenden Angelika Huchel und Astrid Leischwitz. Die ganze Kirchengemeinde sang: „Im Schiff, das sich Gemeinde nennt, muss eine Mannschaft sein, sonst ist man auf der weiten Fahrt verloren und allein.“ Als damals die Bauarbeiten begonnen haben, hatten Chorleiterin Gabi Krause und ihre Tochter Anne-Marie das Lied in einer musikalischen Andacht vorgestellt und vorgeschlagen, es bei der Fertigstellung der Kirche gemeinsam zu singen.

Astrid Leischwitz setzte sich eine Seemannsmütze auf und sagte: „Jetzt, wo wir eine Schifferkirche haben, darf ich nun als Kapitän fungieren. Schiff ahoi und stets eine gute Fahrt auf dem Schiff, das sich Gemeinde nennt.“

Pfarrer Hans Heidenreich begrüßte beim anschließenden Gemeindefest neben den Handwerkern auch Hans-Georg Losert aus Halberstadt und dessen Sohn Birk-Andreas. Sie sind die Künstler, die die Kirchenfenster gebaut und auch restauriert hatten.

Erleichtert über die gelungene Einweihung sagte Angelika Huchel: „Wenn man viele Menschen an seiner Seite hat, dann klappt das auch.“ Bilder von der Sanierung der Kirche und von den einzelnen Bauphasen konnten bewundert werden. Sie blickte bereits auf die nächsten Vorhaben: „Wir wollen ein Kartoffelfest organisieren. Außerdem wird am 8. Oktober der Schreibzirkel, in dem Pfarrerin Ingeborg Heidenreich mitwirkt, in unserer Kirche Verse vortragen.“