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Tanztheater Warum Kannibalen lieber Döner essen

Zweimal ein rappelvoller Saal und jede Menge Spaß auf der Bühne und im Publikum, das war das Tanztheater 2015 in Walbeck.

13.09.2015, 23:01

Walbeck (aro) l Er hat sich perfekt in seine Rolle hineingelebt. Jens Cherubim spielt den Captain Blake nicht nur auf der Bühne. Er ist Captain Blake, „der furchtloseste, schlauste und bestaussehendste Captain der sieben Weltmeere“. Wer kann ihn nur für Jack Sparrow halten! „Irgend son dürrer Hansel hat mich kopiert. Die Klamotten, die Frisur, meinen Bart.“ Und der Bart war sogar echt, den hat er sich nämlich seit November des vergangenen Jahres wachsen lassen, extra für das Tanztheater.

So wie der Bart passte auch bei dieser Tanztheaterinszenierung im Walbecker Bürgerhaus wieder jedes noch so kleine Detail. Und für alle Mitwirkenden waren die Rollen maßgeschneidert. Ob das der Flöten-Pirat Hannes Pätz, der Türsteher-Pirat Niklas Wolter, der Ausguck-Pirat Bridy Wolke, der Uralt-Pirat Lena Döbel oder der Smutje Noah Schart war, jeder brillierte geradezu in seiner Figur. Und wenn er auch nur immer wieder ein Wort sagen musste wie der Smutje, nämlich Smörebröd. Als der Türsteher mit „Ey, du kummst hier net rein“ und „Guckst du“ auftrumpfte, war eine Lachsalve sicher. Der Ausguck-Pirat hatte herrlich stottern gelernt, und der Uralt-Pirat verstand eigentlich gar nichts, aber genau darin bestand der Witz.

Und die beiden jungen Damen, die ins Tanztheater einstiegen, sich mit angeklebten Bärten an Bord des Piratenschiffs schummelten und sich schließlich auch wieder verabschiedeten? Jana Hantke hatte sich das ganze Stück ausgedacht und auf der Bühne Kim Sanner an ihre Seite geholt. Oder war es umgekehrt? Am Anfang sah es jedenfalls so aus.

Die kleinen und großen Zuschauer im Saal amüsierten sich köstlich über die Piraten-Crew. Wie das bei einem Tanztheater sein muss, machten Musik und Tanz den größten Teil des Geschehens auf der Bühne aus. Ob das die tanzenden Piraten waren, die Seeleute in der Taverne, die Meerjungfrauen, die Matrosen, die mit dem Heimweh zu kämpfen hatten, oder die rudernden Kannibalen – die Zuschauer klatschten häufig zu den Melodien einfach mit und sparten nicht mit Applaus. Und sie litten mit Captain Blake, den Liebeskummer plagte, weil ihn die Piratenbraut nicht wollte und ihm einfach eins auf die Nase gegeben hatte. Das alles lief als eigens dafür gedrehter Film über eine Leinwand.

So hatte Blake weder Braut noch Geld: „Was macht ein Seemann, wenn er pleite ist? Er geht auf Kaperfahrt!“ Natürlich fanden die Piraten sogar eine Schatzinsel, nachdem Asterix und Obelix, verkörpert von Thomas Schulze und Matthias Konrad, vorbeigepaddelt waren.

Die Insel entpuppte sich zwar als Kannibalen-Hochburg, doch für die Piraten bestand keine Gefahr. Die Kannibalen verschwanden und hinterließen einen Zettel: „Sind ’nen Döner essen gegangen. Wir wären fast verhungert wegen eurer blöden Tanzerei.“ Und die Schatztruhe stehe hinten links, sie hätten dafür keine Verwendung. Doch nach der ersten Begeisterung über den Schatz machten sich die Piraten doch ohne die Kiste auf den Rückweg. „Ihr könnt euch zur Ruhe setzen“, hatte Jana verkündet. „Nie mehr auf Kaperfahrt?“ Das war zuviel. „Ich bin noch viel zu jung für den Ruhestand“, war sich Captain Blake sicher. Und seine Mannschaft auch.

Und an den Ruhestand denken sicher auch die kleinen und großen Akteure des Tanztheaters noch lange nicht. Jana Hantke hat bestimmt noch viele Ideen. Und sie hat viele, die mitziehen, angefangen bei ihrer Mutter Angelika Hantke, die sich mit Aniko Kraska-Schumann und Tina Döbel die Tänze ausgedacht hat, bei ihrem Vater Helge Hantke, der viel handwerkliches Geschick brauchte, bis zu Kerstin Wenz und ihrer Familie, die nicht nur als Soffleuse dabei war, sondern auch das Schiff bemalt hat, und vielen, vielen weiteren Helfern.

Jens Cherubim wird jetzt übrigens wieder ohne Bart durch das zivile Leben gehen. Wer weiß schon, was ihm noch alles bevorsteht, wenn es wieder losgeht mit dem Tanztheater...