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Börde Wald wird für Zukunft fit gemacht

Dem Wald geht es schlecht? Im Allgemeinen Ja, für den Haldensleber Stadtwald kann diese Frage mit „Jein“ beantwortet werden.

Von Jens Kusian 25.01.2021, 00:01

Lübberitz l Für 1800 Hektar Wald – davon 1799 Hektar Haldensleber Stadtwald und 1 Hektar Landeswald – ist Revierförster Harald Eisenkrätzer zuständig. Er betreut das Revier Lübberitz nördlich der Kreisstadt, das eine Größe von mehr als 2500 Fußballfeldern entspricht. Und er kennt sich hier aus wie in seiner Westentasche.

Auch wenn sich die Wege durch den Wald kreuz und quer ziehen und so mancher Volksstimme-Redakteur dort schnell die Orientierung verliert, Eisenkrätzer steuert seine Ziele sicher an. Aktuell sind das meist Flächen, die für eine Wiederaufforstung vorgesehen sind oder nach einer Wiederaufforstung intensiv betreut werden müssen.

„Der Wald wächst ja hier nicht von allein“, macht Thomas Roßbach, der Leiter des Betreuungsforstamtes Flechtingen, deutlich. „Alles was hier wächst, ist irgendwann einmal vor 100, 200 Jahren gepflanzt und gepflegt worden. Heute profitieren wir davon.“

Dafür, dass auch nachfolgende Generationen von Haldenslebern einen gesunden Stadtwald vor der Haustür haben, legen die Forstleute heute den Grundstein. Nachhaltigkeit sei das Zauberwort, unterstreicht Roßbach. „Holz ist der einzig nachwachsende und nachhaltige Rohstoff auf der Erde“, sagt er. Und in keinem anderen Land der Welt würden sich Mitarbeiter der Forst so intensiv um die Nachhaltigkeit der heimischen Wälder bemühen wie in Deutschland.

Da macht der Haldensleber Stadtwald keine Ausnahme. Auch er hat mit Schadinsekten und Klimawandel zu kämpfen. „Genau deshalb sind Aufforstungen so wichtig“, betont Roßbach. Er zeigt auf eine Fläche, die jüngst aufgeforstet wurde. Nur beim genauen Hinsehen ist das erste zarte Grün zu erkennen. „Hier standen vorher 35 Jahre alte Fichten. Den Bestand haben wir zum Teil fällen müssen – wegen des Borkenkäferbefalls“, berichtet Revierförster Eisenkrätzer.

Nachgepflanzt wurden dort nun 2500 Lärchen. Zum einen seien es schnellwachsende Bäume, so Roßbach. Damit könne die Lücke wieder relativ zügig geschlossen und der umliegende Waldbestand so vor Windschäden geschützt werden, ergänzt Eisenkrätzer.

Zum anderen können sich junge Bäume besser an die Umweltverhältnisse anpassen. „Auch Lärchen leiden unter dem Klimawandel und haben mit Schädlingsbefall zu kämpfen. Aber was jung nachkommt, passt sich besser an die Bedingungen an“, weiß Thomas Roßbach. Er geht davon aus, dass die Neupflanzungen deutlich besser mit Schädlingsbefall und Klimaveränderungen zurecht kommen.

Allerdings, so räumt er ein, habe es schon immer Wetterextreme gegeben. „Die jungen Pflanzen passen sich an und kommen damit klar“, ist er überzeugt und beruft sich dabei auf zum Teil 200 Jahre alte Aufzeichnungen zum Wald.

Roßbach rechnet damit, dass sich auch das Niederschlagsverhalten wieder einpendeln werde. „Nach der Trockenheit in 2018 und 2019 haben wir 2020 wieder den Jahresdurchschnitt an Niederschlagsmenge erreicht“, sagt er. Davon profitieren aktuell aber nur Bäume, deren Wurzeln nicht tiefer als 60 Zentimeter in die Erde gehen. „Bis dahin gibt es noch genug Wasser. Aber darunter ist alles knochentrocken“, so die Erfahrungen von Harald Eisenkrätzer.

Er kennt die Problemzonen „seines“ Waldes. Die seien sehr übersichtlich und eher kleinteilig. „Sind Bäume beispielsweise vom Borkenkäfer befallen, fällen wir den betroffenen Bestand. Das sind in der Regel kleinere Fläche. Somit können wir aber ein Übergreifen des Befalls auf den umliegenden Bestand verhindern“, erklärt der Revierförster.

Etwa 14 Hektar an Schadholzflächen hat er in den Jahren 2019 und 2020 in seinem Revier bilanziert. Davon sind mittlerweile acht Hektar wieder aufgeforstet und drei Hektar nachgebessert worden. Weitere 2,5 Hektar wurden bereits und rund 2 Hektar werden noch der sogenannten Naturverjüngung überlassen. Das sind Waldbestände, bei der sich aus der selbstständigen Saat umstehender Bäume ein neuer Jungbestand entwickelt.

Für eine weitere, knapp zwei Hektar große Freifläche hat Harald Eisenkrätzer aber ganz eigene Pläne. Sie soll im Frühjahr mit 15 000 Traubeneichen und 5000 Winterlinden bepflanzt werden. Da die Fläche in der Nähe der B 71 liegt, stellt sich Eisenkrätzer eine große Gemeinschaftspflanzaktion vor, bei der er gern die Einwohner Haldenslebens mit ins Boot holen möchte. „Ein Bürgerwald soll es werden“, wünscht sich der Revierförster. Damit möchte er das Bewusstsein der Menschen für den Wald schärfen. „Wenn die Haldensleber in ihrem Stadtwald selbst Bäume pflanzen, dann nehmen sie den Wald auch ganz anders wahr“, ist Harald Eisenkrätzer überzeugt.