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Wobau-Streit Ein Aufsichtsrat - zwei Vorsitzende

Der Wobau-Aufsichtsrat hat Norbert Eichler zum Vorsitzenden gewählt. An diese Position wollte Haldenslebens Bürgermeisterin zuvor selbst.

Von Jens Kusian 04.06.2016, 01:01

Haldensleben l Angesichts der jüngsten Entwicklung um den Aufsichtsrat der Wohnungsbaugesellschaft Haldensleben stellt sich derzeit die Frage: Wer ist Vorsitzender des Aufsichtsrates? Denn die Situation ist verfahren.

Bei ihrer Sitzung am vergangenen Dienstag haben die Aufsichtsratsmitglieder Norbert Eichler zum Vorsitzenden gewählt. Nicht ganz ohne Nebenkriegsschauplatz: So soll Bürgermeisterin Regina Blenkle (FUWG) vor der eigentlichen Sitzung versucht haben, Eichler des Raumes zu verweisen. „Dieses Vorhaben habe ich in meiner Funktion als amtierende Aufsichtsratsvorsitzende jedoch geblockt“, berichtet Roswitha Schulz. Eichler habe daraufhin an der Sitzung teilnehmen können.

Zweimal – im Februar und im März – hatte der Haldensleber Stadtrat beschlossen, Norbert Eichler in den Wobau-Aufsichtsrat zu entsenden. Beide Male legte Regina Blenkle dagegen Widerspruch ein und begründete dies mit einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Haldensleber Bürgermeister, die im Zusammenhang mit der Wobau stehen würden. Die Bürgermeisterin selbst hatte ihren Amtsvorgänger am 11. Februar unter anderem wegen des Verdachts der Veruntreuung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft prüft noch, hieß es aus Magdeburg.

Doch die Kommunalaufsicht stellte inzwischen fest, dass diese Stadtratsbeschlüsse umzusetzen seien. Darüber allerdings hat die Bürgermeisterin den Stadtrat nicht informiert. Zudem vertritt sie eine andere Rechtsauffassung als die Kommunalaufsicht.

„Zunächst ist festzuhalten, dass alle vor dem 26. Juni 2016 gefassten Beschlüsse des Stadtrates, die Wobau betreffend, unwirksam sind, weil Stadtrat Ostheer (CDU – Anm.d.Red.) als befangene Person jeweils mit abgestimmt und mit diskutiert hat“, erklärt Blenkle. Ihr Argument: Rüdiger Ostheer ist Mitarbeiter der Wobau, habe dort zudem eine leitende Funktion. Die hat er nach Volksstimme-Informationen zwar im Augenblick, aber nur vorübergehend: Er vertritt seit Herbst 2015 eine Abteilungsleiterin, die sich in Elternzeit befindet. Ansonsten ist Ostheer bei der Wobau für Instandhaltung, den Not- und Havariedienst und die technische Hausverwaltung zuständig. „Die Kommunalaufsicht hat bereits im Februar 2012 festgestellt, dass bei Rüdiger Ostheer in diesem Zusammenhang keine Befangenheit vorliege“, erklärt Roswitha Schulz dazu. Ihrer Meinung nach habe sich seitdem auch nichts an diesem Status geändert.

Bereits am 23. Mai – drei Tage vor der jüngsten Stadtratssitzung – hat die Gesellschafterversammlung der Wobau den Gesellschaftsvertrag geändert. Alleinige Gesellschafterin ist die Stadt Haldensleben, die von Bürgermeisterin Regina Blenkle vertreten wird. Geändert wurde der Vertrag zum einen dahingehend, dass Mitglieder des Aufsichtsrats mit Ablauf eines Monats nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters aus dem Amt ausscheiden müssen – das würde unter anderen auch Norbert Eichler betreffen.

Zum anderen legt der geänderte Vertrag fest, dass die Hauptverwaltungsbeamtin – also die Bürgermeisterin – Vorsitzende des Aufsichtsrats sei. Der allerdings im Jahr 2011 vom Stadtrat bestätigte Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass der Bürgermeister/die Bürgermeisterin der Stadt Haldensleben zwar Mitglied im Aufsichtsrat ist, der oder die Vorsitzende des Gremiums hat der Aufsichtsrat jedoch aus seiner Mitte heraus zu wählen.

Für ihr Vorgehen hat die Bürgermeisterin in der jüngsten Stadtratssitzung nicht nur heftige Kritik geerntet, der Stadtrat hat die Änderungen in puncto Gesellschaftsvertrag auch wieder kassiert. Seinem Beschluss, die von der Bürgermeisterin vorgenommenen Änderungen wieder rückgängig zu machen, ist sie allerdings nicht nachgekommen. Regina Blenkle: „Gegen die zwei am 2 6. Juni 2016 gefassten Beschlüsse zur Wobau werde ich nach Prüfung innerhalb der möglichen Frist Widerspruch einlegen.“

Mit diesem Widerspruch wird die Umsetzung der Beschlüsse zunächst aufgeschoben. Der Stadtrat hat sich auf seiner nächsten Sitzung erneut damit zu beschäftigen haben.