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Zugverkehr Fahrgastbetreuung in Eigenregie

Wer mit dem Zug die Strecke Magdeburg-Haldensleben-Wolfsburg fährt, wird öfter von Auszubildenden betreut: Der "Juniorzug" rollt.

Von Martin Walter 16.11.2017, 00:01

Haldensleben/Magdeburg l Florian Rexha wirft einen letzten Blick nach draußen und vergewissert sich, dass auch niemand mehr neben dem Zug steht oder Gepäck auf dem Bahnsteig vergessen wurde. Dann kann die Reise mit dem sogenannten Juniorzug von Magdeburg über Haldensleben nach Wolfsburg beginnen. Das Besondere an der Fahrt: Obwohl Florian Rexha und seine Kollegin Anna-Lena Kirchhof noch Auszubildende sind, absolvieren sie nun ihre erste Fahrt als Zugbegleiter in Eigenverantwortung.

„Es geht darum, Praxiserfahrung zu sammeln und den Job kennenzulernen“, erklärt Henriette Hahn, Leiterin der Elbe-Saale-Bahn, einer Eigenmarke der Deutschen Bahn. Ganz neu ist die Idee jedoch nicht, wie sie weiter ausführt: „Der erste Juniorzug wurde bereits 2009 eingesetzt. Der Vorschlag kam damals auch von den Azubis. Jetzt wollen wir dieses Konzept im großen Stil bei der Elbe-Saale-Bahn einführen“.

Und die angehenden Zugbegleiter, beziehungsweise „Kaufmann/-frau für Verkehrsservice“ wie sich die Berufsbezeichnung korrekt nennt, sind begeistert von der Idee. „Wir können hier selbstständig arbeiten und das umsetzen, was wir gelernt haben“, sagt Anna-Lena Kirchhof. Ihre Aufgabenfelder erklärt die 19-Jährige wie folgt: „Wir sind in erster Linie für die Kundenbetreuung zuständig. Dazu zählt die Beratung zu Anbindungen, Fahrkartenverkauf und -kontrolle, aber auch der Service am Bahnsteig.“

Am besten an dem Beruf gefalle ihr der Umgang mit den Kunden: „Man hat es jeden Tag mit neuen Situationen zu tun und lernt immer wieder neue Leute kennen“. Das einzig Negative seien die wechselnden Arbeitszeiten. „Das ist erst einmal ungewohnt, aber auch kein großes Problem“, so die Magdeburgerin.

Zu der Ausbildung ist sie „ganz klassisch durchs Arbeitsamt“ gekommen, wie sie erzählt. Für den ebenfalls 19-jährigen Florian Rexha war dies bereits ein „Kindheitstraum“, wie er sagt: „Ich habe mich schon immer für Züge interessiert und wollte unbedingt etwas in diesem Bereich machen.“

Zur Ausbildung als Zugbegleiter gehören diverse Kurse. „Wir hatten unter anderem ein Deeskalationstraining mit der Bundespolizei, wo uns beispielsweise beigebracht wurde, beruhigend auf die Leute einzureden“, erklärt der Magdeburger. Fälle, in denen die beiden Azubis die Polizei hätten alarmieren müssen, gab es zwar glücklicherweise noch nicht. Dass die Fahrgäste „mal lauter werden“, hat Anna-Lena Kirchhof jedoch bereits erlebt. „Aber man lernt damit umzugehen“, sagt sie selbstsicher.

Das Konzept des Juniorzugs finden indes auch die Zugreisenden positiv. „Es ist schön, dass bereits den jungen Leuten Verantwortung übertragen wird“, sagt Steffen Reicher. Der Magdeburger fügt grinsend hinzu: „Wenn man es mir nicht gesagt hätte, hätte ich gar nicht bemerkt, dass die beiden Azubis sind“.

Nach der erfolgreichen Pilotfahrt kann der Juniorzug der Elbe-Saale-Bahn nun in Serie gehen: „Wir planen zehn Fahrten am Tag mit jeweils zwei Azubis als Zugbetreuer zu besetzen. Die Strecke Magdeburg-Wolfsburg dient dafür sozusagen als Lehrstrecke“, so Henriette Hahn.