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Volkstrauertag Als Freunde in die Zukunft schauen

Mit einer Schweigeminute für die Opfer des Terrors in Paris hat der Gedenkweg zum Volkstrauertag am Sonntag in Havelberg begonnen.

Von Andrea Schröder 16.11.2015, 00:01

Havelberg l Nach dem Gottesdienst zum Volkstrauertag im Paradiessaal am Dom war das Ehrenmal auf dem sowjetischen Friedhof am Platz des Friedens die erste Station, an der ein Kranz niedergelegt wurde. Stadtratsvorsitzender Wolfgang Schürmann erinnerte jedoch zunächst an die Opfer der Terrorakte von Paris, die in der Nacht von Freitag zum Sonnabend die ganze Welt erschüttert haben. „Wir verurteilen diese grausamen Anschläge auf das Schärfste und sprechen unseren französischen Freunden sowie den Angehörigen der Opfer unser tief empfundenes Mitgefühl aus.“ Eine Schweigeminute folgte.

„Wenn wir heute vor dieser sowjetischen Gedenkstätte stehen, dann blicken wir auf die dunkelsten und schrecklichsten Jahre deutscher Geschichte zurück und auf das 20. Jahrhundert, das Jahrhundert der Weltkriege“, begann er anschließend seine Worte zum Volkstrauergedenken. Für die Deutschen, die der Diktatur damals folgten und dienten, bedeutete der Sieg der Alliierten über das Deutsche Reich eine Niederlage. „Heute, mit 70 Jahren Abstand, sehen wir diesen Sieg aber nicht mehr als Niederlage, sondern als Befreiung vom Joch der Diktatur Hitlers und seines Nazi-Terrorregimes.“ Auch wenn die Sowjetunion, besonders unter Stalin, ein diktatorischer Unrechtsstaat war und das heutige Russland noch lange kein demokratischer Staat sei, der die Menschenrechte achtet, so müsse den russischen Soldaten, die Deutschland befreiten, Respekt und Anerkennung erwiesen werden. „Wir müssen heute in Europa nicht auf die Feindschaft zurückblicken, sondern wir müssen als Freunde in eine gemeinsame Zukunft schauen“, forderte Wolfgang Schürmann. „Das sind wir den hier bestatteten Soldaten und den Millionen gefallener Kameraden der beiden Weltkriege schuldig.“ In das Gedenken bezog er zudem die Opfer des seit Februar 2014 herrschenden Krieges in der Ost-Ukraine ein.

Am Denkmal für die Opfer des Faschismus am Camps sprach der Präsident des Rotary-Clubs Havelberg Peter Hoffmann von den Grundrechten unserer Gesellschaft. Dazu gehöre nicht nur das Recht auf Demonstrationen und freie Meinungsäußerung, „dessen Grenzen manche derzeit testen“, sondern vor allem das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Schutz und Asyl vor Krieg und Terror. Für Völkerverständigung aktiv zu sein, sei nicht nur eine Aufgabe der großen Politik. Der Rotary Club praktiziere dies regelmäßig durch seine Jugendaustauschprogramme und internationale Jugendcamps, wie das im Sommer dieses Jahres. „Es war eine Mischung nicht nur verschiedener Nationen, sondern auch Religionen. Und es war für uns sehr schön zu sehen, wie dabei Freundschaften entstanden, die noch lange nachwirken.“

Auf dem Saldernberger Friedhof mahnte Pfarrer Frank Städler an, sich für Völkerverständigung und Frieden einzusetzen. Vor den Gräbern und Denkmalen auf dem Jungfernfriedhof sprach der Kommandeur des Panzerpionierbataillons 803 Havelberg, Oberstleutnant Stefan Gruhn, zu den Teilnehmern des Gedenkweges. Dort erklang zum Ende der Zeremonie, die vom Ehrenzug des Bataillons begleitet wurde, die Nationalhymne, gespielt vom Posaunenchor Glöwen-Havelberg.

Nach dem offiziellen Teil legte die Bundeswehr am Ehrenmal in der Kaserne einen Kranz nieder. Havelbergs Bürgermeister Bernd Poloski und Dieter Härtwig vom Ordnungsamt fuhren zum Interniertenfriedhof bei Müggenbusch und gedachten der über 700 Kinder und Erwachsenen aus neun Nationen, die in den Jahren von 1915 bis 1921 im Interniertenlager gestorben sind.