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Auf Wäschers Hof Achtung! Schwalben im Tiefflug

Gewimmel auf dem Hof von Wäschers. Unzählige Schwalben segeln im Tiefflug heran, bringen Futter und fliegen ab, um Nachschub zu holen.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 18.05.2020, 14:58

Wust l „Bei uns gab es schon immer so viele Schwalben. Auch wenn sie jede Menge Dreck machen – es ist schön, sie hier zu haben. Wir freuen uns, wenn die erste Schwalbe im Frühling über den Hof segelt und sind traurig, wenn sie im August/September wieder abfliegen – dann ist der Sommer vorbei.“ Brigitte und Ulli Wäscher sitzen beim Volksstimme-Gespräch auf dem Hof, über den Köpfen segeln die vielen Schwalben im An- und Abflug. Nur mittags, wenn es besonders warm ist, machen die Schwalben scheinbar auch eine Pause.

Die geflügelten Baumeister finden auf dem alten Vier-Seiten-Hof in der Alten Straße, auf dem schon der Großvater des 94-jährigen Ulli Wäscher lebte, perfekte Bedingungen für den Nestbau. Die alten Scheunen und Ställe eignen sich Dank der versetzten Steine unterm Dach bestens. Früher gab es auch drinnen in den Ställen ein Nester, aber heute sind die Türen verschlossen – es gibt draußen schließlich genug Platz.

Wieviele Nester es sind? „Ich habe mal gezählt – es sind etwa 120, ganz genau kann man das nicht sagen“, berichtet der Senior. Er führt auch genau Buch. Im Kalender zeigt er: Die erste Schwalbe 2020 war am 16. April da. Am 7. Mai lagen die ersten Eierschalen auf dem Boden – also die ersten Jungen sind bereits geschlüpft. Das merkt man auch am emsigen Flug – der Nachwuchs, vier bis sechs Schwälbchen pro Nest, verlangt nach Futter. Die letzte Schwalbe ist 2019 am 10. September abgeflogen.

„Es ist schon komisch, wenn dann wieder Ruhe auf dem Hof herrscht“, erzählt Brigitte Wäscher und zeigt die Urkunde des Nabu, die sie im Herbst letzten Jahres bekamen und die sie als „schwalbenfreundliches Haus“ auszeichnet. „Unsere Enkelin Manuela hatte von dieser Initiative des Naturschutzbundes gelesen und von den vielen Schwalben hier bei uns berichtet.“ Nun zeugt auch eine Plakette an der Eingangstür von den gefiederten Bewohnern des Hof.

Einst gab es viel mehr Viehzeug bei Wäschers, heute schleicht nur noch eine Katze über den Hof. Schon immer in der Landwirtschaft tätig, gingen die beiden 1960 in die LPG – Brigitte arbeitete auf dem Feld, Ulli war bis zur Rente Traktorist. Die Arbeit war schwer, „nicht zu vergleichen mit der modernen Technik heutzutage, wo vieles per Knopfdruck erfolgt“. Kühe, Pferde, Schweine, Hühner und Enten wurden versorgt, das bedeutete Arbeit vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Drei Töchter haben Wäschers großgezogen, sie wohnen alle nicht allzu weit weg, so dass sie sich um die Eltern kümmern können. Auch die Enkel kommen gern vorbei.

Die beiden kommen aber gut allein zurecht, Mittagessen kocht die 85-Jährige selbst, „das schmeckt meinem Ulli am besten“. Einmal pro Woche kommt der Pflegedienst vorbei, auch die Schönhauser Ärztin schaut regelmäßig nach dem Rechten. Gerade jetzt in Corona-Zeiten bleiben sie möglichst zu Hause, den Einkauf erledigen Helfer. Sie vermissen die Seniorentreffs. Auch bei den Landsenioren des Altkreises Havelberg waren sie bis zur Auflösung der Gruppe im vergangenen Jahr Mitglieder, die gern an den Ausflügen teilnahmen und die Geselligkeit in großer Runde genossen.

Der Wuster und die in Briest aufgewachsene Brigitte hatten sich beim Tanz in Melkow kennengelernt. Geheiratet wurde 1955 – im Herbst dieses Jahres steht also die Eiserne Hochzeit an.