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Ausstellung Neun Kirchen im Kleinformat

Toll anzuschauen sind in Stüdenitz derzeit Zeichnungen und Modelle von Kirchen der Ostprignitz.

Von Dieter Haase 25.07.2019, 01:01

Vehlgast/Stüdenitz l Für an Kirchenbauten und an der Kirchengeschichte in der näheren Umgebung Interessierte ist derzeit ein kleiner Ausflug ins benachbarte Brandenburgische nach Stüdenitz zu empfehlen. Unter neun hier in der Kirche des Ortes vorgestellten Kirchenbauten befindet sich auch die Dorfkirche von Vehlgast. „Der besondere Reiz von Vehlgast liegt in seinen historisch gewachsenen und geschlossenen Baustrukturen“, kann der Besucher dort unter anderem erfahren. Und weiter: „Anders als in Nebendörfern wurden hier hauptsächlich graue und rote Sandsteine und Ziegelsteine für den Bau von Mauern und Gebäuden verwendet. Große Teile Vehlgasts sind als architektonisches Ensemble denkmalgeschützt. Das Zusammenspiel der Gebäude, der alten Dorfstraße und des Dorfplatzes prägt den Gesamteindruck dieses Denkmalensembles. Hierzu gehört die Evangelische Kirche Vehlgast, die den Dorfmittelpunkt bildet und als Bauwerk in der Denkmalliste des Landes Sachsen-Anhalt eingetragen ist.

Die Geschichte der Gotteshäuser Vehlgasts ist bis in das 15. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Die erste Dorfkirche war ein einfacher Holzbau, der vermutlich im 15. Jahrhundert erbaut wurde und im Dreißigjährigen Krieg abbrannte. Auch die Feldsteinkirche, die daraufhin errichtet wurde, verfiel den Flammen. Die heutige Dorfkirche wurde 1867 erbaut und feierte 2017 ihr 150-jähriges Bestehen.“

Kirchen sind hervorragende Bauwerke für das Studium historischer Baukonstruktionen. Es sind mit Anspruch entworfene solitäre Bauwerke, in großer Sorgfalt mit regionalen Baustoffen und in heimischen Bauweisen errichtet und jahrhundertelang gepflegt und unterhalten. Auf ihnen lastet kein Änderungs- und Erneuerungsdruck wie auf anderen Gebäudegattungen, sie sind, ohne große technische Einbauten ausgestattet, exemplarisch erhalten geblieben.

Die evangelische Gemeinde Breddin-Barenthin hat neun räumlich nahe beieinanderliegende Kirchen in ihrem Pfarrsprengel, die Studenten an der Beuth Hochschule Berlin, Masterstudiengang Architektur, unter Leitung von Prof. Petra Kahlfeldt, im Sommersemester als Studienobjekte zur Verfügung gestanden haben: in Skelett- oder Massivbauweisen errichtet, als Fachwerkkons­truktionen, in Feldsteinmauerwerk, Backsteineinfassungen oder verputzte Massivbauten. Die Kombinationen in Varianz und Vielfältigkeit sind hochinteressant. Die älteste Kirche wurde im 13. Jahrhundert errichtet, die jüngste in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts.

Auf viele studentische Schultern verteilt, wurde jede Kirche für sich anhand der Aktenlage in den Kirchenarchiven und vor Ort erforscht, dokumentiert und im Seminar behandelt. Damit haben alle Seminarteilnehmer einen vertieften Einblick in eine große Bandbreite von lokalen und typischen historischen Bau­konstruktionen der Ostprignitz erhalten. Zum Ende des Semesters war die Arbeit getan und die Architekturstudierenden stellen die Ergebnisse in der Kirche in Stüdenitz nun öffentlich aus: die historischen Baukonstruktionen der neun Dorfkirchen im Kirchensprengel Breddin-Barenthin. Im Einzelnen sind das die Kirchen in Vehlgast, Damelack, Breddin, Kötzlin, Rehfeld, Barenthin, Berlitt, Stüdenitz und Schönermark.

Im Altarraum ausgestellt werden 20 großformatige Zeichnungen – Außen- wie Innenansichten – und von jeder Kirche ein Architekturmodell, jeweils im Maßstab 1:100. Auch diese sehenswerten Modelle sind von den Studenten der Berliner Hochschule angefertigt worden, und zwar mittels Lasercut-Technik. „Sie haben aufbereitete digitale Daten an die Laserschneidemaschine gegeben, diese schnitt dann die Finnpappe, und die Studenten bauten anschließend die Fassaden/das Dach zusammen“, beschreibt Petra Kahlfeldt diese Tätigkeit. Interessant dabei sind unter anderem die Größenunterschiede. Während die Stüdenitzer Kirche alle anderen überragt, gehört das Vehlgaster Gotteshaus zu den kleinsten im Pfarrsprengel.

Tagsüber steht die Stüdenitzer Kirche für Interessenten an der Ausstellung offen. Die Exposition ist noch bis einschließlich Mittwoch, 31. Juli, hier zu sehen, also noch sechs Tage lang. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Exposition nach Stüdenitz auch in der Kirche in Vehlgast aufgebaut wird, „doch mussten wir dieses Vorhaben aus Platzgründen in der Vehlgaster Kirche leider aufgeben“, so Petra Kahlfeldt.

Zu Vehlgast kann der Ausstellungsbesucher auch das noch erfahren: „Vehlgast war früher ein altes Fischerdorf, in dem sich die Menschen ihren Lebensunterhalt mit Fischfang und Landwirtschaft verdienten. Die alten Traditionen werden bis heute durch die Fischereigenossenschaft aufrechterhalten. Allerdings bringt die direkte Ortsumgebung die alljährliche Gefahr des Hochwassers mit sich. Die Einwohner kämpfen schon seit Jahrhunderten gegen Überschwemmungen und bauten deshalb Deiche ...“