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Ausstellung Werke zweier Havelberger Künstler

Kurt Henschel und Klaus Thiede: Zwei Havelberger Künstler, deren Wirken und Schaffen eine neue Ausstellung widerspiegelt.

Von Andrea Schröder 05.12.2017, 18:48

Havelberg l Havelberg war seine Stadt, sein Leben. Kurt Henschel (1921 bis 2008) war Maler, Grafiker, Museumsleiter, Zeichenlehrer, Denkmalpfleger, Musiker... Er hat seiner Stadt ein reiches Werk an Bildern und Zeichnungen von Menschen und Landschaft zwischen Havel und Elbe hinterlassen. Einen Auszug dieses Schaffens zeigt die neue Ausstellung „Klaus Thiede – Kurt Henschel – Leben und Werk“, die am Sonntag im Kunstquartier des Havelberger Arthotels Kiebitzberg eröffnet worden ist. Ausgestellt sind zudem Plastiken von Klaus Thiede (1939 bis 2016). Er ist gebürtiger Havelberger, wirkte jedoch im Raum Magdeburg. Ein einziges Mal führte ihn eine Ausstellung seiner Werke in seine Geburtsstadt.

Über das Leben beider Künstler berichteten zur Vernissage die Tochter von Klaus Thiede, Annegret Thiede, und Museologin Sabine Ball als einstige Mitarbeiterin von Kurt Henschel. Klaus Thiede lernte Kurt Henschel bereits als Zwölfjähriger kennen. Da hatte er Kunstunterricht bei ihm, berichtete Annegret Thiede. Von 1954 bis 1957 absolvierte er eine Steinmetzlehre in Havelberg und ging im Anschluss an die Dombauhütte Magdeburg. Er studierte Bildhauerei in Leipzig und arbeitete danach als Bildhauer an der Dombauhütte, dem damaligen Volkseigenen Betrieb Denkmalpflege, wieder in Magdeburg. Der Dom und das Kloster Unser Lieben Frauen wurden ebenso zu seinen Arbeitsorten wie etwa der Dom zu Halberstadt und das Schloss Leitzkau, wo er denkmalpflegerisch tätig war.

Ab 1975 arbeitete er freischaffend als Bildhauer. Er schuf etwa den „Bördebrunnen“ für den Kreis Wanzleben mit drei Rübenfrauen aus Kalkstein und den Brunnen „Am Regensteig“ in Blankenburg aus Bronze. Mit der Wende gingen die Aufträge zurück und Klaus Thiede arbeitete wieder denkmalpflegerisch. Bis er 1998 südlich von Magdeburg in Dodendorf sein Atelier einrichtete, wo er bis zu seinem Tod über 100 Kleinplastiken in Stein, Keramiken und Aktzeichnungen schuf.

„Unser Vater war unser erster Lehrer in Bau- und Kunstgeschichte“, erzählte Annegret Thiede von sich und ihrer Schwester. Und auch von den zwei Konstanten im Leben ihres Vaters: das Material Stein und das Hauptthema Mensch. Seit seinem Tod im vorigen Jahr beschäftigt sie sich intensiv mit dem Nachlass ihres Vaters und ist froh, dass es nun gelungen ist, mit dem Arthotel eine Stätte zu finden, wo seine Arbeiten gezeigt werden. Übrigens dauerhaft: Plastiken werden als Dauerleihgaben in der Parkanlage des Hotels stehen.

„Ich wollte meinen Vater gern hier in seiner Geburtsstadt verankern“, sagte die Berliner Architektin. Klaus Thiede und Kurt Henschel vereinte die Hingabe zur Denkmalpflege und zu Naturstudien. Mit großer Hochachtung hat ihr Vater stets von Kurt Henschel gesprochen. Seine Geschichte, dass er als überzeugter Pazifist den Dienst im Zweiten Weltkrieg verweigerte und simulierte, geisteskrank zu sein, hätten sie oft gehört.

Mit dieser Erinnerung an Kurt Henschel stieg Sabine Ball in ihren Bericht über den Havelberger Maler ein. Mit seinem schauspielerischem Talent gelang es ihm, als wehruntauglich aus dem Kriegsdienst entlassen zu werden.

„Wie er das bis zum Ende des Krieges durchhielt, wie einsam er sich oft gefühlt haben muss, wenn er, der ,verrückte‘ Kunststudent, im Schutz der Dunkelheit durch seine Heimatstadt streifte, kann ich mir nur schwer vorstellen. Ein Bild in der Ausstellung von 1988 erinnert an diese Zeit.“ Die Museologin berichtete vom Aufbau des nach der Brückensprengung schwer beschädigten Prignitz-Museums nach dem Krieg, an dem Kurt Henschel zunächst ehrenamtlich und später als Museumsleiter maßgeblich Anteil hatte. Er war es auch, der zeitgenössische Kunstausstellungen und Konzerte ins Museum brachte. Das war neu in der Museumslandschaft des Bezirkes Magdeburg. So kam es auch, dass er 1971 eine Anfrage von Klaus Thiede erhielt, der dann gemeinsam mit Lothar Sell aus Meißen eine Kollektiv­ausstellung in den Museumsräumen am Dom gestaltete. Dank der hervorragenden Archivierung durch Waldtraut Henschel sind die Kontakte noch heute, wie auch vieles andere aus dem Leben Kurt Henschels, gut nachvollziehbar. Einen Wunsch äußerte Sabine Ball am Ende ihrer Ausführungen: „Im Ostflügel der Klosteranlage stehen auf der Museums­ebene noch immer drei große Räume leer. Ich wünschte mir, man könnte sie als Ausstellungsräume und Depot für das Leben und das Werk der beiden Havelberger Künstler nutzen.“

Bis 10. März sind Kunstwerke der beiden täglich von 10 bis 20 Uhr im Kunstquartier zu sehen. Die Geschäftsführer der Kiebitzberg Gruppe Renate und Andreas Lewerken haben dies möglich gemacht. Sehr zur Freude auch der drei Söhne von Waldtraut und Kurt Henschel. Friedemann und Gregor Henschel nahmen an der Vernissage teil. Die Auswahl der Werke hatte Friedemann Henschels Frau Sylvia, die die Galerie Teterow betreibt, vorgenommen.