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Bauernhof Wenn Rasenmäher für Käse sorgen

430 Tiere tummeln sich auf dem Bauernhof von Sandra Beyer in Kunow. Darunter gibt es 100 Ziegen, deren Milch sie zu Käse verarbeitet.

Von Andrea Schröder 28.07.2020, 01:01

Havelberg l Ein neues Gesicht unter den Händlern auf dem Havelberger Frischemarkt: Sandra Beyer kommt im 14-tägigen Rhythmus freitags in die Hansestadt und stellt ihren Verkaufswagen auf den Marktplatz. Nach der gelungenen Premiere hatte sie beim jüngsten Markt schon „Stammkunden“ für ihre Produkte aus Ziegenmilch. „Ich bin mit meinem Wagen normalerweise zu Veranstaltungen gefahren und habe mich dort an Märkten beteiligt. Da diese wegen Corona nicht stattfinden, habe ich mich entschieden, zu Wochenmärkten zu fahren“, erzählt die junge Frau aus Kunow – im Brandenburgischen an der B5 gelegen. 14-tägig wechselt sie freitags zwischen Wittenberge und Havelberg, steht donnerstags auf dem Markt in Perleberg und alle zwei Wochen dienstags in Neuruppin.

„Mit drei Ziegen hat es angefangen. Nachdem ich mit meiner Familie von Potsdam nach Kunow gezogen bin, suchte ich ein paar Tierchen zum Rasenmähen und Liebhaben“, denkt die Mutter von zwei Kindern an die Anfänge zurück. Die ersten Lämmchen kamen. Sie molk die Ziegen, stellte aus der Rohmilch probehalber Weichkäse her. „Das war total spannend und ich wollte mehr wissen. Ich bekam von der Milchwirtschaftlichen Lehr- und Untersuchungsanstalt Oranienburg die Möglichkeit, das Handwerk von einem Käsereiberater live zu lernen.“ In dem einstigen Gasthaus in Kunow richtete sie eine Küche ein, der Reifekeller folgte. Im Hofladen gehen die Kunden ein und aus.

Inzwischen ist das „Hofkäserei-Ziegendorf“ seit fünf Jahren fest etabliert und die einstige Hospizpflegerin, Personalmanagerin und Unternehmensberaterin widmet sich hauptberuflich der Herstellung von Ziegenkäse sowie anderen Molkereiprodukten wie Joghurt und Dips. „Ich bin der Tierfreak in unserer Familie und über die Tiere zu dieser Arbeit gekommen“, erklärt Sandra Beyer, dass sie beim Anschaffen der Ziegen nicht damit gerechnet hat, einmal Ziegenkäse herzustellen, um damit Geld zu verdienen.

Aktuell hat sie 100 Ziegen, von denen 32 gemolken werden. Insgesamt gibt es 430 Tiere: Esel, Minischweine, Wollschweine, Hasen, Hühner, Gänse, Puten, Enten, Katze und Hund.

„Wir sind in erster Linie ein Bauernhof. Die Schlachterei ist ein Nebenprodukt, wenn Tiere schlachtreif sind. Wir betreiben weder Mast noch Schnellschlachtung.“ Und so gibt es Ziegen-Salami oder Leberwurst vom Wollschwein nur nach Angebot. Überhaupt richtet sich die Produktpalette nach dem Vorhandensein der Zutaten. „Bisher haben wird es jedes Jahr geschafft, ausverkauft zu sein.“ Alle Molkereiprodukte entstehen aus Rohmilch. Jeden Tag entstehen frische Produkte, durchschnittlich sind es sechseinhalb Kilogramm Schnittkäse. Sie probiert viel aus und freut sich, wenn die Geschmacksrichtungen ihrer Käsesorten gut ankommen. Die gibt es als Schnittkäse und altgereifte Sorten.

Die Arbeit teilt sich Sandra Beyer, die über einen sogenannten Headhunter von Bochum nach Potsdam für einen neuen Job geholt wurde, mit ihrer Mitarbeiterin. Beide wechseln sich bei der Produktion und mit den Fahrten zu Märkten ab. Der Bauernhof ist täglich erreichbar. Die Tür steht aber nicht ständig offen. „Das funktioniert auf Anruf“, erklärt sie. Am Wochenende kommen vor allem Familien mit Kindern gern vorbei, um sich die Tiere anzuschauen und sie auch zu streicheln. „Wir sind ein Besucherbauernhof. Bei uns können die Leute sehen, wie die Arbeit vonstatten geht.“

Gibt es einen Unterschied zwischen den Veranstaltungsmärkten und Wochenmärkten? „Das Publikum ist ganz verschieden. Aus Wochenmärkten gibt es weniger Touristen. Dafür verlassen sich die Leute darauf, dass sie uns antreffen und geben auch Bestellungen auf“, berichtet Sandra Beyer.

Meinhard Jüstel, der den Frischemarkt freitags von 8 bis 14 Uhr in Havelberg seit fast 20 Jahren anbietet, ist froh über das neue Angebot. Denn je größer die Vielfalt ist, desto höher ist das Interesse bei der Kundschaft. Dass sich mehr Leute auf regionale Produkte besinnen, zeigt sich seit Beginn der Corona-Krise. „Es wäre schön, wenn das auf Dauer so bleibt.“