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Bernsteinzimmer „Zarenspieß“ zum Themenabend

Die historischen Themenabende in der „Güldenen Pfanne“ sind überregional bekannt. Dieses Mal ging es um Bismarck und das Bernsteinzimmer.

Von Ingo Freihorst 04.04.2016, 01:01

Havelberg l Der 2. April war vom Havelberger Historiker Harald-Uwe Bossert mit Bedacht gewählt worden: Am Tage zuvor war der 201. Geburtstag des in Schönhausen geborenen „Eisernen Kanzlers“ Otto von Bismarck. Da dieser als Gesandter in Russland das legendäre Bernsteinzimmer mit eigenen Augen sehen durfte, lag es nahe, die beiden Themen an dem Abend zu verknüpfen.

Das Bernsteinzimmer wurde dem russischen Zaren Peter I. vor 300 Jahren in Havelberg als Hofgeschenk übergeben. In der damaligen Propstei am Dom hatten sich der Russe und der preußische König Friedrich-Wilhelm I. im November 1716 getroffen, um die „Konvention von Havelberg“ zu beschließen. Ein Rundgang führte zu dem geschichtsträchtigen Gebäude, es ist heute Teil des KMG-Klinikums. In der Propstei hatte der Zar auch übernachtet, der König schlief in einer Domherrenkurie.

Die beiden Staaten schlossen in Havelberg eine Militärallianz, um die Schweden endlich aus Vorpommern zurückzudrängen, erfuhren die Gäste beim Vortrag in der „Güldenen Pfanne“. Als Unterpfand erhielt der Zar mit dem Bernsteinzimmer und einer Yacht äußerst großzügige Geschenke – und revachchierte sich mit aktivem militärischem Beistand.

Im Kampf gegen die Schweden kam bereits im Juni 1675 ein Bismarck ins Spiel: Nach dem Sieg von Brandenburg-Preußen in der Schlacht bei Fehrbellin durfte Christoph Friedrich I. von Bismarck – der 1652 in Havelberg Geborene wurde später der erste preußische General aus dem Geschlecht – die erbeuteten schwedischen Fahnen nach Berlin bringen. Sein Sohn Ludolf August ging 1732 nach Russland und wurde dort 1747 Oberbefehlshaber der Südarmee. Auch er durfte das Bernsteinzimmer anschauen – damals noch im Originalzustand. Otto von Bismarck sah die von den russischen Monarchen erweiterte Ausführung. Er hatte als preußischer Gesandter in Russland am 1. April 1859 sein Beglaubigungsschreiben vom Zaren Alexander II. erhalten. Als dieser erfuhr, dass es Bismarcks Geburtstag war, ließ er sofort Wodka kommen – seitdem hatte Bismarck alle Russen unter den Tisch gesoffen. Beim Zaren stand er dadurch so hoch in der Gunst, dass dieser ihm sogar die Wodka-Rezeptur verriet – nach dieser wird der Bismarck-Schnaps im Sachsenwald bis heute gebrannt.

Gastwirt Manfred Hippeli kredenzte seinen Gästen Speisen aus jener Zeit. Passend zum Thema gab es einen „Zarenspieß“, bespickt mit Hähnchen, Champignons und Lenden. Oder Getränke und Nachspeisen, die mit Bernsteinwasser abgeschmeckt waren.

Harald-Uwe Bossert berichtete, dass die „Tränen der Götter“, wie Bernstein auch genannt wird, an der Luft oxydieren. Das hatte zur Folge, dass das Bernsteinzimmer alle paar Jahre saniert werden musste. Sollte es wirklich noch irgendwo lagern, wäre sein Glanz mit Sicherheit verschwunden.