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Bismarck-Epitaph Restauratoren setzen Puzzle zusammen

Aus vielen lädierten Puzzleteilen haben zwei Restauratoren wieder ein prächtiges Epitaph der Familie Augustus I. von Bismarck geschaffen.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 18.05.2018, 15:06

Schönhausen l Über sieben Jahre hat es gedauert, bis das beeindruckende hölzerne Grabmal hoch oben an der Wand im Südschiff der Schönhauser Kirche hängend aus einem erbärmlichen Zustand erweckt wurde und nun wieder an Augustus I. von Bismarck und seine Frau Fredike Sophia von Möllendorff und ihre vier Kinder erinnert. Der Abschluss der Restaurierung war Anlass für eine Dank-Andacht am Donnerstagabend in der Schönhauser Kirche – Danke dem Restauratorenteam, den Geldgebern, den Spendern und „Gott für seinen Segen“, wie Pfarrer Ralf Euker betonte. Und auch den beiden Havelberger Uhrmachermeistern Jürgen und Matthias Haut, die in mühevoller Kleinarbeit das alte, ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert stammende Uhrwerk im Kirchturm zu neuem Leben erweckt haben, so dass die Turmuhr jetzt wieder präzise die Zeit anzeigt (dazu nächste Woche mehr).

Augustus I. von Bismarck und Fredike Sophia von Möllendorff hatten im Jahrhundert des Dreißigjährigen Krieges die Herrschaft über das Gutsdorf Schönhausen, über Kabelitz und Fischbeck inne. Gestiftet hat das kunstvolle Andenken an seine Eltern sowie die komplette barocke Inneneinrichtung der Kirche mitsamt dem kostbaren Altaraufbau Augustus II. von Bismarck um 1712. Er ist auf dem rechten Bildnis über seinen Eltern zu sehen, links sein Bruder Georg Friedrich II. von Bismarck und unten die Zwillingsschwestern, die einen Tag nach ihrer Geburt verstorben sind. Generell ist das Grabmal sehr sentimental gestaltet: Die Bildnisse sind gerahmt von den lebensgroßen Figuren Glaube und Hoffnung, das Kreuz steht für den Glauben, zudem ein Spruchband „Durch Liebe und Treue glücklich“. Zwei flammende Herzen gehen in Rauch auf und bilden eine Rose, die Totenköpfe stehen als Zeichen der Vergänglichkeit. „Das Ehepaar muss sich trotz des großen Altersunterschiedes von 33 Jahren sehr geliebt haben“, deutet Hagen Siedler die Symbole. Der Kirche sehr verbunden, hatte er vor zwölf Jahren die überall in der Kirche verstauten Kisten mit den hölzernen Teilen des Epitaphs – manche nur wenige Zentimeter groß – zusammengetragen und gesichert, damit sie nicht noch mehr Schäden davon tragen.

Starker Holzwurmbefall, Schimmel und die Begasung der Kirche in den 90-er Jahren hatten dem einstigen Kunstwerk so sehr zugesetzt, dass das Holz zum größten Teil nur noch Mehl war, das von der Fassung (der Farbe) zusammengehalten wurde. Vor sieben Jahren dann, als sich die Restaurierung des Altares (ebenfalls durch Hiltrud Fritsche und Hagen Siedler) in den letzten Zügen befand, wagte sich die Kirchgemeinde an das nächste Großprojekt. Das Denkmalamt forderte eine umfassende Dokumentation des Zustandes. „Diese Schadenskartierung nahm viel Zeit in Anspruch“, erinnert sich Hiltrud Fritsche, dass jeder Zentimeter unter die Lupe genommen werden musste. „Wir erhielten einen exakten Einblick in die Schäden und wussten, was zu tun ist, um das Epitaph zu retten – es war 5 vor 12!“

Als das Denkmalamt dann seine Zustimmung gegeben hat und die Kirchgemeinde auch die Finanzierung dank der Stiftung Preußisches Kulturerbe, der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt, dem kleinen Schönhauser Verein „Kulturdreieck“ sowie dreier großer und vieler kleiner privater Spender abgesichert hat, konnten die Restauratoren loslegen. Zunächst kamen die Bildnisse an die Reihe. Während Hagen Siedler sich überwiegend um alles Hölzerne kümmerte und es dabei meisterhaft verstand, fehlende Teile neu zu schnitzen und auch einen Teil der Holzverfestigungsarbeiten übernommen hatte, widmete sich Hiltrud Fritsche in ihrer Berliner Werkstatt ebenfalls der Verfestigung der Holzsubstanz durch Tränken der Teile in Kunstharz und überdies der Sicherung und Wiederherstellung der Fassung, die zum Teil mehrfach übermalt war und deshalb Schicht für Schicht abgetragen werden musste, um das Original freizulegen. Äußerst viel Geduld erforderte auch das Verschließen der Millionen von Holzwurm-Löchern. Hagen Siedler, von Hause aus Tischlermeister, hatte während der Arbeiten am Altar und dann auch am Epitaph eine Ausbildung zum Restaurator im Handwerk gemacht und mit einer der beiden Vasen des Epitaphs als Prüfungsstück die beste Leistung im Kammerbezirk Berlin abgeliefert.

Beide sind ein eingespieltes Team. Pfarrer Ralf Euker bescheinigt ihnen hervorragende Arbeit mit Liebe zum winzigsten Detail, die weit über den bezahlten Teil hinaus ging. Beide wären auch bereit, sich dem nächsten Projekt zu widmen: der Restaurierung der Kanzel und der Patronatsempore. Denn auch wenn mit Epitaph und Turmuhr zwei wichtige Stücke der Kirche fertig sind, will sich die Kirchgemeinde nicht ausruhen und die nächsten Projekte mit Hilfe ihrer Unterstützer und Spender angehen. Dazu gehört auch die Einrichtung einer Friedenskapelle im Nordschiff der Kirche.