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Busreisen Seit 18. März dreht sich kein Rad mehr

Seit 30 Jahren existiert die Burkardt-Reisen in Schönhausen. Wegen der Pandemie blickt die Firma in eine ungewisse Zukunft.

Von Ingo Freihorst 27.05.2020, 15:52

Schönhausen l „Es ist so was von traurig, man zeigt uns auch keine Perspektive auf – wie und wann kann es endlich weitergehen“, erklärt Michael Burkardt. Denn seit dem 18. März schon stehen alle Räder der vier Busse und drei Kleinbusse der Schönhauser Busfirma still. Doch die Kosten laufen weiter, allein die Raten für die Busse betragen einige tausend Euro im Monat. Eine Bank setzte die Raten aus, die andere nicht. Die Allianz-Versicherung war immerhin so kulant und verzichtete für drei Monate auf die Beiträge. Die Mieten für die Hallen und das Büro laufen jedoch weiter, dafür konnte man die vom Staat gezahlte Sorforthilfe in Höhe von 15.000 Euro nutzen.

Die sechs Angestellten befinden sich derzeit alle in Kurzarbeit Null. Pauschal wurden vom Amt schon gleich mal 20 Prozent gestrichen – Feiertagsarbeit wird nicht mit eingerechnet. Viele der Busfahrer halten dem Unternehmen mit Niederlassungen in Schönhausen und Berlin schon über 20 Jahre die Treue.

Das gilt auch für etliche Reisegäste, die immer wieder mitfahren – dafür von Michael Burkardt ein großes Dankeschön. Eine Frau aus Berlin hatte angerufen und berichtet, sie sitze schon auf gepackten Koffern – ein Anruf genügt. Etliche hatten auf die Rückerstattung ihrer schon bezahlten Reisekosten verzichtet und umgebucht. Es mussten allerdings auch einige tausend Euro zurückgezahlt werden.

Das Unternehmen ist in ganz Europa unterwegs – und zwar jede Woche. Es werden eigene Reisen angeboten und auch für Fremdfirmen gefahren. Viele tiefe Freundschaften sind unter den Gästen entstanden, manche kennen sich über Jahre. „In dieser Woche wären wir eigentlich nach Nordirland gefahren – auch diese Reise ist storniert“, bedauerte der Busfahrer. Im Vorjahr hatte das Unternehmen knapp 10.000 Fahrgäste befördert, im Jahr zuvor waren es sogar 14.000 Reisende gewesen. Die Auftragsbücher für das diesjährige Jubiläumsjahr waren auch schon wieder gut gefüllt gewesen...

„Im März waren wir noch nach England und nach Dresden gefahren, danach ging nichts mehr“, blickte Michael Burkardt in die Vor-Corona-Zeit zurück. Jetzt wurden Reisen bis hinein in den September storniert. Und es werden wahrscheinlich noch weitere folgen.

„Für die Politiker besteht der Tourismus leider nur aus Flug, Steak und Bett, die Busunternehmen, die auch von der Bahn, den Fliegern, von Schülern, Senioren und Vereinen benötigt werden, sind volkommen in Vergessenheit geraten“, ist der Busfahrer enttäuscht. Auch darum fuhr er am 27. Mai wieder mit einem Bus zur Demo nach Berlin, wo alle Reisebusfirmen auf ihre Notlage laut hupend aufmerksam machen. Es ist nicht die erste Demo, an welcher die Firma teilnimmt, man war am 29. April schon in Dresden, am 7. Mai in Hamburg und am 13. Mai in Berlin.

Am 10. Juni will die Firma wieder eine Tagesfahrt in Berlin anbieten, statt ursprünglich 46 Mitreisenden können dann wegen der Abstandsregeln aber nur 26 einsteigen. Ob es dabei bleibt, ist noch ungewiss. In Zügen und im Öffentlichen Nahverkehr seien keine Abstände einzuhalten, Schülerbusse seien rappelvoll, erklärte Michael Burkardt. Gleiches gelte für Flugzeuge.

Die Reisebusse sind mit Klimaanlagen ausgestattet, welche die Luft umwälzen und somit die Infektionsgefahr mindern. Einmal jährlich werden die Anlagen gewartet und dabei auch die Filter gewechselt, sie sollen laut Hersteller auch Viren zurückhalten.

Der Bus sei das umweltfreundlichste Massenverkehrsmittel, erklärte Michael Burkardt an einem Beispiel: Pro beförderter Person werden auf 100 Kilometer lediglich 0,56 Liter Diesel verbraucht, ein Flugzeug benötige dazu fast das zehnfache an Kerosin.

Auch beim Schollener Unternehmer René Bauz stehen die beiden Reisebusse still: „Sie wären jetzt gut ausgebucht gewesen...“ Seit kurzem erst sind alle seine 20 Busse wieder im Linienverkehr im Landkreis unterwegs. Vorher galt der Ferienfahrplan, da fuhren nur sieben Busse. Deshalb musste auch er für die 24 Angestellten Kurzarbeit anmelden.