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Corona Endlich wieder zum Friseur

Glückliche Gesichter und die ersten frisch frisierten Köpfe. Friseure haben auch in Havelberg wieder geöffnet.

Von Andrea Schröder 05.05.2020, 01:01

Havelberg l Die Couch im Empfangsbereich ist fort. Nichts mehr mit gemütlichem Sitzen und Blättern in Zeitungen, bis der Friseurtermin ran ist. Karin Lipinski hat ihren Friseursalon „Burschikos“ in Havelberg coronagerecht gestaltet und eben zum Beispiel die Couch entfernt. „Ich habe hier 100 Quadratmeter Fläche. Pro Kunde brauche ich 20 Quadratmeter, da haben wir einiges umgeräumt und umgebaut“, berichtet die Friseurmeisterin. „Mein Mann hat Trennwände für den Empfangsbereich und die Rückwärtswäschen gebaut. Wir besetzen nur jeden zweiten Stuhl und wir haben nie mehr als vier oder fünf Kunden im Salon. Ich bin heute seit kurz nach sieben hier und der erste Tag ist erstaunlich gut angelaufen. Die Kunden warten vor der Tür, wenn sie noch nicht dran sind, und mit den Masken geht es auch ganz gut. Wir versuchen, es unseren Kunden trotz allem so angenehm wie möglich zu machen. Ältere Damen zum Beispiel, die die Vorwärtswäsche bevorzugen, nehmen ihre Maske so lange in die Hand.“

Ob Frauen oder Männer – viele sind am Montag froh, endlich wieder zum Friseur zu dürfen. „Es ist schön, dass die Salons wieder geöffnet sind und wir hoffen, dass bald wieder auf allen Ebenen Normalität eintreten kann“, sagt Walter Schulz, der mit seiner Frau Edda froh über einen Termin war. „Man fühlte sich doch wie ungewaschen und ungekämmt. Ich habe ständig Kundenkontakt, da möchte ich ordentlich aussehen“, freut sich auch Astrid Engel über einen Termin.

Für ihre vier Angestellten hatte Karin Lipinski Kurzarbeitergeld angemeldet. „Wir haben am 23. März zugemacht und am 24. sind die Anträge per Einschreiben rausgegangen. Noch ist kein Geld da, auch nicht aus der Soforthilfe. Ich habe Abschläge gezahlt und muss die laufenden Kosten erstmal privat vorfinanzieren.“ Damit steht sie nicht allein.

„Ich hoffe, dass das Geld irgendwann kommt“, sagt auch Anke Herzer von „Ankes Haarstudio“. Für ihre drei Mitarbeiterinnen hat sie Kurzarbeitergeld beantragt und für den Salon zum Begleichen der laufenden Fixkosten die Soforthilfe. „Das ist schon eine schwierige Situation, aber wir sind natürlich froh, dass wir nach der langen Durststrecke wieder arbeiten dürfen. Am Anfang war es besonders schwer. Wenn man immer arbeitet und auf einmal ausgebremst wird, muss man das erst einmal verkraften. Ich habe aufgeräumt, ausgemistet, alles neu sortiert, den Salon aufgehübscht und den Tresen gestrichen.“ Ob beim Einkaufen oder am Telefon – die Kunden machten immer wieder deutlich, dass sie sehnlichst auf einen Termin warten. So findet der Friseurberuf nun Anerkennung. „Für viele ist es ein Grundbedürfnis, zum Friseur zu gehen. Ich fand sogar Post im Briefkasten mit der Bitte, einen Termin zu bekommen.“

Damit maximal drei Friseurinnen im Salon sind, ist im Monat Mai nun montags bis sonnabends geöffnet – normalerweise ist Montag wie bei vielen Friseuren Ruhetag. „Die Kunden sind alle sehr rücksichtsvoll, kommen auch nur einzeln in den Salon“, berichtet Anke Herzer, während sie ihrer nächsten Kundin einen Einmalumhang umbindet und sie dann zum Haarewaschen bittet. Letzteres ist jetzt Pflicht. Wird bei manchen erst die Haarfarbe aufgetragen und dann das Haar gewaschen, wird jetzt das nasse Haar trocken gefönt und dann kommt die Farbe drauf.

Bei „Kamm in“ von Annika Gratzke und Karina Kasprzyk sind die Plätze im Wartebereich ebenfalls reduziert und die Frisierplätze etwas umgebaut worden. „So lange war ich noch nie ohne Arbeit. Dafür habe ich aber die Zeit zu Hause mit Kind und Mann und Bauernhof genossen“, erzählt Annika Gratzke aus Kuhlhausen. Ebenso erging es ihrer Kollegin.

„Das war das einzige Positive. Wir hatten Zeit füreinander, die wir sonst nicht haben“, sagt Karina Kasprzyk, die in Glöwen zu Hause ist. Ihr Mann ist im Brandenburgischen ebenfalls als Friseur selbständig. Während er schon Soforthilfe erhalten hat, wartet sie noch darauf. Dass die Kunden derzeit auf Zeitungen und einen Kaffee beim Friseur verzichten müssen, ist nicht schön, aber zu verschmerzen. So wie in den anderen Salons auch, gibt es die Möglichkeit der Händedesinfektion. Und das Telefon klingelt immer wieder – noch nicht jeder hat seinen Termin vereinbart.

„Es ist halt so wie es ist und ich bin froh, endlich zum Friseur zu dürfen“, sagt Anita Mewes, die zu einer der ersten Kundinnen Karps Haarstudio von Ines Bergmair gehört. „Dass ich gleich eine der Ersten sein durfte, ist schön. Da waren die letzten zwei Wochen des Wartens nicht mehr so schlimm.“ Als die Nachricht kam, dass Friseure wieder öffnen dürfen, hatte die Friseurmeisterin ihre Kunden angerufen und möglichst in der Reihenfolge, wie sie in der Zwangspause dran gewesen wären, Termine vereinbart. Somit durfte sich auch Monika Turban am Montag freuen, auf dem Friseurstuhl Platz zu nehmen. Der letzte Termin ist ein viertel Jahr her. Zwei Kunden dürfen gleichzeitig im Salon sein. „Um die Hygiene mache ich mir keine Sorgen. Die halte ich ohnehin ein. Jetzt habe ich noch ein paar Haarbürsten mehr bestellt und weil ich die 300 Einmalumhänge nicht geliefert bekam 15 neue bestellt, die nun regelmäßig gewaschen werden“, sieht Ines Bergmair kein Problem darin, die Corona-Vorgaben umzusetzen. „In der letzten Woche vor der Öffnung habe ich immer nur gedacht: Bloß nicht krank werden. Ich freue mich riesig, endlich wieder den Haarsprayduft um mich zu haben und meine Kunden wieder zu sehen. Wir sind hier wie eine Familie. Dafür arbeite ich jetzt auch länger. Ich bin ja ausgeruht.“