Landkreis Stendal und Stiftung ProAlter starten gemeinsames Projekt zur Nachbarschaftshilfe Damit Altsein auf dem Lande Lebensqualität behält
Gemeinsam mit der Stiftung ProAlter hat der Landkreis ein Projekt gestartet. Mit ihm sollen binnen eines Jahres Strukturen für Nachbarschaftshilfe im Alter aufgebaut werden.
Stendal l Ein Projekt, das für den Landkreis Stendal mehr als eine Überlegung wert wäre. Mit diesen Worten umriss Landrat Jörg Hellmuth gestern während der Projektvorstellung, was ihm vor einigen Monate durch den Kopf ging, als die Stiftung ProAlter mit der Idee zu einem Nachbarschaftshilfe-Projekt auf den Landkreis zukam. Im Kern geht es darum, dass ältere Bürger in den Orten im Landkreis ihren ebenfalls älteren Nachbarn - wobei dieser Begriff weiter in die eigene Wohnumgebung greift - Unterstützung anbieten, die den Betroffenen hilft, bis ins hohe Alter selbständig in ihren eigenen vier Wänden zu leben. Es geht um Lebensqualität, die zu erhalten solch ehrenamtliches Engagement von Mensch zu Mensch wert ist.
Warum die 2008 in Köln gegründete und bundesweit engagierte Stiftung den Landkreis Stendal für ein solches Projekt auserkoren hat, erklärte Klaus Großjohann von ProAlter. Da sei zum Einen die generelle demografische Entwicklung, die sich in strukturschwachen Regionen mit wenig beruflichen Perspektiven noch verstärke: "Die Jungen wandern ab und die Alten bleiben da", brachte Großjohann die Realität in vielen Dörfern auf den Punkt. Das vor dem Hintergrund, dass viele dieser dableibenden, älteren Menschen Hilfe brauchen. Nicht nur Hilfe professioneller Art, wie sie Pflegedienste leisten, zu der das Nachbarschaftshilfe-Projekt weder in Konkurrenz treten will noch kann, sondern solche, die viel früher ansetzt.
Dann nämlich, wenn es gilt Dinge des täglichen Lebens zu meistern, die zunehmend beschwerlich oder allein unmöglich werden, Einkäufe zu erledigen, einen Arztbesuch zu bewältigen, eine kulturelle Veranstaltung zu besuchen. Dabei jemanden an seiner Seite zu wissen, oder ihm bestimmte Wege übertragen zu können, erhält Lebensqualität im Alter. Dieses nachbarschaftliche Engagement kann sich auch darin widerspiegeln, dass pflegende Angehörige stundenweise entlastet werden, oder dass man allein lebenden Menschen einfach nur ein Besuchsangebot unterbreitet. Um solche, niederschwellig genannte aber sehr wertvolle Hilfe geht es den Protagonisten dieses Projektes, die überzeugt sind, es mit dem Engagement vieler im Landkreis auch erfolgreich starten zu können. Klaus Großjohann: "Alter ist heute doch auch davon geprägt, dass es aktiv ist und durchaus in der Lage zu helfen. Da müssen wir das Rad nicht neu erfinden, sondern wollen für diese Aktivität Rahmenbedingungen schaffen."
Ein Rahmen an dem die Bürgermeister in den Gemeinden kräftig mitzimmern sollen. Großjohann wünscht sich, "dass sich die Bürgermeister an die Spitze der Bewegung stellen". Den Landkreis und den Landrat brauchte er, brauchte die Stiftung ProAlter nicht lange zu überzeugen. Der Kreis Stendal stellte einen Antrag auf Förderung des Projektes mit dem Titel "Das hilfreiche Alter hilfreicher machen". Er wurde positiv beschieden.
Dank dieser Förderung - 80000 Euro für Sach- und Personalkosten für gut ein Jahr bis zum Dezember 2012, in dem das Projekt läuft - hat es jetzt auch ein Gesicht, eine Ansprechpartnerin, eine Beraterin und mithelfende Organisatorin dort, wo das gewünscht ist: Marion Mohr. Ihre erste Aufgabe als Projektbeauftragte ist eine analysierende: Was wird an Hilfen wo gebraucht? Was gibt es in Sachen Nachbarschaftshilfe bereits? Wo und wie engagieren sich Menschen ehrenamtlich auf diesem Gebiet oder wären bereit dazu? Welche Strukturen könnte man zusammenführen? Zu diesen Fragen ist Mohr derzeit mit Bürgermeistern in den Gemeinden im Gespräch. Allerdings: "Ich kann nicht überall sein und mit allen Ortsbürgermeistern reden", sagt sie und bietet jedem, der diesem Projekt zum Erfolg verhelfen will, das Gespräch an. Vorerst ist Marion Mohr telefonisch lediglich über die Funknummer (0171) 3094583 zu erreichen. Künftig soll es auch eine Büronummer im Stendaler Landratsamt geben, unter der die Projektbeauftragte dann erreichbar sein wird.
Der zweite Schritt nach der Analyse wird die Unterstützung beim Aufbau von Strukturen der Nachbarschaftshilfe sein. Das können Initiativgruppen sein, aber auch - und diese Variante wird von der Stiftung ProAlter und ihrer Projektbeauftragten favorisiert - Nachbarschaftshilfe-Vereine. Mit dem Projekt geht es nicht um sporadische Hilfe, sondern um organisierte und damit verlässliche, die aufgebaut werden soll.
Nachhaltig soll diese Hilfe sein, sprich auch nach dem Projektjahr weiterbestehen. Was zudem für eine Vereinsgründung spricht, sind Fragen der Förderung (Vereine können Förderanträge stellen), Fragen des besseren Abstimmens und Koordinierens von Hilfsangeboten und sind nicht zuletzt auch Fragen des Versicherungsschutzes, der für Vereinsmitglieder während ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit gegeben ist. "Es gibt bereits viel Engagement in den Dörfern, aber das läuft meist unkoordiniert. Das auf eine breitere Basis zu stellen, wäre sinnvoll."