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Erinnerungen 93-Jähriger plaudert über Dorfschulen

Als einstiger Dorfschullehrer hat Horst Kobi viel zu erzählen über die Zeiten, als junge Schüler noch im Wohnort unterrichtet wurden.

Von Andrea Schröder 12.05.2017, 01:01

Kamern l Mit der Lösung „Festliches Brautzimmer der Halloren“ hat sich Horst Kobi aus Kamern einen Präsentkorb der Volksstimme gesichert. An jedem Wochenende löst er das Kreuzworträtsel im Wochenendmagazin. Nun war ihm Fortuna hold und er freut sich über einen Korb voller Ostprodukte zum Essen und Trinken. „Manchmal ist es recht knifflig. Wenn ich nicht weiter weiß, ist Helgard der rettende Engel“, erzählt er. Helgard ist die Tochter seiner Lebensgefährtin Irmgard Schwarz. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin, kommt aber oft in die Seegemeinde Kamern. Es ist ihr Haus und Grundstück, in dem das Seniorenpaar wohnt und sich wohl fühlt. Da gibt es viel zu tun und die Eltern brauchen Hilfe. „Sie kümmern sich sehr um uns. Das ist uns eine große Freude.“

Noch bis zum vorigen Jahr ist Horst Kobi, der mit 93 Jahren der älteste Einwohner Kamerns ist, selbst Auto gefahren. Nun kann er kaum noch laufen, ist ans Haus gebunden. Wenn auch die Beine nicht mehr so recht wollen, so ist sein Geist noch wunderbar klar. Seit 1952 ist er Abonnent der Volksstimme, berichtet er der Reporterin, von der er weiß, dass sie in Arneburg wohnt. „Meine alte Heimat“, sagt er und erzählt von Neuermark-Lübars, wo er von 1952 bis 1960 die Schule führte.

„Ich war der einzige Lehrer im Dorf und habe in der sogenannten Zubringerschule die Kinder bis zur 3. oder 4. Klasse unterrichtet. Dann wurde die Schule leider geschlossen, die Kinder mussten nach Klietz fahren. Ich bin nach Vehlgast, in das romantische Dorf an der Dosse-Mündung, gegangen. Ich wollte gern weiter selbstständig tätig sein, außerdem war ich dem Wassersport sehr zugetan. Deshalb wählte ich diese Dorfschule.“

1969 wurde auch diese Schule geschlossen und Horst Kobi ging ins Brandenburgische an die Zentralschule Lohm im Kreis Kyritz. „Da habe ich den Englischunterricht übernommen.“ Er hat gern außerschulische Angebote unterbreitet. „Schon in den fünfziger Jahren habe ich Kanuwanderfahrten organisiert. Dafür habe ich Faltwanderboote gekauft“, erzählt er. Insgesamt waren es 22 Kanufahrten, die er mit Schülern unternommen hat. Außerdem besuchte er mit ihnen gern die Station Junger Techniker und Naturforscher in Kamern.

Dadurch kennt er die Seegemeinde schon seit langer Zeit. Und auch Irmgard Schwarz (81), die bis zur Rente als Gemeinde­sekretärin tätig war. Seit 1995 leben sie zusammen. Horst Kobi, der vier Söhne hat, zog es vom Brandenburgischen aus immer wieder nach Kamern zurück. Wenn er die Gräber seiner Eltern, denen er einst in Neuermark-Lübars ein Zuhause eingerichtet hatte, besuchte, fuhr er dorthin und traf auch Irmgard Schwarz wieder.

Gern denkt er an die Zeit in Neuermark zurück, in der er oft auf die gegenüberliegende Elbseite nach Arneburg fuhr. Er erzählt vom Fährmann Ziekau, der auch noch abends nach dem Besuch der Fährgaststätte die Gäste mit dem Boot rüber ans östliche Elbufer brachte. „Es gab damals ja nicht so viele Lebensmittel. Aber Mutter Ziekau fand immer was für uns, und wenn es Pellkartoffeln mit Quark waren. Wir haben dort manchen fröhlichen Abend verbracht.“

Auch an das Stadtbad in Arneburg erinnert sich Horst Kobi und an den Badestrand auf Neuermarker Seite gleich links neben dem Fähranleger. „Alle zwei Jahre musste ich meine Rettungsschwimmerausbildung nachweisen, damit ich mit den Kindern schwimmen gehen konnte.“ Zum Fußball ging es nach Stendal. „Die spielten damals sogar in der Oberliga.“

Horst Kobi hat schon immer gern und viel gelesen. Auch heute noch. „Zuletzt waren es ,Die wunderbaren Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott‘ von Tamara Ramsay und ,Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen‘ von Selma Lagerlöf“, erzählt er. Außerdem mag er Gedichte. Noch heute kann er die einst in der Schule gelernten Verse rezitieren. Und er weiß gut Bescheid in der Welt. „Auch geografisch, denn ich wollte einst Kapitän werden.“ Wissen, das ihm natürlich beim Rätseln zugute kommt. Den Präsentkorb teilt er mit Helgard. „Das hat sie sich verdient.“