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Feuerwehrchronik Flammen schlugen aus dem Ringofen

Am 25. Juli 1877 gegründet, besteht die Feuerwehr Havelberg seit 140 Jahren. Die Volksstimme blickt in die Geschichte zurück.

Von Andrea Schröder 29.07.2017, 01:01

Havelberg l Wer in die Chronik der Havelberger Feuerwehr schaut, erfährt auch Wissenswertes zu Lösch- und anderen Einsätzen zu Zeiten der DDR. So wurde die Löwen-Apotheke in der Kirchstraße am 10. Oktober 1960 durch Brandstiftung ein Raub der Flammen. Die Eigentümerin hatte mittels Holzwolle und Spiritus den Dachstuhl vorsätzlich in Brand gesetzt und in ihrer Küche anschließend die Gashähne geöffnet, um aus dem Leben zu scheiden. Das Feuer wurde durch Angehörige der Volkspolizei rechtzeitig bemerkt, so dass es nicht zur Gasexplosion kam.

Das Feuer loderte von 3.15 Uhr bis 14 Uhr. Die Brandbekämpfung war durch die enge Fachwerkbauweise erschwert. Die Wehr konnte aber von zwei Hydranten und vom offenen Gewässer der Havel durch die Ross-Mühlen-Stege Wasser entnehmen – so wurde der Brand unter Kontrolle gebracht und blieb auf den Dachstuhl beschränkt. Teilweise erfolgte die Brandbekämpfung von den Nachbardächern aus.

Der größte und umfangreichste Brand in der Nachkriegsgeschichte war das Großfeuer im Dränrohrwerk (früher Dachziegelwerk) in der Elbstraße. Es brach in der Nacht vom Sonnabend, 14. Juni, zum Sonntag, 15. Juni 1969, aus. Das 1936 erbaute Ofengebäude mit dem Ringofen und den darüber befindlichen Trockenkammern stand bereits voll in Flammen, als die Feuerwehr alarmiert wurde.

Zum Einsatz kamen neben der Havelberger Wehr mit ihren beiden Löschfahrzeugen und der Betriebslöschgruppe die Feuerwehren Sandau, Jederitz, Nitzow und Müggenbusch. Das Feuer konnte auf das Ofengebäude beschränkt werden. Allerdings wurde der Einsatz dadurch erschwert, dass nach Aufbau der ersten Angriffsvarianten die Stahlkonstruktion und der Giebel des brennenden Gebäudes einstürzten und die gerade verlegten Schlauchleitungen zerschlugen. 480 Kubikmeter Löschwasser, das sind 48.000 Wassereimer, waren nötig, ehe der Brand am 16. Juni zum Erliegen kam.

Es entstand ein Schaden von 1,1 Millionen Mark. Der Verdacht der vorsätzlichen Brandstiftung als Wirtschaftssabotage wurde nicht bestätigt. Drei Tage lang haben die Feuerwehrleute geschippt, um Schutt und Asche zu beseitigen. „Somit konnten wir nachweisen, dass der Deckel nicht auf dem Ofen war. Die Flammen schlugen nach oben und entzündeten das Holz“, erzählt Manfred Philipp.

Am 24. Juni 1957 kam es auf der Slipanlage des VEB Schiffswerft Havelberg durch Schweißarbeiten zu einem Brand am Motorfahrgastschiff „Adolf von Menzel“ der Weißen Flotte Berlin. Trotz des schnellen und aufopferungsvollen Einsatzes der Wehr konnte das Schiff nicht gerettet werden. Die leicht brennbaren Isolierstoffe und die Holzverkleidungen hatten in kurzer Zeit das gesamte Innere des Schiffes in ein Flammenmeer verwandelt. Die Brandbekämpfung konnte sich nur noch auf die Rettung des Schwimmkörpers beschränken. Aufgrund der Hitze und der Unbegehbarkeit der Treppen war es nicht mehr möglich, in das Innere des Schiffes vorzudringen.

Am 7. Dezember 1957 rutschte der Hang oberhalb des Bischofsberges ab. Links der Riekenstiege, über der Bäckerei Röhr und dem daneben liegenden Grundstück, brach die Erde weg. Dort, wo die Abbruchstelle am breitesten war, hatte sich die Aussichtsplattform mit einer Bank befunden. Es geschah morgens zwischen sechs und sieben Uhr. Die Bäckersfrau hatte gerade die Schweine gefüttert und die Stalltür hinter sich zugemacht. Sie kam mit dem Schrecken davon. Die Schweine überlebten nicht.

Im Sommer 1975 kam es zu einer kritischen Situation: Die gesamte Feuerwehr war zur Bekämpfung eines Waldbrandes im Revier Rothes Haus an der Bezirksgrenze eingesetzt. In der Zwischenzeit geriet das Gebäude der Schädlingsbekämpfung im Domgebiet durch Selbstentzündung in Flammen. Nur durch den Einsatz von Löschgruppen der Nationalen Volksarmee, Angehörigen der Sowjetarmee sowie durch ein über Funk vom Waldbrand zurückgerufenen Löschfahrzeuges konnte der Brand bekämpft und ein Ausbreiten des Feuers verhindert werden.

In der Nacht vom 8. zum 9. Oktober 1979 verursachten grobe Verstöße gegen Brandschutzbestimmungen einen Brand im Konsum-Einkaufszentrum im benachbarten Sandau. Ein Großteil der Bausubstanz des ein Jahr alten Einkaufszentrums, der Ausrüstungen und des Warenbestandes wurden dabei vernichtet.

Ein Kraftfahrer hatte in der Nacht gegen ein Uhr von der Straße aus entdeckt und sofort Alarm ausgelöst. Schon vier Minuten später begannen die Löscharbeiten. Durch den vorbildlichen Einsatz der Feuerwehren Sandau und Havelberg war das Feuer um 1.42 Uhr gelöscht. Noch größerer Schaden konnte vermieden werden. Ursache für den Brand waren Stapel von Toilettenpapier, die auf einem Nachtspeicherofen im Lagerraum abgelegt worden waren. Der entstandene Schaden lag bei 500.000 Mark.

Am 30. Juli 1970 stand eine riesige Rauchwolke über der Stadtinsel. Auf dem Hinterhof des Wohnhauses Marktstraße/Ecke Karl-Marx-Platz (Volksbuchhandlung) hatten mit Streichhölzern spielende Kinder gegen 11.30 Uhr ein Stallgebäude mit Pappdach in Brand gesetzt. Die unterschiedliche Höhe der angrenzenden Dächer und die verschachtelte Bauweise verlangten von allen Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren Havelberg und Sandau sowie der Betriebslöschgruppe des VEB Stima höchsten Einsatz und taktisch richtiges Vorgehen.

In Minutenschnelle waren Kameraden der Feuerwehr zur Stelle. Der dort wohnende Kamerad Knut Engberg, der sich gerade auf Urlaub von seinem Dienst bei der NVA zu Hause befand, hatte das Feuer bemerkt und Alarm geschlagen.

Das im März dieses Jahres gekaufte Tanklöschfahrzeug machte sich hier bezahlt. Ein Übergreifen auf angrenzende Wohnungen konnte verhindert werden. Probleme gab es mit der Wasserversorgung. Wasser musste über große Wegstrecken vom Hafen herangefördert werden. Positiv gewertet wurde auch, dass sich beherzte Bürger fanden, die der Feuerwehr sofort zur Hand gingen und bei der Organisierung der Löschmaßnahmen halfen.