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Feuerwehrjubiläum 61 Jahre Geschichte mitgeschrieben

An diesem Sonnabend feiert die Havelberger Feuerwehr ihren 140. Geburtstag. 61 Jahre ihrer Geschichte hat Manfred Philipp mitgeschrieben.

Von Andrea Schröder 20.07.2017, 14:56

Havelberg l „Ich habe die Feuerwehr schon gekannt, als sie noch grün war“, sagt Manfred Philipp und erzählt von seiner Kindheit in Berlin. 1936 geboren, wuchs er am Alex auf. Feuerschutzpolizei nannten sich die Kameraden, die zu Löscheinsätzen ausrückten. „Wir haben als Kinder immer mit geholfen, die nassen Schläuche aufzurollen, das war wohl der Beginn meines Interesses für die Feuerwehr.“ 1945 zog Familie Philipp nach Havelberg. In Berlin war sie ausgebombt worden, in der Domstadt lebte die Oma.

1956 trat Manfred Philipp der Feuerwehr bei. Da war er gerade 20. Aber schon ausgebildeter Fleischer und seit drei Jahren in Besitz des Führerscheins. „Ich bekam gleich die 15 von Kurt Bachmann, das war der Opel Blitz mit Vorbaupumpe als Löschfahrzeug. Da brauchte man noch richtig Kraft beim Lenken, musste ordentlich kurbeln. Die Pumpe durfte ich aber erst ein Jahr später bedienen, dann war ich Maschinist.“

Diverse Lehrgänge in Haldensleben, Magdeburg und Heyrothsberge hat er besucht, war Zugführer und stellvertretender Wehrleiter. Als Friedrich Lück 1966 den Posten als stellvertretender Wehrleiter niederlegte, trat Manfred ­Philipp in seine Fußstapfen. Gefahren hat er als Maschinist alles, was die Feuerwehr hatte. „Das LF 15, den Tanker, nur den großen KrAZ nicht. Als später die W-50-Löschfahrzeuge kamen, war ich schon nicht mehr aktiv bei Einsätzen.“

Freigestellt zu werden für die Feuerwehr, war in seinem damaligen Betrieb, der Konsumfleischerei, kein Problem. „Mit Otto Meier hatte ich einen guten Meister. Ich war viele Jahre als Einkäufer tätig. Wenn ich nachts zum Einsatz musste, brauchte ich am nächsten Morgen erst später anzufangen.“ Bis 1980 war er aktiv im Dienst der Feuerwehr. 1976 hatte er als Angestellter des Konsums die Gaststätte „Havelblick“, gegenüber vom Wasserwerk, übernommen. Damit erfüllte sich ein großer Wunsch von ihm. Der Feuerwehr blieb er weiter treu, er fuhr nur keine Einsätze mehr. „Das war immer eine große Verantwortung“, denkt er an die Zeit als Maschinist zurück. „Du weißt, dass du acht Mann hinter dir zu sitzen hast.“

Zu den schwersten Einsätzen gehören der Brand in der Tonindustrie und ein Scheunenbrand. Im Juni 1969 wurden die Kameraden zum Brand im Drähnrohrwerk in der Elbstraße gerufen. Das 1936 erbaute Ofengebäude mit dem Ringofen und den darüber befindlichen Trockenkammern stand bereits voll in Flammen, als die Feuerwehr alarmiert wurde. Es gelang, das Feuer auf das Ofengebäude zu beschränken. Allerdings war der Einsatz sehr gefährlich. Kurz nach Eintreffen der Kameraden stürzte der Giebel ein. „Der hätte auch Kameraden treffen können.“

Drei Tage lang haben die Feuerwehrleute geschippt, um Schutt und Asche zu beseitigen. „Somit konnten wir nachweisen, dass der Deckel nicht auf dem Ofen war. Die Flammen schlugen nach oben und entzündeten das Holz“, erzählt Manfred Philipp.

Beim Scheunenbrand 1967, verursacht durch Brandstiftung in einem Pferdestall, waren die Kameraden drei Tage im Einsatz. „Wir sind am Fahrzeug eingeschlafen.“ Die Geschichte der Feuerwehr zu dokumentieren, lag dem Brandmeister schon früh am Herzen. Die Einsätze hat er seit 1957 akribisch notiert. Als die am 25. Juli 1877 gegründete Feuerwehr 1977 ihren 100. Geburtstag feierte, arbeitete er mit Kurt Bachmann und Alfred Lippstreu an der Festschrift mit. Sechs dicke Ordner, gefüllt mit Dokumenten, Urkunden, Zeitungsartikeln und Fotos, erzählen aus der inzwischen 140-jährigen Geschichte der Feuerwehr. Eine ausgezeichnete Grundlage für die Ausstellung zum Jubiläum, die am morgigen Sonnabend gegen 14 Uhr im Rathaus eröffnet wird.

Als er 1993 seine Arbeit im „Havelblick“ beendete, bekam Manfred Philipp noch zwei ABM-Stellen, bis er 1996 in Rente ging. Eine führte ihn ins Prignitz-Museum und eröffnete ihm beste Möglichkeiten, weiter in der Feuerwehrhistorie zu stöbern. „Da habe ich viele Zeitungsartikel kopiert und auch alte Brandschutzordnungen. Daher weiß ich auch einiges über Brände im 17. und 18. Jahrhundert.“ Außer den wertvollen Ordnern besitzt er Feuerwehr­utensilien, wie zum Beispiel gut 200 Jahre alte Löscheimer und ein Signalhorn. Den einen ledernen Löscheimer hat er im Tausch gegen einen Nierenstein von einem Pferd, so groß wie eine Hand, von Nis Clason erhalten. Um die Festschrift, die 1927 zum 50-jährigen Bestehen der Feuerwehr erschienen ist, hat er zwei Jahre gekämpft, erzählt der heute 81-Jährige. „Mutter Kohlhase hatte am selben Tag Geburtstag wie ich, nur dass sie 40 Jahre älter war. Irgendwann gab sie mir dann das Heft.“

Das einstige Kinderzimmer in seiner Wohnung gehört der Feuerwehrsammlung. Und seinen Briefmarken. Denn auch diese sammelt er. Zehn Objekte kann er locker präsentieren. Dazu zählt natürlich auch die Feuerwehr. Eine Ausstellung ist in einem Schaufenster in der Steinstraße, gegenüber von Eisen-Kühn, zu sehen.

Befragt nach seinem größten Schatz, antwortet er sofort: „Meine Frau“, und gleich danach nennt er seine Tochter, seine Familie. Dabei war doch der Schatz in seiner Sammlung gefragt, doch seine Antwort kam spontan, bevor die Frage zu Ende formuliert war. Die Brandschutzordnungen von 1800 und 1845 und die Löscheimer zählt er zu den Schätzen seiner Sammlung.

Nach kuriosen Begebenheiten befragt, berichtet Manfred Philipp von hundert Paketen Toilettenpapier, die die Feuerwehr nach dem Brand des noch recht neuen Einkaufszentrums in Sandau 1979 besaß. Brandursache war auf einem Nachtspeicherofen gelagertes Toilettenpapier. Die Situation wurde zur Ursachenermittlung nachgestellt. Als es anfing zu brennen, wurde das Feuer schnell gelöscht. „Der Amtsleiter sagte damals, dass wir die Pakete zum Müll bringen sollen. Ich sagte ,Jawoll‘ und wir hatten monatelang Toilettenpapier in der Feuerwehr.“ Auch erinnert er sich an eine neue Schwalbe eines Kameraden, die nach nur 50 Kilometern auf dem Tacho Schrott wurde. Bei einem Einsatz an der Ziegelei musste Manfred Philipp rückwärts fahren. Der Kamerad, dem das Moped gehörte, wies ihn ein. „Er rief ,gib Gas‘, seine Schwalbe, die hinter dem Fahrzeug stand, hatte er überhaupt nicht beachtet. Die Versicherung bezahlte den Schaden zum Glück.“

Als gelernter Fleischer hat sich Manfred Philipp auch oft mit um die Versorgung gekümmert, bis Manfred Schaedler dann Küchenchef wurde und etwa seine legendären Erbsensuppen kochte.

Seit vielen Jahren ist Manfred Philipp Vorsitzender der Altersabteilung. Den Idealismus, anderen Menschen zu helfen – geprägt in der Kindheit bei den Fliegeralarmen in Berlin –, die Kameradschaft und den Zusammenhalt nennt er als Gründe dafür, weshalb er auch 61 Jahre nach seinem Eintritt in die Havelberger Feuerwehr noch immer gern seine Freizeit für sie opfert.