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Foschung Holzmehl könnte Plastik ersetzen

Der Schönhauser Traditionsbetrieb Thermoplast blickt auch in weltweit wirtschaftlich schwierigen Monaten zuversichtlich in die Zukunft.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 07.09.2020, 14:10

Schönhausen l Dafür gibt es gute Gründe: Selbst in Corona-Zeiten ist der Absatz gut, der Betrieb ist Teil eines Forschungsprojektes zum Ersatz von Plastik gegen nachwachsende Rohstoffe, und gerade wurde ein neuer Lehrling eingestellt. Nach Kay Eiling 2019 gibt Thermoplast auch in diesem Jahr einem jungen Schönhauser die Chance auf Ausbildung im Heimatort. Elias Gietzke freut sich sehr, den Beruf des Verfahrensmechanikers für Kunststofftechnik von der Pieke auf zu lernen. „Ich hatte hier schon mal ein Praktikum in den Ferien gemacht – das gefiel mir gut. Die Aufgaben sind vielfältig. Und ich kann zu Hause wohnen bleiben, besser geht es nicht“, fühlt er sich nach einem Monat Arbeit im Betrieb bestärkt, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat.

Thermoplast, bald 70 Jahre in Schönhausen ansässig, produziert als Hauptauftrag Dachrinnen aus PVC-Pulver und aus Recyclingmaterial Wickelhülsen beispielsweise für Bodenbeläge und Folien. Gerade dafür war der Absatz in den letzten Monaten sogar größer als gewöhnlich, waren doch während des Corona-Lockdowns viele Menschen zu Hause und nutzten die Zeit zum Renovieren. Der erhöhte Absatz von Belägen und Folien bedeutete auch eine größere Nachfrage nach Wickelhülsen. „Ein paar Dinge sind bedingt durch die wirtschaftliche Lage deutschland- und weltweit derzeit auch nicht so stark gefragt, so dass sich das gut ausgeglichen hat und wir auch in den zurückliegenden Monaten genug Aufträge hatten“, berichtet der technische Leiter Markus Weissgärber, während er zusammen mit Elias Gietzke eine Maschine für einen neuen Auftrag einrichtet. Je nach Auftragslage arbeitet Thermoplast sogar im Drei-Schicht-System. Zehn Beschäftigte gibt es, Geschäftsführer ist Aribert Meißner.

Auch wenn Thermoplast die Rohre aus recyceltem Kunststoff-Granulaten herstellt und die Rohre anschließend erneut recycelt werden können, will man mehr für die Umwelt tun und richtet den Blick auf natürliche Stoffe wie Holzmehl. Da kam eine Anfrage des Hallenser Fraunhofer Institutes für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen gerade recht: Ob denn der Schönhauser Betrieb an einem zweijährigen Forschungsprojekt teilnehmen möchte? „Sehr gern haben wir zugesagt. Denn natürliche Stoffe anstelle von Kunststoff einzusetzen, ist der Markt der Zukunft. Gerade bei unseren Kunden in Dänemark ist die Nachfrage schon jetzt groß“, erklärt Markus Weissgärber.

Ziel ist es, eines Tages keinen Kunststoff mehr zu verwenden, sondern bei gleicher Qualität und zu konkurrenzfähigen Preisen nachwachsende Rohstoffe zu nutzen, die sich kompostieren oder klimaneutral verbrennen lassen.

Projektleiter Dr. Michael Busch vom Fraunhofer Institut konkretisiert den Materialeinsatz: „Holzmehl und Stärke sind gut verfügbare, natürliche Rohstoffe. Im Forschungsprojekt mit der Thermoplast GmbH wollen wir diese Bio-Materialien zur Fertigung von Kunststoff-Bauteilen nutzen und umweltfreundliche Holzmehl-Stärke-Verbindungen und die dazugehörige Verarbeitungstechnologie entwickeln. Die umweltfreundlich hergestellten Wickelhülsen sollen genauso leistungsfähig sein wie solche aus erdölbasierten Kunststoffen.“

Der Schönhauser Betrieb verfügt über die notwendigen Maschinen, um die Materia­lien und Verbindungen zu testen.

Neben der eigentlichen Arbeit ist also genug zu tun für das Thermoplast-Team. Und für die Lehrlinge ist das ein zusätzlich abwechslungsreicher Einblick in die Wertstoffkunde.