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Jubiläum Fünf sind seit 25 Jahren ein Team

Vor 25 Jahren haben Christina und Gerald Friedl in Havelberg ihre Apotheke eröffnet.

Von Andrea Schröder 04.01.2017, 19:52

Havelberg l „Unser erster Geschäftstag, der 4. Januar 1992, war ein Sonnabend. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Viele Havelberger kamen und wurden dann unsere Stammkunden“, erzählt Gerald Friedl. Drei der damals vier Fachkräfte, die mit ihm und seiner Frau Christina den Neustart vornahmen, gehören noch heute zum Team: Ellen Lübcke, Annegret Lemke und Kathleen Nehring. Am Mittwoch stießen sie mit allen Kollegen und Gästen auf das Vierteljahrhundert Havel-Apotheke an.

„Wir haben beide in Halle studiert und hatten das Ziel, eine eigene Apotheke zu eröffnen. Da die Wende es möglich machte, gingen wir für unsere praktische Ausbildung nach Niedersachsen und suchten nach einem geeigneten Ort für unsere Apotheke. In Havelberg war das neue Geschäftshaus in der Semmelweisstraße in Planung und über die Apothekerkammer sind wir darauf aufmerksam geworden“, denkt Gerald Friedl zurück. Die Stadt war beiden nicht fremd. Gerald Friedl stammt aus Salzwedel, Christina Friedl aus Magdeburg. „Wir waren sehr froh, dass sich uns diese Gelegenheit geboten hat und haben mehrere Monate darauf hingearbeitet, die Apotheke zu eröffnen. Da gab es viel Organisatorisches zu erledigen, viel zu telefonieren, die Finanzierung zu klären. Die Zinsen für die Förderung waren damals sehr hoch. Wir wurden von Anfang an hier sehr positiv aufgenommen. Eine Apotheke in der Oberstadt – es gab bis dahin nur eine auf der Stadtinsel – war schon länger in Planung, wurde zu DDR-Zeiten aber nie verwirklicht.“

Im Laufe der Zeit wurde das Dienstleistungsangebot ausgebaut. Mitte der neunziger Jahre führten Friedls durchgehende Öffnungszeiten ein, 1999 wurde auch die bis dahin übliche Schließzeit am Mittwochnachmittag abgeschafft. Zudem konzentrierte sich das Apothekerehepaar auf Fragen rund um die Ernährung, spezialisierte sich bei einem hundert Stunden umfassenden Lehrgang bei der Apothekerkammer zu diesem Thema. Seit 2006 wird das Programm „Leichter Leben in Deutschland“ angeboten. Seit 2012 ist die Apotheke Competence Center für die Diabetiker. Alle Fachkräfte sind zu diesem Thema geschult.

In den 25 Jahren hat sich die Aufgabe der Apotheke, Patienten zu versorgen und zu beraten, nicht geändert. „Aber das ganze Drumherum schon. Wir haben damals mit einem Computer angefangen. Und der war eher nur Info-Medium und Schreibmaschine. Heute geht ohne Technik gar nichts mehr. Die Abrechnung erfolgt elektronisch. Irgendwann werden die elektronischen Rezepte kommen“, sagt Gerald Friedl.

Als Apotheker ist er einerseits Kaufmann, andererseits Heilberufler. Letzteres ist in Zusammenarbeit mit den Patienten besonders wichtig, schließlich ist ein Apotheker für manchen auch eine Vertrauensperson.

Befragt nach besonderen Herausforderungen in den vergangenen 25 Jahren fällt Gerald Friedl sofort die Flutkatastrophe vom Juni 2013 ein. „Viele Flutopfer kamen in Havelberg an, wurden in der Turnhalle untergebracht. Viele hatten nichts mitnehmen können von zu Hause, keinen Ausweis, keine Chipkarte, keine Medikamente. Da waren auch Diabetiker dabei, die ihre Medizin dringend benötigten. In Abstimmung mit den Arztpraxen haben wir dann Medikamente ohne Rezept ausgegeben. Auch die Lieferwege aus dem Süden mussten neu organisiert werden.“

Geändert hat sich auch die Notdienstsituation der Apotheken. Früher wechselten sich lediglich vier Apotheken ab, übernahmen jeweils eine Woche rund um die Uhr den Dienst. Da sind einige Nächte zusammengekommen, die Gerald Friedl in der Apotheke verbracht hat. Heute sind die Zuständigkeitsbereiche größer. Alle 13 Tage übernimmt eine Apotheke im Bereich zwischen Rathenow und Wittenberge für 24 Stunden die Dienstbereitschaft. An Wochenenden wird diese regelmäßig von Patienten genutzt, um Rezepte etwa für Antibiotika einzulösen oder Medikamente gegen Husten, Schnupfen, Fieber zu holen. Nachts geschieht das eher selten.

Wie seine Kollegen auch, beobachtet Gerald Friedl die Entwicklung der Online-Apotheken nicht ohne Sorge. Der Gerichtsentscheid zu verschreibungspflichtigen Medikamenten, die innerhalb der EU mit Rabatt angeboten werden dürfen, ist ein klarer Wettbewerbsnachteil für hiesige Apotheken. Diese dürfen nach deutschem Recht keine Rabatte gewähren. „Der Festpreis hat seinen Grund und dient dem Schutz der Patienten vor Preiswettkämpfen. Obwohl ich sonst für die Europäische Union bin, ist diese Entscheidung eine Schattenseite, hier ist die Politik gefragt.“

So modern die Havel-Apotheke auch arbeitet – manchmal geht‘s gleich um Jahrhunderte zurück. Zu Domfesten öffneten Friedls im Klostergang oft ihre Mittelalterapotheke. Da waren dann auch die beiden Töchter, die inzwischen in Potsdam Lehramt beziehungsweise Ernährungswissenschaften studieren, mit von der Partie, fertigten selbst Hustensaft an. Und mit dem „Specificum Universales“ gab‘s einen Kräuterlikör, der gegen alles gut ist. Das alte Apothekerrezept hat Gerald Friedl von seinem Vater, der in Salzwedel beziehungsweise Mieste seine Apotheke führte. Von ihm hat er auch die alte Apothekerwaage von 1911, die im Verkaufsraum einen Ehrenplatz hat. Den bekommt auch das Bild, das der Sandauer Horst Schock anlässlich des Jubiläums gemalt hat.