Paar hält seit 65 Jahren eisern zusammen

Havelberg l Liebevoll schauen sie sich in die Augen, er nimmt ihre Hand, hält sie fest, sie lehnt sich an ihn: Nein, Evelyne und Günter Kawczynski sind kein frisch verliebtes Ehepaar. Sie sind seit 65 Jahren verheiratet! Aber immer noch verliebt wie am ersten Tag. Es waren ihre tiefblauen Augen, ihr Lächeln und ihr Tanz, weshalb er sich vor über 65 Jahren in die Frau seines Lebens verguckte. Ihr gefielen seine zupackenden Hände und seine Größe. „Ich wollte immer einen großen Mann haben, und den habe ich auch gekriegt“, erzählt Evelyne Kawczynski am Mittwoch anlässlich ihrer eisernen Hochzeit. Dass er nicht so richtig tanzen konnte, war nicht so schlimm. „Wir haben uns gesucht und gefunden.“

Im „Weltfrieden“ in Havelberg war es, wo es zwischen beiden funkte. Dort war die aus Wusterwitz stammende junge Frau damals mit einem ganzen Schwung Freundinnen zum Tanz. Günter Kawczynski stammt aus Werder an der Havel und diente in Glöwen bei der Armee. Geheiratet hat das Paar 1953 in Genthin, wo die Familie der Braut lebte. Bald darauf zogen sie nach Havelberg und Günter Kawczynski arbeitete beim Rat des Kreises. Er war zuständig für Arbeit und Berufsausbildung und kümmerte sich hauptsächlich um die Eingliederung von Behinderten. Doch gab es auch andere wichtige Aufgaben.

„Ich habe Fachkräfte für die Druschba-Trasse gewonnen und dafür eine Auszeichnungsreise mit dem Freundschaftszug nach Leningrad und Moskau bekommen. Ich habe Industriearbeiter aufs Land geholt, war in der Wische mit tätig und habe im Kreis Havelberg Arbeitseinsätze für die LPGen organisiert. Schüler, Studenten, alles, was möglich war, und ich selbst war auch viel im Einsatz“, erinnert sich der heute 86-Jährige. Das war keine leichte Zeit. Seine Frau war öfter allein mit den fünf Kindern – die drei Mädchen und zwei Jungs erblickten zwischen 1955 bis 1964 das Licht der Welt. Evelyne Kawczynski arbeitete als Stenotypistin unter anderem in der Möbelfabrik Stima und bis zur Rente in der LPG Pflanzenproduktion. Ihr Mann ging 1994 in Ruhestand.

„Als wir 1963 unseren ersten gebrauchten Trabi bekommen haben, sind wir öfter auf Reisen gegangen“, erzählt der eiserne Bräutigam von Fahrten etwa nach Rügen und nach Thüringen. Mit allen Kindern ging das natürlich nicht. Aber in den Ferien fuhren die Großen zum Beispiel ins Ferienlager und die Jüngste, Andrea, wurde mit auf Trabi-Tour genommen.

Ihre erste Wohnung in Havelberg hatte die junge Familie bei Bauer Brütt. 1972 zog sie in ihre Wohnung im Franz-Mehring-Viertel, in der Kawczynskis noch immer leben. „Wir sind die einzigen von den ersten Mietern, die noch hier wohnen.“ Auch wenn die vielen Treppen heute mit 86 Jahren nicht mehr so leicht zu bewältigen sind, so wollen sie gern so lange wie möglich in ihren gewohnten vier Wänden bleiben. Die vergangenen fünf Jahre waren aufgrund von Krankheiten nicht leicht. Doch hält das Paar fest zusammen und Tochter Andrea kümmert sich um die Eltern. „Wir haben wunderbare Kinder, sieben Enkel und sieben Urenkel, nur wohnen sie leider so weit weg“, bedauern Kawczynskis. Ihren sehr geliebten Garten im Birkenweg haben sie dieses Jahr abgegeben. „Das ist uns schwer gefallen, aber es geht nicht mehr.“ Zur eisernen Hochzeit freute sich das Paar über viele Gratulanten, darunter auch Bürgermeister Bernd Poloski und Sachgebietsleiterin Evelin Bullwan.