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Kita-Neubau Stark-III-Vorgaben sind kaum zu erfüllen

Das Bauprojekt Schönhauser Kindergarten duldet keinen Aufschub mehr - dessen ist sich die Mehrheit des Rates der Verbandsgemeinde bewusst.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 27.09.2018, 15:25

Schönhausen l „Schnell“ will man nun handeln, hieß es auf der Sitzung am Mittwochabend. Aber die Handbremse bleibt angezogen. Denn so ganz will man auf die Stark-III-Fördermittel doch nicht verzichten, noch nicht. Den Fördermittelbescheid über gut 2,45 Millionen Euro für den Kita-Neubau und 1,12 Millionen für die Modernisierung des Hortes hatte der Finanzminister höchst feierlich im Februar 2017 übergeben. Die Eltern waren nach Jahren des Diskutierens optimistisch: Nun geht es endlich los! Denn die Eigenmittel waren auch gesichert.

Doch davon sind die Projekte weit entfernt. Denn es gibt auch anderthalb Jahre später noch nicht mal eine Planung. Sie scheitert daran, bei der europaweiten Ausschreibung die entsprechenden Büros zu finden. Bei der ersten Runde gab es Verfahrensfehler, deshalb wurde die Auschreibung aufgehoben. Bei der zweiten Runde gab es nicht für alle Lose Angebote, ebenso in Runde 3.

Bürgermeisterin Steffi Friedebold stellte zum Auftakt der Diskussion am Mittwochabend im Schönhauser Bürgerzentrum die Frage an den Rat: Wie soll es weitergehen? „Die Zeit rennt uns davon, die Unzufriedenheit bei den Eltern, dass sich nichts rührt, ist verständlich.“ Natürlich sei man immer bestrebt, mit Fördermitteln zu bauen. Aber die Hürden, die bei Stark-III zu nehmen sind, sind hoch. Zu hoch? Steffi Friedebold machte deutlich: „Es wäre fahrlässig, die Zeichen zu ignorieren, dass wir die Förderkriterien nicht erfüllen können. Und dann müssen wir die Fördermittel zurückzahlen – das wäre der Supergau!“

Es gibt sogar mehrere Punkte, bei denen die Kriterien vielleicht nicht umgesetzt werden können:

Die Baukosten sind in den zurückliegenden Monaten explodiert, das Bauamt spricht von bis zu 40 Prozent bei den derzeit laufenden Maßnahmen. Auch beim Neubau des Kindergartens sei damit zu rechnen. Die Gesamtinvestition darf drei Millionen Euro netto nicht überschreiten, sonst entfällt laut Richtlinie die Gesamtförderung. Die Verwaltung hofft, dass diese Obergrenze der Gesamtförderinvestiton noch nach oben korrigiert wird.

Nächster fraglicher Punkt: Kann die vorgeschriebene, bereits verlängerte Bauzeit, überhaupt eingehalten werden? Bis 31. Dezember 2021 muss alles fertig sein. Die aktuelle Zeitschiene des Bauamtes weist jetzt Herbst 2020 aus. Aber dann müsste ab sofort alles glatt gehen – was bei der europaweiten Ausschreibung nicht nur für den Planer, sondern auch für alle Baufirmen gilt. Einzurechnen ist auch noch die Zeit, die für die Genehmigung der Pläne ins Land geht.

Tatsächlich realistisch ist 2020, wenn man die bisherigen Schwierigkeiten betrachtet, inklusive gut einem Jahr Bauzeit nicht. Und auch das Neubaugebäude des Kindergartens, das zum Hort umgebaut und für knapp zwei Millionen Euro umfassend modernisiert werden soll, muss laut Richtlinie auch bis Ende 2021 abgeschlossen sein. Dafür wird aber noch nicht einmal nach einem Planer gesucht.

Und der dritte fragliche Punkt: Finden sich überhaupt Planer und Baufirmen? Der Markt ist übersättigt, wies Bauamtsleiter Ulf Wabbel hin.

Die von der Verwaltung vorgeschlagene Alternative: Neubau ohne Fördermittel, bei den energetischen Punkten nicht so umfangreich und deshalb günstiger als beim geförderten Projekt.

Ohne Fördermittel muss die Verbandsgemeinde 1,4 Millionen Euro mehr als den derzeit geschätzten Eigenmittelanteil ausgeben. Aber egal, ob mit oder ohne Fördermittel: Die Umlage wird steigen. „Das ist höchst kritisch, weil die Gemeinden schon jetzt über ihrem Limit sind und mehr Umlagen zahlen, als sie Zuweisungen bekommen“, merkte Kämmerer Steve Tangelmann an. Der Kommentar von Arno Brandt: „Wir sind es doch gewöhnt, dass die Umlagen von Jahr zu Jahr steigen. Aus der Misere würde uns nur helfen, wenn das Land die Kommunen endlich finanziell angemessen ausstattet und die wirtschaftlich schwachen Regionen finanziell besser fördert.“

Die Frage von Uwe Brendel und Jürgen Masch aus Klietz, ob denn der vorhandene Bau nicht zu modernisieren sei, verneinte Ulf Wabbel. Nicht nur, dass das Gebäude 65 Jahre alt ist - es löst auch das Platzproblem nicht. „Ein Neubau ist alternativlos!“

Einen neuen Gedankengang brachte Arno Brandt ein: „Dass endlich gebaut werden muss, ist nicht vom Tisch zu wischen. Aber vielleicht sollten wir an der Gesamtstruktur etwas ändern: In Klietz vergammeln Gebäude, weil sie leer stehen, und hier kratzen wir das Geld zusammen. Warum nicht eine zentrale Schule in Klietz? Dann wäre der Schulbau in Schönhausen frei für den Kindergarten.“

Groß genug wäre aber auch die Schule nicht für den Kindergarten.

Diesem Ansinnen widersprachen Caren Pfundt und Silvio Wulfänger. „Es gibt drei Schulen und gar keinen Grund, sie zu schließen!“ Silvio Wulfänger: „Schönhausen ist der größte Ort und Grundzentrum – da gehört eine Schule hin! Wir brauchen eine Lösung für die Schönhauser Kinder. Und zwar schnell, das sind wir ihnen schuldig! Dass wir dabei im finanziellen Rahmen bleiben, sind wir wiederum auch den Gemeinden schuldig. Es wird also kein Prestige-Bau, sondern ein Objekt, das notwendig ist!“

Auch Henry Wagner aus Sandau findet, „dass es keine abgespeckte Variante, in der vielleicht noch die alten Möbel stehen, um Geld zu sparen, geben darf. Wir müssen etwas für die Zukunft schaffen! Selbst zu bauen, ohne Fördermittel, ist effektiver!“

Jürgen Mund aus Schönhausen: „Es kann nicht so bleiben, wie es ist. Nicht zu bauen, ist unverantwortlich!“ Das bestätigte Steffi Friedebold mit Blick auf die Betriebserlaubnis: „In dem alten Gebäude sitzen wir auf glühenden Kohlen!“

Auch wenn in der Runde mehrfach „dann können wir gleich selbst bauen und gehen nicht das Wagnis ein, die Fördermittel zurückzahlen zu müssen“ zu hören war, einigte man sich am Ende bei einer Enthaltung mehrheitlich auf diesen Beschluss: Der Verbandsgemeinderat beschließt, bei Fortbestehen der Fördervoraussetzungen den Ersatzneubau der Kita Spatzennest mit den beschiedenen Fördermitteln (Stark III) fortzuführen, wenn bis zum 31. 12. 2018 erkennbar ist, dass die Förderkriterien zu erfüllen sind. Ist das nicht der Fall, beschließt der Verbandsgemeinderat, den Ersatzneubau des Kindergartens ohne Fördermittel aus Eigenmitteln umzusetzen. Dazu soll dann gleich im Januar eine Sitzung stattfinden.

Derzeit besuchen 145 Kinder das Spatzennest – 32 in der Krippe, 63 im Kindergarten und 50 im Hort.

Caro Giese, die Vorsitzende des Elternkuratoriums, sagte nach der Sitzung. „Wir hatten nach all den Vertröstungen gehofft, dass es nun endlich voran geht. Aber nun verstreichen wieder weitere drei Monate ungenutzt. Dabei ist doch bei allem Optimismus abzusehen, dass die Vorgabe, den Neubau bis Ende 2021 fertigzustellen, niemals zu schaffen und somit die Förderrichtlinie nicht einzuhalten ist.“