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Kommunalpolitik Ministerpräsident auf Stippvisite in Kamern

Nach der Flutkatastrophe kam Ministerpräsident Reiner Haseloff nach Kamern - jetzt stattete er der Seegemeinde erneut einen Besuch ab.

Von Ingo Freihorst 14.06.2018, 18:12

Kamern l Viele Millionen Euro sind in den vergangenen Jahren in die Beseitigung der Flutschäden investiert worden. Der Ersatzneubau des Fischbecker Gerätehauses war eines der größeren Projekte, weshalb zu dessen Einweihung auch der Ministerpräsident zugegen war. Damals wurde Reiner Haseloff von Kamerns Bürgermeister Arno Brandt zum Besuch nach Kamern eingeladen. CDU-Landtagsmitglied Chris Schulenburg organisierte diesen, am Mittwoch traf man sich in der Schiffsgaststätte Kamern zum kommunalpolitischen Dialog mit CDU-Kommunalpolitikern und Parteifreunden.

Reiner Haseloff informierte gleich zu Beginn, dass das Bundesland die Kommunen beim Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner künftig finanziell unterstützen wird. Das Pro­blem habe solche Dimensionen angenommen, dass die Kommunen es allein nicht mehr bewältigen können. Christoph von Katte merkte zum Thema an, dass es aber auch erlaubt sein müsse, geschädigte Eichen zu fällen. Zum Beispiel auf dem Campingplatz seiner Frau am Kamernschen See. Natürlich werde Ersatz angepflanzt.

Bürgermeister Arno Brandt erinnerte daran, dass auf den Tag genau vor fünf Jahren die Fluten aus Fischbeck um 15 Uhr Kamern erreicht hatten. „Ohne entsprechende Vorbereitungen wäre der gesamte Ort abgesoffen“, betonte er. Die Flutschadenssanierung sei zum großen Teil gut gelaufen, einige Vorhaben stehen noch aus.

Zum Beispiel dort, wo zwischen Wulkau und Kamern die Landstraße geöffnet wurde. Der Radweg ist noch immer nicht wieder hergestellt, da es mit dem Landesbaubetrieb Differenzen zu den Zuständigkeiten gab. Insgesamt sei man in Kamern jedoch auf einem guten Weg, von fast 22 Millionen Euro Schäden seien 16 Millionen Euro abgearbeitet. Ein großes Dankeschön ging dazu von ihm ans Bauamt.

Zudem seien inzwischen alle Orte im Altkreis in der Konsolidierung – und bekommen immer weniger Geld vom Land. Wie soll man so aus den Schulden herauskommen? Die Orte hier haben die geringsten Einnahmen im Land.

Dazu gibt es den Finanzausgleich, wobei die reicheren die ärmeren Kommunen unterstützen, erklärte Reiner Haseloff. Im Topf befinde sich mehr Geld als zuvor. Grund für die Kürzung bei Kamern seien die um 105 000 Euro gestiegenen Steuereinnahmen, unterm Strich blieb aber mehr Geld als zuvor. Fürs Bundesland sei ein Dünnbesiedlungsfaktor vonnöten, erklärte Landrat Carsten Wulfänger – letztendlich haben alle Gemeinden die selben Aufgaben zu bewältigen.

Über Jahre verschuldete Kommunen seien für ehrenamtliche Räte wenig motivierend, meinte auch der Ministerpräsident – er will sich das Thema nochmals vornehmen. Zumal die Kluft zwischen den Großstädten und den kleineren Orten immer größer werde.

Dem pflichtete auch Ursula Rensmann, Stadträtin in Havelberg, bei. Es sei schon schwer genug gewesen, die Steuern zu erhöhen – doch wurde der erzielte Gewinn von den tariflichen Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst gleich wieder aufgefressen: „Man fühlt sich wie im Hamsterrad!“

Weiterhin kritisierte Arno Brandt, dass die Investitionspauschale nicht zur Werterhaltung an öffentlichen Gebäuden eingesetzt werden dürfe und dass mit der Einführung der doppelten Buchhaltung (Doppik) ein enormer Verwaltungsaufwand einhergehe.

Christoph von Katte wies auf das an der Elbe geplante Schutzgebiet „Natura 2000“ hin, dessen Unterlagen derzeit im Landesverwaltungsamt bearbeitet werden. Dazu meinte der Landrat mit Blick auf Jäger und Angler, dass praktikable Lösungen gefunden werden müssen. Dieses Verfahren laufe in allen Bundesländern, informierte Reiner Haseloff dazu.

Jürgen Mund aus Schönhausen lenkte die Aufmerksamkeit auf das neue europäische Datenschutzgesetz. Er als Vereinsvorsitzender habe damit seine Probleme, was die Internetpräsenz betreffe. Es sei zu überlegen, ob man mit der Digitalisierung auf dem richtigen Weg sei, erklärte Reiner Haseloff dazu. Man müsste für den öffentlichen Sektor extra Anlaufpunkte dazu schaffen, auch als Rechtsschutz.

Es sei ein Unding, dass in Kamern und Wulkau jetzt zwei Glasfasernetze verlegt sind, meinte Arno Brandt zum Thema. Andere Orte bleiben hingegen außen vor. Jahrelang habe sich die Telekom in der Region wegen des Breitbands nicht gerührt, jetzt picke sie sich die Rosinen aus dem Kuchen, ergänzte der Landrat. Sie hätte das vom kommunale Verband verlegte Netz auch pachten können, das wollte sie aber nicht. Zudem sei die Vectoring-Technik der Telekom veraltet. Man müsse attraktive Produkte schaffen, damit die Refinanzierung später auch gesichert sei, erklärte Reiner Haseloff hierzu.

Er sei traurig, dass die Stadt Sandau das Ehrenamt nicht mehr fördern könne, erklärte Bürgermeister Henry Wagner. Dabei gibt die Stadt lediglich noch 0,1 Prozent für freiwillige Leistungen aus. Optimistisch ist er beim Hochwasserschutz, denn neben den Rückverlegungen im Norden und Süden wird auch bald die Ortslage selbst besser geschützt. Mit Brandenburg sei Sachsen-Anhalt dazu stets in Verbindung, erklärte der Ministerpräsident.

Nach dem Dialog auf dem Schiff ging es an den Strand und weiter zum im Vorjahr eröffneten Jugendklub. Rolf Müller vom Havelberger Jugendzentrum informierte über die Jugendarbeit im Altkreis, wo der Förderverein zehn Klubs unterhält und dutzende Aktionen im Jahr anbietet.