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Kulturprojekt Helga T. plaudert von früher

Im Kulturprojekt Stadtinsel ist ein neues künstlerisches Vorhaben gestartet. Die Geschichte der Langen Straße 10 in Havelberg wird erkundet.

Von Andrea Schröder 15.11.2017, 17:36

Havelberg l Wer ist denn Helga T., mag sich manch einer gefragt haben, der sich das Plakat für das neue Vorhaben des Kulturprojektes Stadtinsel in Havelberg angeschaut hat. Es ist auf jeden Fall schon mal der Name für das Projekt, mit dessen Hilfe die Geschichte des Hauses Lange Straße 10 und seiner Bewohner erkundet werden soll. Ansonsten ist der Name teils fiktiv, teils echt. „Während unseres letzten Projektes zur Kleinen Dott haben wir verschiedene Helgas kennengelernt und irgendwie passte der Name dann gut zu unserem neuen Projekt“, erklärt Britta Lehmann. Die Berlinerin hat mit Anke Leonhardt und Heinz Sporkhorst dieses Vorhaben ins Leben gerufen. Die drei Künstler wollen bis Mai nächsten Jahres die Geschichte der Langen Straße 10, in der sich heute die Buchstation und der Künstlerhof des Kulturprojektes Stadtinsel befinden, recherchieren. Das Land Sachsen-Anhalt unterstützt mit Fördergeldern.

„Helga T. steht stellvertretend für alle Frauen, die hier gearbeitet oder gewohnt haben, aber natürlich auch für die Männer. Wir möchten die Vergangenheit des Hauses ins Bewusstsein holen, damit sie nicht in Vergessenheit gerät“, erklärt Britta Lehmann. Auslöser dafür war, dass im Künstlerhof Arbeitsgeräte und auch Unterlagen auf dem Dachboden gefunden wurden, die einen kleinen Einblick in die Vergangenheit des Hauses geben.

Wer sich mit der Geschichte befasst, stößt zunächst auf die Sattlerei von Friedrich Wilhelm Schulz, die er 1868 in der Langen Straße 8 gegründet hatte. Dazu gehörten auch eine Polsterei und ein Lederwarengeschäft, wie im Band 1 „Historisches Havelberger Allerlei“ von Wolfgang Masur nachzulesen ist. Später kam die Nummer 10 dazu.

„Polstermöbel, Raumgestaltung, Dekoration“ stand in großen Lettern über den Schaufenstern. PGH-Gründungen in der DDR machten auch um diese Firma keinen Bogen. Es entstand die PGH „Raumgestaltung“, die Anfang der 1960er Jahre in den Schönberger Weg zog und 1972 zum Volkseigenen Betrieb (VEB) „Polstermöbel“ wurde. Nach der Wende entstand dort die Havelberger Polsterbetten GmbH Hapo, die noch heute produziert. In der Ernst-Thälmann-Straße 10 (heute wieder Lange Straße) wurden noch Reparaturarbeiten ausgeführt und es gab eine Annahmestelle für Täschnerwaren. Anfang der 1990er Jahre zog die Elektrotechnik-Elektronik GmbH als Nachfolger des VEB Rediko mit einem Elektro­geschäft dort ein.

Es dürfte noch viele Leute geben, die zur Geschichte des Hauses was erzählen können. „Wir freuen uns auf Zeitzeugen, die uns von damals berichten, und über Fotos, Material, Dokumente, Arbeitsgeräte und anderes mehr“, sagt Anke Leonhardt. Geplant sind eine Ausstellung und Dokumentation.

Ausgehend vom Haus Lange Straße 10 soll möglichst auch die Kulturarbeit in Havelberger Betrieben zu DDR-Zeiten aufgearbeitet werden, um einen kulturpolitischen Zeitstrahl zu erstellen, sagt Heinz Sporkhorst. Er hat sich mit dem „Bitterfelder Weg“ befasst, mit dem Ende der 1950er eine neue Entwicklung der sozialistischen Kulturpolitik eingeläutet wurde und sich Kunst und Kultur bei den Werktätigen etablieren sollte. „Welchen Status hatte die Kultur in den Betrieben, gibt es noch Dokumente, Literatur, vielleicht sogar ein Gedicht, die das lebendig machen?“, hofft Heinz Sporkhorst auf interessante Geschichtsobjekte.

Die Zusammenarbeit mit Theaterpädagogen wünschen sich die drei für ihr Projekt, um vielleicht Szenen des Alltags darstellen zu können. Auch das Thema Porträt wäre möglich. Recherchen sind auch noch in Archiven geplant. Das alles schaffen sie nicht allein. Deshalb freuen sie sich über die Mitarbeit von Interessierten. Wer sich miteinbringen möchte, Geschichten erzählen und Materialien zur Verfügung stellen kann, meldet sich bitte in der Buchstation auf der Stadtinsel. Sie ist dienstags bis donnerstags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Ansonsten freuen sich Anke Leonhardt unter 0179/515 77 92 und Britta Lehmann unter 0173/395 89 02 über Anrufe.