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Rotary Club Havelberg spendet 5000 Euro für von der Flut betroffene Familie in Scharlibbe Lippichs müssen weiter im Wohnwagen ausharren

Von Andrea Schröder 19.10.2013, 03:13

Zwar stand das Wasser nur 20 Zentimeter hoch in ihrem Haus, doch durch die Dauer der Feuchtigkeit wurden Lehmwände und -decken so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass alles raus musste. Gabriele und Dietmar Lippich müssen weiter in ihrem Wohnwagen ausharren.

Scharlibbe l "Für uns ist es jetzt schon ein kleiner Palast. Der Estrich für den Fußboden ist drin und die Wände stehen. Der Elektriker hat die Kabel neu verlegt", sagt Gabriele Lippich, als sie und ihr Mann Dietmar in dieser Woche Andreas Velten und Klaus Heidrich vom Rotary Club Havelberg durch ihr Haus führen. Für einen Palast ist allerdings viel Phantasie erforderlich, denn noch kann man bis ins Obergeschoss gucken. Das Ehepaar wird noch viel Geduld benötigen, bis es sein Haus am Ortsrand von Scharlibbe nahe dem Wald wieder beziehen kann.

Vorsorglich für einen Container angemeldet

Das Deichbruchwasser aus Fischbeck flutete das Areal und floss in Richtung Flugplatz weiter. Im Haus stand das Wasser 20 Zentimeter hoch. Dass sie das gesamte Haus entkernen müssen, hätten Lippichs nicht gedacht. Doch das alte Gebäude, in das sie Anfang der 1990er Jahre zogen, war zum Teil mit Lehm und Fachwerk errichtet worden. Mindestens sieben Tage stand das Wasser im Haus. Das haben diese Baustoffe nicht ausgehalten. Als eine ihrer beiden Töchter später im Schlafzimmer das Fenster öffnete, kam die Decke runter. Zum Glück ist ihr nichts passiert.

"Wir hatten gehofft, uns wenigstens ein Zimmer schon wieder einrichten zu können", erzählt Gabriele Lippich am Mittwoch. Doch ist die Feuchtigkeit noch lange nicht raus aus den Wänden. Der Wohnwagen, den sich das Ehepaar mietete, muss weiterhin das Zuhause bleiben. Abgesehen von der Enge wird es immer kälter. Dietmar Lippich hat sich vorsorglich beim Landkreis angemeldet für einen der Wohncontainer, die das DRK für Familien bereitstellt, die noch nicht in ihre Häuser zurück können.

Lippichs sind zwar versichert, doch kommen die Zahlungen immer nur schrittweise. Sie haben einen Kredit aufgenommen, um alle Rechnungen bezahlen zu können. Und ob alle Ausgaben jemals beglichen werden, wissen sie nicht. Allein an Strom für die Trockner fielen in den vergangenen Monaten so viel Kilowattstunden an wie sonst für zwei Jahre.

Nach der Evakuierung waren Lippichs zunächst bei der Tochter in Magdeburg einquartiert. Dann bekamen sie eine Wohnung in Uchtspringe, weil die ebenerdig liegt - Dietmar Lippich hat Schwierigkeiten mit dem Treppesteigen. Um aber am Haus zu sein und auch immer wieder selbst Hand anlegen zu können, wollte das Ehepaar zurück zum Haus und fand mit dem Wohnwagen eine Alternative. Einen zweiten, älteren, hat sich die Tochter gekauft, um an Wochenenden dort zu wohnen, wenn sie mit ihrem Mann aus Rheinland-Pfalz zum Helfen nach Scharlibbe kommt.

Gut 44000 Euro für Hochwasseropfer

"Wir haben viele liebe Helfer", freut sich Gabriele Lippich und wischt sich wieder die Tränen aus dem Gesicht. Dass sie so schnell fließen, kennt sie gar nicht von sich. Doch das monatelange Leben mit dem Auf und Ab von Hoffnung und Zweifel zehrt. Manchmal möchte sie alles im Stich lassen und mit dem Auto weit weg fahren. Doch wirklich aufgeben gilt für Lippichs nicht. Zu viel Kraft und Arbeit hatten sie in ihr hübsches Haus gesteckt. Heute zeugt im Innern fast nur noch die Paneele im Badezimmer vom früheren Zuhause.

"Aber es geht vorwärts, wir bauen auf", blickt das Ehepaar zuversichtlich in die Zukunft. Auch wenn die Chancen fifty fifty stehen, Weihnachten wieder im Haus zu sein. Ihren Traum, später als Rentner im Wohnmobil durch die Welt zu reisen, haben Lippichs erstmal weit von sich geschoben.

Sie hoffen auf weitere Baufortschritte. "Ich freue mich darauf, endlich mal wieder ein richtiges Mittagessen auf dem Herd kochen zu können", sagt Gabriele Lippich, während ihr Mann die auf dem Campingkocher brutzelnden Würstchen in der Pfanne wendet. Auch eine richtige Toilette wäre schön, zeigt sie aufs Dixie auf dem Hof.

Groß war die Freude am Mittwoch über den Besuch des Rotary Clubs. Gasteltern eines ehemaligen Austauschschülers hatten auf die Familie in Scharlibbe aufmerksam gemacht. Präsident Andreas Velten und Klaus Heidrich überreichten einen Scheck über 5000 Euro. Neben etlichen privaten Spenden hatten auch andere Rotary Clubs den Havelbergern Geld überwiesen, damit dieses direkt bei Flutopfern ankommt. Insgesamt sind bisher 44286 Euro an Betroffene ausgezahlt worden.

Im Haus von Lippichs steht jetzt wieder der Kaminofen. Er strömt wohlige Wärme aus. Dietmar Lippich legt Holz nach. In der Hoffnung, dass die Wände bald trocken sind und endlich der Putz drauf kann.