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Naturschutz Einsatz für den „Amazonas Europas“

Zur Schaffung eines Fünf-Länder-Biosphärenparks sammeln Naturschützer derzeit auch in Havelberg Erfahrungen.

Von Andrea Schröder 30.05.2017, 19:00

Havelberg l Sie haben sich ein straffes Programm vorgenommen für die nächsten Tage. Von Montag bis Mittwoch weilen Vertreter aus Schutzgebieten an Donau, Drau und Mur zu Studientagen in Havelberg. Im Haus der Flüsse erfuhren sie zunächst viel Wissenswertes über das Biosphärenreservat Mittelelbe. „Unser Ziel ist es, einen Fünf-Länder-Biosphärenpark entlang dieses Flusssystems zu schaffen“, erklärt Magdalena Wagner. Die Österreicherin betreut von der Natur- und Umweltschutzorganisation WWF aus dieses Projekt.

Mit Vertretern aus Ungarn, Slowenien, Kroatien und Serbien ist sie in die Hansestadt gekommen, um das Vorhaben weiter voranzubringen und vor allem auch Erfahrungen zu sammeln. Dazu steht ihnen der Leiter des Hauses der Flüsse Stefan Fischer zur Seite. Das Biosphärenreservat Mittelelbe mit dem Natura-2000-Infozentrum im Haus der Flüsse ist ebenso interessant für die rund 25 Gäste wie auch die Havelrenaturierung. Eine Bootsfahrt mit Fischer Wolfgang Schröder ins Renaturierungsgebiet stand am Dienstag auf dem Programm. Von Havelberg aus geht’s dann weiter nach Dessau zum Biosphärenreservat.

Bereits seit den 1990-er Jahren setzen sich die Naturschutzverbände WWF und EuroNatur gemeinsam mit lokalen Naturschutzorganisationen für einen nachhaltigen Schutz der Mur-Drau-Donau-Region ein, die fünf Staaten verbindet und auf 700 Kilometern Länge eine faszinierende und artenreiche Flusslandschaft bildet.

Trotz vieler Eingriffe in die Natur ist sie noch reich an Lebensräumen, die andernorts verschwunden sind. Riesige Auenwälder, Flussinseln, Schotter- und Sandbänke, Seiten- und Altarme beherbergen eine Vielzahl gefährderter Arten, heißt es dazu von Seiten des WWF Österreich. Dazu zählen zum Beispiel die zarte Zwergseeschwalbe und der majestätische Seeadler. Mehr als 250.000 Wasservögel nutzen die Flüsse jährlich als Rast- und Nahrungsplätze. „Auch Biber, Fischotter und der fast ausgestorbene Glattdick, eine Donau­störart, stehen für die bemerkenswerte biologische Vielfalt der Region.“

13 Schutzgebiete unterschiedlicher Größe und Kategorien bilden entlang der Flusslandschaft ein Netzwerk. 2011 stellten die Umwelt- und Naturschutzminister der fünf Länder die Weichen für dieses grenzüberschreitende UNESCO-Projekt. „Die Schutzgebietsverwaltungen sind unsere Partner“, erklärt Magdalena Wagner und berichtet, dass der Biosphärenpark in Kroatien und Ungarn bereits seit fünf Jahren existiert. Serbien und Slowenien haben ihren Antrag bereits bei der UNESCO eingereicht, für Österreich ist das im nächsten Jahr geplant.

In Workshops wollen die Teilnehmer gemeinsame Ziele für die länderübergreifende Zusammenarbeit festlegen. Dazu zählen auch Umweltbildungsstätten als Flussschulen. Vor allem aber geht es um den Erhalt der freien Fließstrecke ohne Staustufen. Dabei haben die Naturschützer auch gegen Eingriffe in den natürlichen Flussverlauf zu kämpfen. So gibt es Wasserkraftwerksprojekte an der Mur in Slowenien und der Drau in Kroatien und das Vorhaben, den Flussbereich im Naturpark „Kopacki Rit“ in Kroatien zu begradigen. Ähnlich wie bei der Havelrenaturierung gibt es bereits Projekte zum Anschluss von Altarmen und Entfernen der Uferbefestigungen. Dort, wo es geht, sollen weitere Deckwerke entfernt werden.

Wobei es im gesamten Flusssystem verhältnismäßig wenige Befestigungen gibt und die Flüsse weitestgehend naturbelassen fließen, sagt die Projektmanagerin.

Die touristische Erschließung des Flusssystems ist bislang recht unterschiedlich. Erarbeitet wird derzeit zum Beispiel ein Konzept für einen Radweg entlang dem „Amazonas Europas“.

Das „Interreg Danube Transnational Programme“ zum Schutz des Flusssystems wird von der EU mit 85 Prozent gefördert. 2,2 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Elf beteiligte Partner entlang der 700 Kilometer bezahlen den Eigenanteil von 15 Prozent, berichtet Magdalena Wagner weiter.

Dass die Entwicklung eines geschützten Natursystems viele Jahre in Anspruch nimmt, zeigt das länderübergreifende UNESCO Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe. Das Biosphärenreservat Mittelelbe hat seinen Ursprung in dem 1979 von der UNESCO ausgewiesenen Naturschutzgebiet Steckby-Lödderitzer Forst, berichtet Stefan Fischer. 1988 wurde das Reservat um die Dessau-Wörlitzer Kulturlandschaft erweitert. Nach 1990 kamen weitere Bereiche hinzu und das Biosphärenreservat Mittlere Elbe entstand.