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Pferdefreunde Reiter lieben Ausflüge in die Natur

Sie lieben es, frei zu reiten und die Natur zu genießen: Die Free Rider aus Rogätz und anderen Orten waren zu Besuch in Jederitz.

Von Andrea Schröder 05.08.2018, 18:01

Jederitz l „Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde.“ Ganz nach diesem Motto leben die Free Rider ihre Leidenschaft aus. Reitend auf dem Pferderücken oder in der Kutsche sitzend, machen sie ihre Touren, ohne Zwang. Der Spaß und das Wohlfühlen für Mensch und Tier stehen im Vordergrund. „Wir reiten freizeitmäßig durch die Natur und wollen uns das Freiheitsgefühl bewahren“, erzählt einer der Rider aus Rogätz, den alle nur Faxe nennen. „Unter meinem richtigen Namen kennt mich hier keiner“, sagt er augenzwinkernd. Er sitzt am Samstagvormittag mit Gleichgesinnten auf einer Bank auf dem Jederitzer Rastplatz, wo normalerweise Radfahrer und Bootsfahrer einen Stopp einlegen. Dieses Mal sind es Reiter, die sich hier wohlfühlen.

Etliche von ihnen satteln ihre Pferde, geben ihnen noch mal Wasser. Gleich geht der Ausritt los, der wegen der schon jetzt erreichten rund 30 Grad Sommerhitze kürzer ausfallen wird als ursprünglich geplant. Denn die Gesundheit der Pferde hat Vorrang.

„Das, was wir machen, gibt es so kaum noch. Wir betreiben keinen Turniersport, wir treffen uns zum Reiten. Vom Betonbauer bis zum Arzt sind verschiedene Berufsgruppen dabei, manche sind früher Turniere geritten“, erzählt Faxe, der eine Kutsche zum Reitertreffen mitgebracht hat. Die Pferde werden zusammen auf eine Koppel gebracht. Da kann es unter den Tieren auch mal zu Streitigkeiten kommen. „Das klären sie untereinander, nach einer Nacht ist das vorbei. Mit Turnierpferden würde man so was nicht machen“, berichtet der Rogätzer, dass das natürliche Verhalten der Tiere im Mittelpunkt steht.

Die Kameradschaft zählt bei den Free Ridern, die ihren Ursprung in dem Elbedorf haben, jedoch aus verschiedenen Orten kommen. So wie Lothar Pietzschmann, der die Gruppe nach Jederitz eingeladen hat. Nicht als Ortsbürgermeister, sondern als Pferde- und Reitfreund. Damit wirbt er natürlich auch für die Elb-Havel-Region.

Welche Idylle das kleine Haveldorf bietet, haben die Reiter schon am Freitagabend feststellen dürfen, als sie zur Badestelle geritten sind und sich auch die Pferde erfrischen konnten. Am Sonnabend geht es wegen der Hitze auf kurzem Weg nach Havelberg, wo an der alten Post Rast eingelegt wird. Rathaus und Dom sind die Ziele. Damit macht die Gruppe auch Werbung für den Pferdemarkt, den natürlich alle kennen. Sind sie früher mit dem Auto nach Havelberg gefahren, geht es nun für etliche von ihnen seit einigen Jahren auf dem Pferderücken auf Tour und auf dem Pferdehandelsplatz schlagen sie ihr Camp auf.

Einer, den dort wohl jeder schon gesehen hat, ist „Hawkens“ aus Nedlitz im Jerichower Land. Zünftig in Westernkleidung und mit Cowboyhut reitet er gern über den Platz und wird so zum beliebten Fotomotiv für viele Pferdemarktbesucher.

Kariertes Hemd, Weste, Jeans und darüber Lederchaps, Cowboyhut und Halstuch – das ist auch am Sonnabend beim Ausritt das gängige Outfit. Doch können die Free Rider auch anders. Etwa, wenn sie eingeladen werden, Schaubilder zu reiten. So war von den Veranstaltern von „Panzer Power“ Mahlwinkel ein Kosakenschaubild gewünscht. „Dafür haben wir uns die passenden Kostüme besorgt.“ Auch bei Hochzeiten oder Reitturnieren sind die gerittenen und gefahrenen Schaubilder willkommen. Wenn es zeitlich und logistisch passt, sind die Free Rider dabei. „Wir machen das alles ganz privat, wir verdienen damit kein Geld“, sagt Faxe.

Um die 30 Frauen und Männer gehören der Gruppe an. Sonntags um 15 Uhr ist Treff am „Siebenarmigen“. Das ist ein Wegweiser auf einem alten Postweg zwischen Hamburg und Leipzig, wo sich die Wege etwa nach Wolmirstedt, Angern und Rogätz treffen. Bei Kaffee und Kuchen tauscht man Neuigkeiten aus, die Kinder spielen.

Der Familiensinn wird bei der Reitergruppe groß geschrieben. So sind die nichtreitenden Familienangehörigen an den Abenden der Reitertreffen mit dabei. Dann erklingen Gitarren und es wird gesungen. „Wir lieben alle Jonny Cash“, macht eine Free Riderin deutlich, dass Country Musik natürlich bevorzugt wird.

Sind die Reiter unterwegs, ob im Westernstil reitend, Englisch oder ohne Sattel, wird auf jeden geachtet. „Da wandern wir auch mal, wenn zum Beispiel Pferde ohne Eisen auf gesplitteten Wegen nicht so gut vorwärts kommen“, macht Faxe deutlich. Überhaupt: Es kann sich jeder auf jeden verlassen, und wenn einer in den Urlaub fährt, passt ein anderer auf dessen Pferde auf. Videoabende mit den Aufnahmen des aktuellen Jahres, Kinoabende mit neuesten Pferdefreunde-Streifen, Sommer- und Nikolausausritte gehören zu den festen Punkten im Jahresprogramm der Free Rider.

Wünschen würden sie sich mehr Verständnis von manchen Autofahrern. Es gibt Leute, die fahren in den Tross hinein, weil sie unbedingt überholen wollen. Auch mehr Wald- und Feldwege, die sie nutzen dürfen, stehen auf der Wunschliste. Manch einer verbarrikadiert die Wege. Dabei gehören Pferde doch in die Natur. „Wir machen nichts kaputt. Rehe bleiben liegen, wenn wir leise an ihnen vorbei reiten, sie haben überhaupt keine Scheu.“ Es gibt aber auch positive Beispiele. Etwa wenn Leute einen Bottich voll Wasser füllen, damit die Pferde getränkt werden können. Die Free Rider wollen nicht, dass Pferde und Reiter aus dem Landschaftsbild verschwinden. Und wenn mal Pferdeäppel auf den Wegen liegen, könnten sich Gärtner freuen – einen besseren Dung gibt‘s nicht.

Gesprächsthema in Jederitz waren auch die gestiegenen Preise für Heuballen aufgrund der Trockenheit und der verlustreichen Ernte. Auch in dem Fall ist die Gemeinschaft gut. Man hilft sich, zu halbwegs vernünftigen Preisen das Futter für den Winter sicherstellen zu können.

Die Probleme mit immer weniger Möglichkeiten für Reiter und Kutschen, ihrem Hobby nachzugehen, spielten am Freitagabend auch eine Rolle, als Havelbergs Bürgermeister Bernd Poloski die Reiter besuchte. Und natürlich der Pferdemarkt. In drei Wochen nimmt der Markttrubel seinen Lauf. Dann machen sich die Free Rider auf den Weg. „Der Hinweg dauert vier, fünf Tage. Dabei wird die Gruppe immer größer und Lothar Pietzschmann holt uns dann in Sandau oder Schönfeld ab. Wir treffen alte Freunde. Jeder kennt jeden. Abends geht‘s von Stand zu Stand. Nach Hause brauchen wir dann nur zwei Tage“, erzählt ein Free Rider aus Loburg.