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Rückverlegung Neuer Deich ist abgenommen

Seit der Flut von 2002 drängten die Sandauer auf eine Deichrückverlegung im Norden der Stadt. Lange hats gedauert, nun war Abnahme.

Von Ingo Freihorst 09.10.2017, 18:00

Sandau l Ein 2,8 Kilometer langer komplett neuer Deich ist im Zuge der Rückverlegung im Sandauer Stadtwald entstanden. Der Bau erfolgte normgerecht, laut Vorgabe des Landesbetriebes für Hochwasserschutz (LHW) verläuft landseitig fast durchgängig eine befahrbare Berme. Sie fehlt lediglich an der höchsten Geländestelle, wo der Wall nur zwei Meter hoch ist. Das etwas höhere Gelände hatte vor etlichen Jahrhunderten die Vorfahren bewogen, sich bis zum Mittelalter hier anzusiedeln.

Seit April 2015 wurde der neue Wall errichtet, in der Vorwoche erfolgte bei strömenden Regen die Bauabnahme. Die Firma Eggers aus Wittenberge hatte die Ausschreibung gewonnen, im Vorjahr konnte sie planmäßig die Erdbauarbeiten beenden. Dieses Jahr wurden die Oberflächen befestigt, die Krone erhielt eine zwei Meter breite Asphaltschicht, teilweise ist sie auch gepflastert. Die Berme ist mit Ökopflaster versehen, sie dient im Flutfall dazu, dass man überall herankommt – und zwar auch dann, auch wenn der Deich nicht mehr befahrbar ist. So musste 2002 beim Böschungsrutsch am Schwarzen Loch erst eine Gasse durch den Wald geschlagen werden, was wertvolle Zeit kostete. Zudem sorgt die Berme für noch mehr Standfestigkeit.

Auch ein Großteil der Rasenansaat ist inzwischen aufgegangen, die letzten Stellen waren erst vor zwei Wochen mit Samen bestückt worden. Der Aufwuchs wird im kommenden Frühjahr abschließend kontrolliert.

Vorm Deichbau mussten ab Ende 2014 auf zwei Kilometern Länge etwa 8,5 Hektar Stadtwald gerodet werden. Als Ausgleich für den Naturschutz wurden Kleingewässer mit einer Gesamtfläche von 8900 Quadratmetern angelegt. Zudem sind Ersatzaufforstungen auf 9,5 Hektar vorgesehen, im künftigen Deichvorland wird auf 18,8 Hektar der Wald umgebaut, ein Trockenbiotop wird erweitert und ein Hartholzauenwald mit Strauchgürtel gepflanzt. Übrigens wurde die Baustelle auch von einem ökologischen Bauüberwacher betreut.

Die LHW-Projektverantwortliche Kristina Rotter informierte zur Abnahme auch zum Zeitrahmen. Mit ersten Planungen war 2003 begonnen worden, im Juni 2005 einigte man sich auf den Trassenverlauf, die „optimierte Förster-Variante“. Der Planfeststellungsantrag wurde im Dezember 2006 beim Landesverwaltungsamt eingereicht, im Juni 2008 folgte der Erörterungstermin.

Neue Berechnungen für das Bemessungshochwasser stoppten ab 2009 das gesamte Verfahren. Danach musste alles nochmals neu berechnet werden, 2011 wurde das Planfeststellungsverfahren mit einigen Ergänzungen wieder aufgenommen. Im April 2013 war der Feststellungsbeschluss bestandskräftig – zwei Monate später folgte die noch schlimmere Flut. Nach einer Ausschreibung konnte im Frühjahr 2015 der Deichbau endlich beginnen.

Der Boden für den neuen Wall wurde im Süden der Stadt gewonnen: Immerhin 172.000 Kubikmeter Material wurden allein für Stützkörper und Deichkern benötigt. Für die wasserseitige Dichtung waren 27.000 Kubikmeter Ton erforderlich, für den Wegebau wurden 6000 Kubikmeter Mineralstoffgemisch herantransportiert. Bezahlt wurde die komplette Maßnahme aus dem Nationalen Hochwasserschutzprogramm des Bundes.

Weil der Wall nun schon ein Jahr lang steht und auch dessen Setzungen – dafür wurden beim Bau bis zu zehn Zentimeter veranschlagt – kaum noch messbar sind, soll der Altdeich ab Sommer kommenden Jahres geschlitzt werden. Die dadurch gewonnenen 156.000 Kubikmeter Erdreich sollen für den Bau des neuen Deiches im Südbereich verwandt werden. Dort, zwischen Wulkau und Sandau, laufen derzeit die vorbereitenden Arbeiten, so sind hier seit einiger Zeit die Munitionsberger im Gange.