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Sandauer Kirchturm „Ein guter Ort“ für Therapie-Bilder

Angst, Sorge und Verzweiflung, aber auch Mut, Freude und Zuversicht drücken die Bilder aus, die jetzt im Sandauer Kirchturm hängen.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 16.08.2016, 01:01

Elbe-Havel-Land l Die Bilder sind Werke der Kunsttherapie, die die Caritas Flutbetroffenen anbietet. Die Hilfsorganisation leistet seit 2013, als der Deich in Fischbeck gebrochen ist und das Wasser das Elbe-Havel-Land überflutete, wertvolle Arbeit. Dank vieler Spenden konnte den Betroffenen mit Geld für den Wiederaufbau geholfen werden. „Genauso wichtig aber ist auch die Hilfe bei der Heilung der nicht sichtbaren Schäden, die die Flut in den Köpfen und Herzen angerichtet hat. Die beiden sehr einfühlsamen Kunsttherapeutinnen der Caritas haben geholfen, dass die Menschen neue Kraft schöpfen und Mut zum Wiederaufbau haben“, begann Pfarrer Hartwig Janus den Gottesdienst am Sonntagnachmittag in der Sandauer Kirche zum Auftakt des Laurentius-Festes. Zusammen mit dem katholischen Pfarrer Michael Gambke aus Tangermünde gestaltete er den ökumenischen Gottesdienst, der ganz im Zeichen des „guten Ortes“ stand. Denn so ist die Ausstellung betitelt, bei der die Werke aus den beiden offenen Ateliers im Schönhauser Bürgerzentrum und im Kamernschen Grünen Haus zu sehen sind. Im vergangenen Jahr hatte es bereits so eine Ausstellung in der Schönhauser Kirche gegeben.

Seit März 2014 gibt es die Kunsttherapie. Angefangen in Schönhausen, wuchs das Interesse schnell und es wurde mit dem Grünen Haus ein weiterer Standort gefunden, an dem die Therapeutinnen mit Kindern und Erwachsenen tätig wurden. Dazu gab es kleine Projekte, beispielsweise Hilfe beim Spielplatzbau in Schönfeld.

„Es hat sich viel getan“, resümieren die beiden jungen Frauen dieser Tage dankbar und zufrieden, dass das Angebot so gut angenommen wurde. „Etliche Teilnehmer sind von Anfang an dabei. Heilung braucht Zeit. Wir sind froh, dass wir die Menschen hier so lange begleiten können und die vielen positiven Veränderungen spüren.“ Julia Kittner, nach einer Baby-Pause seit Mai wieder im Team, weiß, dass es nicht leicht fällt, loszulassen. „Aber inzwischen ist eine große Vertrautheit entstanden“, bestätigt auch Stefanie Spilles, „das ,Offene Atelier‘ ist tatsächlich ein ,Guter Ort‘ für die Betroffenen geworden, an dem sie das Erlebte verarbeiten konnten“.

Doch das Ende naht. Im Dezember schließt die Caritas das Projekt ab. Bis 31. Oktober kann man die 30 ausgewählten Bilder, dazu Geformtes und auch die gefilzten Sorgenfresser im Sandauer Kirchturm sehen, täglich von 10 bis 16 Uhr.

Zum Laurentiusfest waren viele Menschen gekommen, auch Teilnehmer der Therapie. „Schön, dass wir heute auch Menschen von außerhalb des Pfarrbereiches begrüßen können“, freute sich der Pfarrer.

Während des Gottesdienstes richtete er auch Worte auf Englisch an die Zuhörenden. Denn unter ihnen war eine Gruppe Bewohner der Erstaufnahmestelle in Klietz. Ihnen erklärte er kurz, was im Juni 2013 passiert ist und wie seitdem versucht wird, die sichtbaren und unsichtbaren Schäden zu heilen. Zwei jungen Menschen aus Klietz – ein Asylsuchender und eine Betreuerin – hatten den Pfarrer kurz vor dem Laurentiusfest gebeten, ihnen als verlobtes Paar Gottes Segen zu erteilen. Das tat Hartwig Janus gern. Und er freut sich schon auf den 28. August. Dann findet ein Taufgottesdienst in der Klietzer Kirche statt. Getauft werden rund 20 Geflüchtete aus dem Iran und aus Afghanistan, die sich zum christlichen Glauben bekennen wollen. Entsprechende Seminare zur Vorbereitung finden bereits statt.

Zur Vernissage nach dem Gottesdienst betrachteten die Gäste die Bilder und lasen auf großen Aufstellern vom Anliegen der Caritas. Dazu sang der Chor der Kirchgemeinde unter Leitung von Gottfried Förster, der zuvor auch die Orgel erklingen ließ.

Frauen der Kirchgemeinde und des Fördervereins für den Wiederaufbau des Kirchturms hatten Kuchen gebacken, den sich anschließend alle gemeinsam an Tischen sitzend schmecken ließen. Außerdem gab es einen Basar mit selbstgemachter Marmelade, mit Gestricktem, Kalendern... zugunsten des Kirchturms.