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Senioren Besuche im Heim wieder erlaubt

Die strenge Isolation mit Besuchsverbot ist in den Seniorenheimen vorbei. Doch noch gibt es Einschränkungen, auch am Camps in Havelberg.

Von Andrea Schröder 26.05.2020, 19:32

Havelberg l „Es wäre schön, wenn wir die Adressen von den Kindern hätten. Dann könnten wir ihnen antworten“, sagt Martha Mundt im Seniorenwohnpark „Am Camps“ in Havelberg, nachdem sie ein Bild geschenkt bekommen hat. Sonne, Schmetterlinge, Blumen und Baum zieren das kleine Kunstwerk. „Omis und Opis, alles Gute für euch wünscht euch Emilia“ ist darauf zu lesen.

Das Bild ist eines von über 400, die Kinder aus ganz Sachsen-Anhalt für die Bewohnerinnen und Bewohner in den 451 Altenpflegeheimen des Landes gemalt haben. Als Zeichen der Solidarität und des Zusammenhalts in der Gesellschaft. Am Montag hat Einrichtungsleiterin Andrea Frommke die Zeichnungen in einem der drei Wohnbereiche verteilt. Die Senioren saßen an einer hübsch gedeckten Kaffeetafel. Grund dafür war der 93. Geburtstag von Martha Mundt. Deshalb erhielt sie auch das erste Bild in der Runde.

„Als Landtagspräsidentin habe ich alle Menschen im Land im Blick: als frühere Erzieherin die Kinder, als Oma die älteren Menschen. Dabei weiß ich natürlich selbst, wie viel Freude Enkelkinder oder bereits Urenkel mit einem Besuch, einem Anruf oder einem selbstgemalten Bild schenken“, las Andrea Frommke aus dem liebevoll geschriebenen Brief von Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch vor, der die Zeichnungen begleitete. Darin steht auch, dass die Mitglieder des Landtages um die verdienstvolle Arbeit der Mitarbeiter, insbesondere in Zeiten einer Krise wie dieser, wissen. Sie bedanken sich dafür. „Die gezeichneten und gemalten Bilder sind auch für Sie!“

Viele Wochen mussten die Bewohner auf Besuche von ihren Angehörigen verzichten. Einfach mal vor die Tür gehen, ist immer noch nicht möglich. Das Atrium ist zurzeit ihr Ausflugsort. Deshalb versuchen die Mitarbeiter des Seniorenheimes den Bewohnern so viel Abwechslung wie möglich zu bieten. Dazu gehören die Treffen innerhalb der Wohnbereiche. Betreuungsassistenten wie Heike Monetha sorgen für Beschäftigungen, singen mit den Bewohnern oder spielen Schunkelmusik von CD ab. „Zu Ostern haben wir Eier gefärbt. Beliebt sind auch unsere Kegelnachmittage. Und zu Geburtstagen wird die Tafel hübsch gedeckt. Das Geburtstagskind spendiert den Kuchen und es gibt auch ein Likörchen“, berichtet sie. Beim Softkegeln im Flur werden die Besten gekürt. Das erfolgte am Montag auch mit Urkunden und kleinen Präsenten.

Eine der Gewinnerinnen ist Zierde Sirrenberg. Die 80-Jährige fühlt sich wohl im Wohnpark. Fällt die corona-bedingte Isolation sehr schwer? „So langsam hat man sich daran gewöhnt und ich sage mir immer, es geht doch allen so. Meine Tochter kommt jeden zweiten Tag für eine Stunde zu mir. Das ist besser als vorher. Da stand ich oben am Fenster und sie unten. Das war schwierig“, sagt die einstige Breddinerin.

„Das Fensterln ist jetzt vorbei“, berichtet Andrea Frommke, dass die Heimleitung vor der Lockerung des Besuchsverbotes unten im Bereich der Büros und im Concordiasaal die Möglichkeit geschaffen hatte, dass sich Bewohner und Angehörige sehen können. Seit nun Besuche möglich sind, liegt das Augenmerk der Verwaltung auf der Organisation dieser. Pro Bewohner ist ein Besucher pro Tag für eine Stunde erlaubt.

„Wir setzen damit die Vorgaben der fünften Eindämmungsverordnung um“, macht die Heimleiterin darauf aufmerksam, dass die Regelungen keine Erfindung der Heimleitung sind. Besucher sollten sich vorher anmelden, damit nicht zu viele gleichzeitig da sind. Wird ihnen nach dem Klingeln die Tür geöffnet, müssen sie sich in die Meldeliste eintragen, die Hände desinfizieren und eine Maske aufsetzen. Viele sind diszipliniert. Manche haben kein Verständnis dafür. „Halten wir uns nicht an die Vorgaben und es gibt auch nur einen Verdachtsfall, ist das Haus schneller wieder zu als uns lieb ist“, gibt Andrea Frommke zu bedenken. Die Besuchszeiten werktags von 9 bis 11 und 15 bis 17 Uhr und an den Wochenenden von 15 bis 17 Uhr – außer an Feiertagen, da gibt es keine Besuchszeiten – werden von der Verwaltung realisiert. Die Pflegekräfte könnten das nicht noch zusätzlich schaffen.

Fünf Besucher sind pro Wohnbereich erlaubt. Vor dem Gebäude dürfen Mutti oder Vati, Oma oder Opa auch mal im Rollstuhl geschoben werden. Raus aus dem Gelände oder in den Park geht es nicht. Es wäre keine Übersicht möglich, mit wie vielen der Kontakt dort gesucht wird. Möglicherweise auch zu Enkeln oder Urenkeln. Der Besuch von Kindern bis 16 Jahre ist nicht erlaubt. „Bei allem Verständnis für die Begehrlichkeiten, die Angehörigen auch mal wieder mit nach Hause nehmen zu wollen, wir können und dürfen das zurzeit noch nicht erlauben. Wir haben unsere Bewohner und unsere Mitarbeiter acht Wochen lang geschützt und sind froh, dass wir keinen Corona-Fall haben. Das soll auch so bleiben.“

Deshalb findet es die Heimleiterin bedenklich, wenn Bewohner nicht aus allen Krankenhäusern mit Corona-Test entlassen werden. Dann müsste der Betroffene 14 Tage in Quarantäne. Heißt, dass er nicht mal mit seinen Mitbewohnern des Bereiches Stunden verbringen dürfte. Zum Glück gibt es eine gute Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt, dass bei Bedarf einen Test anordnen kann. Viel mehr Tests würde sie sich wünschen und fragt: „Warum geht das, was für die Bundesliga möglich ist, nicht auch in anderen Bereichen? Das wäre wichtig, auch für unsere Mitarbeiter.“

Einige Hygieneregeln, die vermeiden, dass Keime oder Viren nicht ins Haus getragen werden, könnte sich Andrea Frommke auch für eine Zeit nach dem Coronavirus vorstellen. Ansonsten hofft sie, dass bald mal wieder Veranstaltungen in der Havelberger Einrichtung möglich sind. Der Tanz in den Mai musste ausfallen. Dafür hat aber der Hausmeister am Vorabend des Herrentages Würstchen für jeden Bewohner gegrillt, die dann in den Wohnbereichen mit Kartoffelsalat gegessen wurden. „Ein Fest für alle wäre auch mal wieder schön. Doch noch müssen wir Künstlern absagen. Zunächst sind die Bewohner aber froh, dass sie wieder Angehörige empfangen dürfen. Das macht das ganze Haus wieder ein bisschen belebter.“