1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Havelberg
  6. >
  7. Wer ergreift mit die Initiative?

Stadtinsel Wer ergreift mit die Initiative?

Die Zukunft der Havelberger Stadtinsel treibt den Bürgermeister seit Jahren um. Er sucht Mitstreiter für eine Interessengemeinschaft.

Von Andrea Schröder 10.09.2016, 01:01

Havelberg l An 177 Tagen herrschte im vorigen Jahr Trubel auf der Stadtinsel. Buga-Gäste besuchten den Regionalmarkt und zogen in Scharen zur Stadtkirche, in der die Blumenschauen stattfanden. So viele Menschen auf den Straßen der Altstadt wird es wohl nicht wieder geben. Jetzt, in den Sommermonaten, sind es Gästegruppen, die mit Bus oder Schiff in die Hansestadt kommen und die Straßen beleben, sowie Radtouristen. Doch vom pulsierenden Leben ist die Stadtinsel weit entfernt. An manchen Tagen wirkt sie selbst in der Saison wie ausgestorben.

Für Havelbergs Bürgermeister Bernd Poloski eine Situation, die ihn besorgt. Nicht erst jetzt. Schon öfter gab es den Versuch, die Altstadt zu stärken, das Geschäftsleben zu aktivieren, mit Kulturangeboten Leute anzulocken. Erinnert sei an „Kaufhaus Stadtinsel“, Quick Check und Stadtentwicklungsplanung sowie Aktivitäten des einstigen Gewerbevereins. Geändert hat sich nicht viel. Im Gegenteil: Weitere Geschäfte haben geschlossen oder schließen demnächst.

Im Frühjahr hatte der Bürgermeister Gewerbetreibende auf der Stadtinsel zweimal zu Gesprächen eingeladen, mit dem Ziel, Initiativen zu entzünden. Der Schwung der Buga sollte mitgenommen werden. Doch der Funke ist noch nicht übergesprungen. Nun, nach Sommerpause und Pferdemarkt, ergreift er erneut die Initiative und ruft zur Bildung einer Interessengemeinschaft zur Stärkung und Belebung der Stadtinsel auf. Die Nachricht, dass demnächst die Ratsapotheke ihre Türen auf der Stadtinsel für immer schließen will, war für ihn ein weiterer Anlass.

„Angesprochen sind alle, die bereit sind, konstruktiv an der Stärkung und Belebung der Altstadtinsel mitzuarbeiten und sich aktiv an den damit einhergehenden Aufgaben und Initiativen zu beteiligen. Ich bitte insbesondere die Geschäftsinhaber, Gastronomen, Ärzte, Dienstleister und sonstigen Gewerbetreibenden, aber ebenso Vermieter und Bewohner als auch die Vertreter von Behörden und Einrichtungen auf der Stadtinsel um ihre Mitwirkung, Hilfe und Unterstützung. Ohne ein koordiniertes Zusammenwirken und gemeinsames Handeln werden Attraktivität und Aufenthaltsqualität nicht zunehmen, sondern, im Gegenteil, weiter abnehmen“, sagt Bernd Poloski.

Die Arbeit der Interessengemeinschaft werde mit Sicherheit von unterschiedlichen Themenkreisen gekennzeichnet sein müssen. „Die Ursachen dafür sind vielfältig und nicht nur in unserer Kleinstadt zunehmend sichtbar. Neben dem demografischen Wandel sind vor allem die gravierenden Veränderungen im kleinteiligen Einzelhandel hervorzuheben. Abgesehen von dem gewaltig gestiegenen Internetversand sind insbesondere auch die Ansprüche und Erwartungen der Kunden bezüglich der Angebots­palette und der erwünschten Sortimente spürbar gewachsen. Viele Geschäfte auf der Stadtinsel können dies schon aus Platzgründen im Regelfall nicht leisten. Die Kubatur der Verkaufs- und Geschäftsräume in den vorrangig aus der Gründerzeit stammenden Häusern war einst riesig, heute ist sie dagegen oft zu klein. Andererseits fehlen aber geeignete Flächen im Altstadtbereich, um größere Geschäftsansiedlungen zu ermöglichen“, nennt er Gründe.

„Hinzu kommt die spezifische Situation Havelbergs, dass das Zentrum nicht in der Mitte der Gesamtstadt liegt, sondern vielmehr an der südlichen Peripherie. Die in den sechziger Jahren begonnene Erweiterung der bis dahin bestehenden Stadtstruktur konnte wegen der ungeeigneten Gründungsverhältnisse in der südlichen Havelniederung nur in Richtung Norden erfolgen, so dass der Großteil unserer Einwohner heute in der sogenannten Oberstadt wohnt. Zudem befinden sich dort viele Bildungs- und Sozialeinrichtungen. Und nicht zuletzt sind trotz großer finanzieller Gesamtaufwendungen im mehrstelligen Millionenbereich viele Häuser auf der Stadtinsel bis heute nicht saniert und wieder einer Wohnnutzung zugeführt. Lange ungeklärte Eigentumsverhältnisse, unrealistische Kaufpreisvorstellungen und in Einzelfällen Gleichgültigkeit gegenüber dem Eigentum mindern zudem die bisherigen gemeinsamen Sanierungsbemühungen von Stadt und engagierten Grundstücksbesitzern.“

Auch vor dem Hintergrund dessen, dass Förderprogramme auslaufen oder sich ändern, der Eigenanteil der Stadt zunimmt und damit nicht mehr so viele Einzelprojekte gefördert werden können, will der Bürgermeister nun noch einmal die Chance ergreifen, engagierte Bürger für die Stadtinsel zu gewinnen. „Zweifellos werden die einzelnen Interessenlagen auch zukünftig sehr differenziert bleiben. Eines sollte allerdings uns allen am Herzen liegen: die historische Bausubstanz und deren vielfältige Nutzung zu erhalten und damit die Attraktivität der Altstadtinsel zu erhöhen.“

Wer Interesse am Mitwirken hat, meldet sich bitte bis zum 30. September in der Stadtverwaltung unter der Telefonnummer 039387/765 33, per Fax an 039387/880 42 oder per Mail an stadt@havelberg.de