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Städtepartner Virtuelles Umarmen in Zeiten von Corona

Die Städtepartner Havelbergs haben bei einer Videokonferenz über ihre Situation in der Corona-Pandemie gesprochen.

Von Andrea Schröder 10.05.2020, 19:24

Havelberg l Normalerweise hätten sich die Städtepartner Havelbergs im Juli in der Hansestadt getroffen, in den Sommerferien wären Jugendliche aus Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien nach Warwick ins Eurocamp gefahren und im August wollten Verden und Havelberg auf ihre 30-jährige Städtepartnerschaft anstoßen. Corona hat durch alles einen Strich gemacht. Um trotzdem im Kontakt zu bleiben und zu erfahren, wie die Situation in den Städten ist, fand am Sonnabendvormittag eine Videokonferenz statt.

Im Ratssaal in Havelberg saß Bürgermeister Bernd Poloski vor dem Bildschirm. Auf Abstand verfolgten Evelin Bullwan, die für die Partnerschaften zuständig ist, und Tourismuschefin Marina Heinrich die rund einstündige Konferenz, die auf englisch geführt und von der Italienerin Giulia Martina Bosi moderiert wurde. Zugeschaltet war mit Kilkenny auch eine Stadt in Irland, eine Partnerstadt von Saumur (Frankreich). Vermutlich wegen einen technischen Problems fehlte allerdings Saumur.

Wie Bernd Poloski berichtet, nehmen in allen Städten die Lockerungen inzwischen Fahrt auf. Passend zum Anlass des 9. Mai als Europatag betonten Maria Costi aus Formigine/Italien und Lutz Brockmann, Bürgermeister in Verden, die Bedeutung der Europäischen Union. Entsprechend lautet die Botschaft der Konferenz, dass die Teilnehmer das starke Band der Gemeinschaft bekräftigen: „Der Gesundheit zuliebe ist das Verantwortungsbewusstsein aller gefragt. So ist Abstand halten und damit ,safety first‘ überall oberstes Gebot. Doch gerade aus dem Abstand heraus, erwächst ein tiefes Gefühl der Verbundenheit. Es ist der Wille, füreinander da sein zu wollen. Den müssen wir uns bewahren“, hat Marina Heinrich übersetzt.

„Es ist wichtiger denn je, vereint zusammenzustehen“, sagte Maria Costi. In Italien sind die Schulen noch bis September geschlossen. Aber der Austausch bleibt dabei nicht auf der Strecke, sondern es wird von zu Hause aus gelernt und der Kontakt auf anderen Wegen, zum Beispiel Online, zu den Mitschülern und Lehrern gehalten. Es gibt auch lokale Projekte, damit die Menschen sich nicht allein gelassen fühlen. So zum Beispiel „Formigine calls you“. Leute über 75 Jahre, die allein leben, werden von Ehrenamtlichen angerufen. Um jemanden zum Reden und so etwas Gesellschaft zu haben.

Martin Brett aus Kilkenny in Irland nannte zwei wichtige Punkte: Erstens dürfen die Menschen nicht allein gelassen werden. Das Gespräch sollte stets gesucht werden. Zweitens sollten angemessenen Voraussetzungen für alle verfügbar sein, wie die Grundversorgung mit Lebensmitteln und schützende Hilfsmittel.

Lutz Brockmann sieht die Pandemie auch als Chance, unser Leben zu ändern. „Denn es ist erstaunlich, was möglich ist. Beispielsweise arbeitet die Verwaltung in zwei Teams, damit der Abstand gewahrt wird, die meisten von zu Hause aus. Es hat sich von jetzt auf gleich alles verändert, die ganze Arbeit läuft Online und per Telefon. Aber es ist interessant, dass es funktioniert. Viele sind geradezu kreativ darin geworden, Dinge zu organisieren. Aus der Pandemie heraus sollten wir alle unser Bewusstsein schärfen für die nächste Herausforderung, die auf uns zukommt – es ist Zeit umzudenken. Stichwort Klima und ,Fridays for Future‘, wir müssen den ,European Green Deal‘ hinbekommen“, sagte der Verdener. In der Stadt sind zwei Tote zu beklagen.

In Warwick in England gibt es acht Tote, berichtet Rich Eddy. „Die Stadt ist sehr sozial und engagiert, die Leute spenden und sind füreinander da.“ Er spricht das Band der Freundschaft und Verbundenheit der Partnerstädte an, „das wir uns über die Jahre aufgebaut haben und das keinesfalls zerbrechen darf“. Die Schulen sind in Warwick noch immer geschlossen. Das Eurocamp musste auf 2021 verschoben werden.

Um ein Jahr verschoben ist auch das Städtetreffen in Havelberg. „Doch auch wenn wir uns nicht tatsächlich in Person treffen können, so ist die Videokonferenz ein schönes Zeichen, dass es auf anderen Wegen möglich ist, sich einander verbunden zu fühlen und das nicht minder warmherzig. Für uns alle waren die letzten Wochen mit großen Einschränkungen verbunden. Ständig verfolgen wir die Bilder und Berichte im Fernsehen und sind in Gedanken bei euch. Wir hoffen, dass sich die schwierige Lage zunehmend entspannt und das gewohnte Leben wieder Einzug hält“, sagte Bernd Poloski. „Auch wenn es noch so viele Fragezeichen gibt und die Einschnitte schmerzen, wie die Absage unserer Traditionsfeste Havelberger Bootskorso und Pferdemarkt. Wir blicken dennoch optimistisch in die kommende Zeit. Es ist die Zuversicht, die wir allen wünschen. Im Herzen und in großer Solidarität verbunden, gibt es in diesem Sinne von uns eine große Umarmung – aus sicherem Abstand, versteht sich.“

Füreinander da zu sein und sich über die Situation auszutauschen, sieht auch Malcolm Noonan aus Kilkenny als vereinendes Zeichen. „Es ist mehr denn je wichtig, die Solidarität miteinander zu teilen. In dieser schwierigen Zeit versuchen wir alle, die Menschen zusammenzuhalten. Vor allem die älteren Menschen dürfen sich nicht abgeschottet fühlen. Es ist eine unglaubliche Herausforderung und die Situation macht uns ehrfürchtiger.“