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Vortrag Norddeutscher Bund vor 150 Jahren gegründet

Am 1. Juli 1867 trat die Verfassung des Norddeutschen Bundes in Kraft. Das ist nun schon 150 Jahre her.

Von Ingo Freihorst 15.07.2017, 01:01

Schönhausen l Matthias Kath vom Philatelisten-Team der Post aus Hamburg musste im Saal des Schönhauser Bürgerzentrums oftmals seinen Sonderstempel drücken. Etliche Sammler und Heimatfreunde waren angereist, ebenso Helge Schinkel aus Stendal, der Vizepräsident des Landesverbandes der Philatelisten. Denn zum 150. Jahrestag der Gründung des Norddeutschen Bundes hatte die Post eine Sonderbriefmarke aufgelegt.

Dass in Sachsen-Anhalt oftmals Marken zu historischen Ereignissen erscheinen, lobte Gastredner Wolfgang Böhmer, ehemaliger Ministerpräsident. Im Gegensatz zu Sachsen oder Thüringen sei Sachsen-Anhalt nach dem Krieg zusammengewürfelt worden, da seien solche Erinnerungen identitätsstiftend. Den einstigen Reichskanzler bezeichnete er als „nicht unumstrittene Figur“.

Christoph Nonn, Professor für jüngste Geschichte an der Uni Düsseldorf, hatte 2015 eine Biographie über den bekanntesten Schönhauser veröffentlicht und dessen Wirken im europäischen Kontext betrachtet. Er war auf Einladung der Otto-von-Bismarck-Stiftung nach Schönhausen gekommen, um über den Norddeutschen Bund zu berichten: Der Titel „Provisorium oder Wunschziel?“

Eigentlich war die Entscheidung zur Gründung eines Bundes deutscher Staaten schon Anfang Juli 1866 bei der Schlacht von Königgrätz gefallen. Hierbei schlug Preußen Österreich und seine Verbündeten vernichtend, Preußen wurde damit Führungsmacht in Mitteleuropa. Otto von Bismarck als dessen Ministerpräsident spach vier Tage nach dem Sieg erstmals vom Norddeutschen Bund.

Bei diesem Konstrukt schwebte ihm ein Bund aller Staaten bis zur Mainlinie vor, die Nationalliberale Partei wollte hingegen einen noch größeren deutschen Bund. Preußens erster Schritt war ein Militärbündnis der deutschen Nordstaaten, was noch im August 1866 geschlossen wurde.

Eine der Mythen, die sich später um Bismarck rankten, war jene, dass er mit dem Bund das Deutsche Reich vorbereitete – was aber laut zeitgenössischen Quellen damals nicht seine Absicht war.

Bismarck erarbeitete die Verfassung des Norddeutschen Bundes maßgeblich mit, in ihr wurde erstmals das allgemeine Wahlrecht verankert – allerdings nur für Männer. Vereinheitlicht wurden in den 16 Staaten des Bundes unter anderem Maße, Gewichte und auch der Postverkehr, Privilegien und Zwangsrechte wurden aufgehoben. Bismarck wurde erster – und einziger – Kanzler.

Das Bündnis endete mit der Ausrufung des Deutschen Reiches nach dem Sieg im Krieg gegen Frankreich. Dieser war auch durch die berühmte „Emser Depesche“ begonnen worden, Bismarck hatte dieses Schreiben gekürzt und veröffentlicht. Doch wollte er Frankreich damit nicht provozieren, sondern die südlichen Staaten auf seine Seite ziehen.

Des Professors Fazit: „Otto von Bismarck war kein Nationalheld, sondern ein preußischer Politiker.“