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Wandertheater „Traumschüff“ ankert vor der Werft

Junge Theatermacher und weitere vom Projekt „Traumschüff“ begeisterte Leute haben ein Wandertheater geschaffen.

Von Andrea Schröder 25.07.2017, 19:44

Havelberg l Normalerweise lernen sie Texte und studieren ihre Rollen ein. Zurzeit schwingen sie auf der Havelberger Werft Hammer, Säge, Pinsel und Bohrmaschine, damit ihr „Traumschüff“ spätestens am Sonnabend, 29. Juli, auf der Havel schwimmt und ihnen als Bühne für das Theaterspiel „Bibergeil“ dient. Dann findet die Schüffstaufe statt und das Theaterstück feiert seine Premiere. Ein buntes Programm für Groß und Klein ist vorbereitet. Die Theatercrew freut sich auf viele Besucher.

Der Begriff Wandertheater trifft das, was mit dem „Traumschüff“ – es wird am Sonnabend auf seinen richtigen Namen getauft – alles bietet, nicht ganz. „Wir sehen es als schwimmendes mobiles Kulturzentrum, das eine Brücke zwischen den Dörfern schlägt“, sagt David Schellenberg. Er hatte vor nicht mal einem Jahr im August die Idee vom „Traumschüff“. Nun steht es kurz vor seiner Vollendung. Wobei auch das nicht ganz stimmt. Denn das Schiff soll sich entwickeln mit all dem, was es bietet. Und so kann es auch sein, dass das humorvoll angelegte Stück „Bibergeil“ selbst noch Veränderungen erfährt. Das feierte übrigens am 16. Juli seine gelungene Uraufführung im Oderbruch Museum Altranft.

Nach seinem Studium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin hat David Schellenberg an verschiedenen Theatern gespielt und auch Film- und TV-Erfahrungen gesammelt. Unter anderem am Staatstheater Mainz. Inspiriert vom „Theater am Rand“ im Oderbruch, das Schauspieler Thomas Rühmann betreibt, überlegte er verstärkt, wie seine künstlerische Zukunft aussehen soll. „Staatstheater sind die klassische Theaterwelt. Dort gibt es Vorgaben. Das ist Theater zum Geldverdienen“, sagt der Berliner, der am Dienstag seinen 28. Geburtstag feierte, und erklärt, dass er viel mehr nach einer Möglichkeit suchte, Theater für Jedermann zu machen und mit den Besuchern in Kontakt zu treten.

Das „Traumschüff“ war die zündende Idee und schnell fand er Mitstreiter. Er kündigte seinen Fünf-Jahres-Vertrag am Theater. „Wenn ich nur des Geldes willen Theater spiele, hätte ich auch Optiker werden können, wie es sich mein Vater gewünscht hat.“ Er hatte ein bisschen Geld gespart und gründete Anfang dieses Jahres die bundesweit erste gemeinnützige Theatergenossenschaft. Ihr gehören professionelle Künstler aus den Bereichen Schauspiel, Regie, Dramatik und Musik ebenso an wie Kultur- und Medienwissenschaftler, Autoren, Pädagogen und Theaterbegeisterte.

Zum Stamm zählen rund 15 Genossenschaftsmitglieder. Weitere unterstützen das Vorhaben, wie zum Beispiel die Schauspieler Thomas Rühmann, Bjarne Mädel und Steffi Kühnert. Bislang erfolgt alles ehrenamtlich. Fördergelder flossen und auch etliche Spenden. „Doch irgendwann möchte ich, dass die Leute Geld verdienen und wir wirtschaftlich arbeiten. Dabei wollen wir alle gleich behandeln, vom Regieassistenten bis hin zum Schauspieler“, sagt David Schellenberg.

Dennoch wird es keine festen Eintrittspreise geben auf dem „Traumschüff“. Jeder soll mit seiner Spende das bezahlen, was er kann und möchte. Denn das gehört mit zu den Zielen des Wandertheaters: Es soll nicht nur dort ankern, wo es sonst kein Theater gibt, sondern möglichst jeden erreichen, der Lust auf Theater hat – oder sie überhaupt erst bekommt.

Mit „Bibergeil“ von Nikola Schmidt bietet die Crew ein Stück an, das sie auf die Havelregion zugeschnitten hat. „Wir wollen mit unseren Themen das aufgreifen, was die Leute bewegt und mit ihnen ins Gespräch kommen. Das ist uns ganz wichtig. Deshalb freuen wir uns, wenn die Besucher nach der Aufführung bleiben.“

Das „Traumschüff“ ist im Raum Berlin/Brandenburg unterwegs. An einem Ort soll für meist mehrere Tage Station gemacht werden. Dabei werden tagsüber Theater- und Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche angeboten und abends Vorstellungen. Dafür ist der gesamte Katamaran nicht nur Bühne, sondern bietet mit einer weißen Wand auch Platz für Filmvorführungen.

Dass er mit der Bauhaus-Universität Weimar, der Technischen Universität Berlin und der Kiebitzberg-Werft Havelberg so starke Unterstützer gefunden hat, freut David Schellenberg. „Ich habe mit 23 Werften telefoniert und in Havelberg endlich eine gefunden, die genauso verrückt ist, wie wir. Die wussten, was auf sie zukommt und unterstützen uns sehr.“ Bis Sonnabend gibt es noch reichlich zu tun. Studierende der Universitäten halfen und helfen mit. Zum Beispiel müssen das Windrad, die Photovoltaik-Anlage und das Fahrrad für die Energieversorgung noch montiert werden.

Als nächstes geht‘s übrigens nach Rathenow, wo „Bibergeil“ am 2. August ab 19 Uhr am alten Hafen aufgeführt wird. Bis September steuert das „Traumschüff“-Theater verschiedene Orte entlang der Havel an. Für 8. und 9. September ist der Abschluss in Berlin geplant. „Wir suchen noch einen Liegeplatz für Herbst und Winter. Wenn jemand im Umland Berlin/Brandenburg ein Wassergrundstück hat, auf dem auch mal Besucher zu Vorstellungen kommen können, kann er sich bei uns melden“, sagt David Schellenberg.