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Wassermusiken Urenkel spielt auf Vehlgaster Orgel

Der Urenkel des Erbauers der Orgel in der Vehlgaster Kirche, Burghard Grüneberg, spielte am Sonnabend das Instrument.

Von Andrea Schröder 08.07.2018, 18:39

Vehlgast l Zu einer festen Institution sind die Vehlgaster Wassermusiken im Konzertsommer der Prignitz geworden, seit sie im Jahr 2013 ins Leben gerufen wurden. Die Kirchengemeinde Breddin-Vehlgast mit Pfarrer Henning Utpatel hat sie als Benefizkonzertreihe ins Leben gerufen, um die Sanierung des Gotteshauses zu unterstützen, dessen 150. Geburtstag 2017 gefeiert wurde. Die Vorgänger-Kirche war 1863 abgebrannt, die neue vier Jahre später geweiht worden. Eine neue Orgel kam 1906 ins Haus. Gebaut vom Hoforgelbaumeister Barnim Grüneberg. 2016 feierten die Vehlgaster dieses Jubiläum mit vielen Gästen.

Einer der Urenkel des Orgelbauers aus Stettin, Burghard Grüneberg, konnte daran nicht teilnehmen. Dass er aber irgendwann einmal die Vehlgaster Orgel spielen wird, stand fest. Am Sonnabend war es nun soweit. Der Mann aus Barßel in Ostfriesland entlockte dem Instrument mit seinem Spiel die verschiedensten Töne und spielte sowohl leisere als auch schwungsvollere und fröhlich stimmende Melodien unter anderem von Bach, Rheinberger, Goldberg und Pachelbel. Auf der Querflöte begleitete ihn auf der Orgelempore Gertrud Schäffer aus Bremen. Beide kennen sich, seit einer Singwoche der Landeskirche vor vielen Jahren. Immer mal wieder gestalten sie ein Konzert gemeinsam.

Mit viel Applaus honorierten die rund 50 Zuhörer in dem frisch sanierten Gotteshaus das Spiel der beiden Musiker und natürlich ließen sie sie nicht ohne Zugabe gehen. Am Ende bedankten sich Pfarrer Henning Utpatel und Mitglieder der Kirchengemeinde mit Blumen, Prignitz-Buch und Kerze bei den Gästen. „Es war, als ob ein großes Orchester spielt“, lobte Henning Utpatel. Dann war es Zeit für Kaffee und Kuchen draußen neben der Kirche. Letzterer wurde wieder in großer Vielfalt angeboten. Der Pfarrer dankte allen fleißigen Kuchenbäckern sowie denen, die die Kirche geputzt und mit Blumen geschmückt hatten sowie Quartiere für die Musiker und ihre Familien bereitgestellt hatten.

Orgelbauer Barnim Grüneberg lebte von 1828 bis 1907. In Stettin hatte er die Orgelwerkstatt seines früh verstorbenen Vaters August Wilhelm Grüneberg 1854 neu eröffnet, nachdem er unter anderem in Berlin sein Handwerk gelernt hatte. Um die 1000 Orgeln hat er gebaut und er war europaweit tätig. Seine mit 131 Registern in der Dreifaltigkeitskirche in Liepāja (früher Libau) in Lettland erbaute Orgel ist bis heute die größte manuell traktierte Orgel der Welt.

400 bis 450 Orgeln seines Urgroßvaters gibt es heute noch, erzählt Burghard Grüneberg im Gespräch mit der Volksstimme. „Ich war schon als kleiner Junge fasziniert von diesen Instrumenten“, berichtet er von seinem Vater, der in Greifswald bis 1963 Orgeln gebaut hat. Beim Dorforganisten begann er, das Orgelspiel zu erlernen, später absolvierte er in Osnabrück und Hannover seine Kirchenmusikerausbildung. Zurzeit ist er Organist in Edewecht.

Vehlgast hat der Lehrer für Mathematik und Musik, der zudem im Extra-Chor des Theaters Oldenburg singt, mit seiner Frau am Wochenende erstmals besucht. „Ich bin begeistert, es ist herrlich hier und die Menschen sind sehr freundlich.“ Beim Spielen auf der Orgel, die mit sieben Registern zu den kleineren Exemplaren seines Urgroßvaters gehört, hat er einige Dinge festgestellt, die repariert werden müssten. Einige Filze müssten erneuert werden und der Winddruck geht runter, so dass die Töne nicht bis zum Ende klingen. „Aber diese pneumatische Orgel ist sehr leicht und angenehm zu spielen, sie arbeitet fast ohne Verzögerung.“

Mit Barnim Eggers weilte noch ein weiterer Urenkel des Orgelbauers am Sonnabend in Vehlgast, er ist ein Cousin von Burghard Grüneberg. Der Hamburger war zum Orgeljubiläum vor zwei Jahren schon mal im Haveldorf. Auch dieses Mal hatte er eine Mappe mit Fotos und Fakten über die Orgelbauerfamilie Grüneberg mitgebracht, in der die Gäste blättern konnten. „Es ist sehr schön hier und dieses Mal habe ich auch Havelberg mit dem wundervollen Dom kennengelernt.“

Die Erlöse aus den Benefizkonzerten und Kuchenbasaren kommen der Sanierung der Kirche zugute. Der künstlerische Wettbewerb, zu dem zugunsten der Neugestaltung von Altar, Taufe und Pult aufgerufen werden soll, ist zunächst nach hinten verschoben, berichtet Henning Utpatel. Priorität hat jetzt die Sanierung des Kirchturmes, für die im kommenden Jahr Fördergelder beantragt werden sollen und weitere Spenden willkommen sind.