Erntedankfest Historisches Theater auf dem Zuchauer Erntedankfest
Auf dem Zuchauer Festplatz wurde das Theaterstück „Der Heringskrieg“ aufgeführt. Der historische Stoff wurde in wunderbarer Weise komödiantisch interpretiert.
Zuchau - „Für alle schockierten Geschichtswissenschaftler: Künstlerische Freiheit wird in Zuchau groß geschrieben“, begrüßte Ortsbürgermeister Jörn Weinert die rund 300 Zuschauer mit einem Augenzwinkern. Weinert hatte den historischen Stoff einer wahren Begebenheit von 1426 in die heutige Zeit transkribiert.
Der geschichtliche Hintergrund: Kaufleute versuchten, zwischen Zuchau und Gerbitz einen aus Lübeck kommenden mit Salzheringen und Stoffen beladenen Warenzuges über die Grenze nach Anhalt zu schmuggeln. Dabei wurden sie erwischt. Der Landesherr von Anhalt-Bernburg beschlagnahmte die Fuhre. Die mächtige Stadt Magdeburg als Schutzmacht der Kaufleute bot Verhandlungen an, die allerdings im Sande verliefen. Was folgte war eine waffenstarrende Auseinandersetzung, die später als „Bernburger Heringskrieg“ in die Geschichtsschreibung eingehen sollte. Der handfeste politische Konflikt gipfelte in der Belagerung von Bernburg durch 500 Bewaffnete.
Magdeburger Bürgermeister mit Friedensangebot
Jörn Weinert lebte seinen historisch beeinflussten Humor beim Schreiben des Stückes so richtig aus. Wie es auch die Barbyer Komödie im Schlosspark macht, gab es in den Textpassagen Ausflüge in die heutige Zeit. So lässt er den Bernburger Grafen sagen: „Ich überlege gerade, wie wir den Zustand der Kreisstraße verbessern. Wir könnten zum Beispiel die schlechtesten Straßen der Kommune schenken!“ Mit derartigem Anachronismus geht es fröhlich weiter. Nachdem der Magdeburger Bürgermeister auftritt, um über ein Friedensangebot mit den Bernburgern zu verhandeln, erscheint ein Teufelchen. Es flüstert dem Grafen ins Ohr, ja nicht einzuknicken und auf die Zolleinnahmen zu bestehen. „Damit könntest du die Kosten des gesamten Bernburger Verwaltungsapparates für eine Woche decken!“ Und dann passiert, was man nie für möglich gehalten hätte: Ein Engel erscheint und gibt dem Teufel recht. Der lässt entrüstet die Arme sinken und mault: „Es macht überhaupt keinen Spaß, ein Teufel zu sein, wenn du mir zustimmst!“ Als dann auch noch der Pfarrer kommt und ebenfalls in Luzifers Kerbe haut, steht die gesamte Moral, wie man sie bisher kannte, Kopf.
Applaus, Applaus!
Regie führte Ilonka Peterle. Die 23 Laienschauspieler trafen sich im Frühjahr zur ersten Probe. Und sie kauften sich überwiegend ihre Kostüme selbst. Und weil es schade sei, das nur für einen Auftritt getan zu haben, signalisierten Peterle und Weinert vorsichtig eine Fortsetzung. Zumal sich das Publikum gewünscht hätte, dass länger als nur eine halbe Stunde gespielt wurde.
Weil das Theaterstück in das Zuchauer Erntedankfest eingebettet war, fand Pfarrer Ulf Rödiger am Ende zu theologischer Ernsthaftigkeit zurück. In seinem Fürbittgebet sagte er: „Hilf uns mutig einstehen gegen soziale Ungerechtigkeit, gegen Hass jeglicher Art, gegen die Zerstörung der Natur und die Würde unserer Mitgeschöpfe.“