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Hobby Der mit den Gänsen spricht

Jedes Jahr hält sich der Goldbecker Lars Francke sechs Gänse, aber selten sind sie so zahm wie dieses. Geschlachtet wird trotzdem.

Von Karina Hoppe 30.07.2019, 18:00

Goldbeck l Sie hören auf sein „Jajajajajajaja“. „Du musst mit ihnen in Kontakt treten, dir Zeit nehmen“, sagt Lars Francke. In diesem Jahr hat das mal wieder geklappt. In entscheidender Phase konnte sich der 43-jährige Großhandelskaufmann zu ihnen setzen. „Sie suchen das Vertrauen. Und finden es.“ Das geht so weit, dass die Gänse ihren Gänsevater nun bewachen. „Sie sind wie Hunde.“ Kommt eine der Katzen ihm zu nahe, kann sie was erleben. „Sie wollen immer zu mir, das ist abgefahren.“

So spricht der Goldbecker, der in Iden aufgewachsen ist. Zu Hause gab es immer Tiere. Federvieh, Schweine, Katzen, Hunde, Kaninchen, Bullen gar. „Um die Kaninchen habe ich mich als Kind selbst gekümmert, sie ausgemistet, gepflegt, verkauft. Kaninchen machen richtig viel Arbeit.“ Aber die Tiere waren schon immer Lars Franckes Ding, da gab es keine Berührungsängste. So gar nicht: Als er als Heranwachsender einmal mit Freunden vom Angeln kam, sah er, dass sich der junge Bulle mit seinem Pflock selbstständig gemacht hatte. Da die Eltern gerade nicht da waren, übernahm Lars die Verantwortung und führte den Bullen an der Hand nach Hause in den Stall – für die Eltern am Abend ein Schreck.

Fachabitur an der Berufsbildenden Schule Lichterfelde, „Mann, war diese Zeit toll“. Nach Lars Franckes Jahrgang wurde die BBS geschlossen, der Idener machte eine Ausbildung im Großhandel, gründete eine Familie, zog nach Goldbeck. Zunächst in eine Neubauwohnung und dann in ein Haus – mit Hof, Garten und Stall. Mit Platz für Tiere also. Und die ließen dann auch nicht lange auf sich warten. Tauben, Hühner, Gänse. Von Letzteren immer fünf auf Bestellung, eine auf Reserve. Lars Francke holt sie von seinem Onkel aus Blankensee. Erst kommen sie unters Rotlicht, dann irgendwann raus, aber nicht zu schnell. Mehr als einmal haben Krähen nämlich seine Gössel attackiert. „Und das sollen Singvögel sein.“

„Jajajajajajaja.“ In diesem Jahr ist die Bande besonders stark. „Das hier bedeutet für mich, im Einklang mit der Natur zu leben. Das erdet mich.“ So hilft Lars Francke auch gerne seinen Eltern bei der Bewirtschaftung einer kleinen Mutterkuhherde. Zaun bauen, Ohrenmarken reinziehen, alles, was dazugehört – ein körperlicher Ausgleich für den Job im Außendienst bei der Eich­stedter Niederlassung der Firma Hempelmann.

Aber ob Rind oder Federvieh: Das Ende ist klar. Lars Francke schlachtet selber. Auch jene Gänse, die ihn in ihrem Wesen so faszinieren. Hinter all dem steht für den zweifachen Vater ein bewusster Umgang mit dem Tier und dann auch mit dem Fleisch: „Ich weiß, was meine Tiere zu fressen bekommen haben, wie alt sie waren. Und ich weiß dann eben auch genau, was wir essen.“

Hühner der Rasse Giant Jersey sind der neueste Schrei auf dem Hof. Und es gibt sogar ein blindes Huhn, aber das „läuft bald ins Messer“. Mehr als einmal wurde Lars Francke gefragt, ob er nicht dem Rassegeflügelverein beitreten möchte – möchte er nicht. „Ich mach’ das hier als Hobby.“ So interessiert es ihn auch wenig, wie seine Gänserasse genau heißt. Eher genießt er es, wenn ihm seine Gössel beim Brombeerenpflücken – der Mann macht auch noch selber Wein – in den Eimer gucken. Oder wenn er auf dem Trampolin liegend pausiert und die Gänse sich genau unter ihm niederlassen, wenn sie aus seinem Kaffeepott trinken wollen oder den Kopf schräg halten, weil Lars Franckes Katzenpfiff sich anhört, als sei ein Milan im Anflug. Als die Bande kürzlich wieder mal Unfug machte, sagte er „Mensch, geht doch in den Garten“. Und sie gingen in den Garten.