1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Klötze
  6. >
  7. „Werden mit Schmutz beworfen“

Landwirte „Werden mit Schmutz beworfen“

Mit „Das Leiden der deutschen Turbo-Kühe“ war Titel einer ARD-Reportage. Milchbauern im Altmarkkreis fühlen sich an den Pranger gestellt.

Von Siegmar Riedel 24.07.2015, 03:00

Klötze l „Hier wird ein ganzer Berufsstand an den Pranger gestellt.“ So reagierte Annegret Jacobs, Geschäftsführerin des Bauernverbandes Altmarkkreis Salzwedel, auf die Reportage der ARD. Bei einem eilends einberufenen Pressegespräch am gestrigen Donnerstag nahmen sie und weitere Mitglieder des Kreisverbandes Stellung zu dem Fernsehbeitrag.

Allein der Titel der Reportage würde im Zusammenhang mit biologischen Prozessen wie der Rinderzucht beim Verbraucher Angst suggerieren, sagte Jacobs in der Milcherzeugergenossenschaft Klötze. Doch der hohe Anspruch durch Tierhaltungsgesetze sei lange schon bei den Landwirten angekommen. „Die Bedingungen für das Wohl der Tiere werden ständig weiterentwickelt“, betonte sie. „Die Diskussion ist längst da, wir stellen uns ihr.“

Kreisvorsitzender Raimund Punke aus Klötze sei von vielen Menschen deswegen angesprochen worden. Er zog einen Vergleich: „Tiere werden auch mal krank, es passieren Unfälle, einzelne Tiere sterben. Das ist wie beim Menschen.“ Landwirte würden, bis auf Ausnahmen, den gehaltenen Tieren ein relativ angenehmes Leben ermöglichen wollen und gleichzeitig Leistung abfordern. „Doch nur eine Kuh, die gesund ist und sich wohl fühlt, bringt auch Leistung“, hob Punke hervor.

Christian Schmidt aus Siedenlangenbeck, Vorsitzender des Fachausschusses Milch im Landesbauernverband, sieht das nicht anders. „Hier ist von Profis das Kriegsbeil gegen die Landwirte ausgegraben worden“, sagte er mit Blick auf den Fernsehbeitrag. „Wir werden mit Schmutz beworfen in Größenordnungen, die nicht gerechtfertigt sind.“ In den landwirtschaftlichen Betrieben sei in den vergangenen Jahren viel zum Wohl der Tiere geschehen. Hier würde ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender tendenziös berichten. Er sprach den Machern des Beitrags journalistische Sorgfalt ab, weil „einzelne Betriebe rausgepickt und exemplarisch dargestellt worden sind“. Er schränkte aber ein: „Es gibt in allen Bereichen schwarze Schafe, beispielsweise bei den Autowerkstätten. Doch die Reportage wirft ein schlechtes Licht auf die gesamte Milchproduktion.“ Kinder von Landwirten würden schon gemobbt deswegen. „Viele landwirtschaftliche Betriebe arbeiten ohnehin an der Existenzgrenze, und dann müssen sich die Bauern noch solche allgemeinen Vorwürfe anhören. Das schürt Stimmungen in der Gesellschaft und bedeutet einen Frontalangriff.“

In der Reportage ist auch das Schlachten von tragenden Kühen angeprangert worden. Dazu sagte Raimund Punke ganz klar: „Tragende Kühe haben auf einem Schlachthof nichts zu suchen, auch wenn ihre Leistung nachlässt oder es andere Probleme gibt.“ Margret Pieper aus Pretzier hat das Gefühl, dass Landwirte inzwischen für alles verantwortlich gemacht werden würden, „auch für die Grundwasserbelastung“, sagte sie. „Was im Fernsehen gezeigt wurde, gibt es in Ausnahmefällen.“ Doch allgemein hätten Landwirte in den Ställen viel unternommen, um das Leben der Tiere zu verbessern. Allerdings seien einzelne Bauern auch überfordert. „Ein Landwirt muss sich auskennen, um eine Hochleistungsherde betreuen zu können. Das Wissen hat nicht jeder“, begründete sie.

Die Darnebeckerin Sandra Schmerse empfindet es als fatal, wenn in der Reportage alle Landwirte auf eine Stufe gestellt werden. „Wir machen den Beruf aus Freude und quälen keine Tiere.“ Annegret Jacobs sagte es deutlich: „Würden in unseren Ställen Zustände herrschen, wie in dem Beitrag beschrieben, würden die Mitarbeiter des Veterinäramtes aber im Karree springen.“