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Draisinenfest Mit Muskelkraft über die Schiene

Statt Zügen rollten am Sonntag Draisinen am Klötzer Bahnhof entlang. Bei einem Fest wurden unterschiedliche Modelle präsentiert.

Von Tobias Roitsch 26.10.2015, 02:00

Klötze l Es ist ein bisschen wie Fahrrad fahren: Will man vorwärts kommen, heißt es ordentlich in die beiden Pedalen zu treten. Gesessen wird dabei wie bei einem Drahtesel auf einem Sattel, Halt gibt ein Fahrradlenker. Nach links oder rechts lässt sich dieser aber nicht drehen. Denn gefahren wird nicht auf der Straße, sondern auf Bahngleisen. Also hat eine Fahrrad-Draisine auch ein bisschen Ähnlichkeit mit einem Zug. Zu sehen waren einige Draisinen-Modelle am gestrigen Sonntagnachmittag am Klötzer Bahnhof. Dort veranstaltete der Deutsche Bahnkundenverband (DBV) Altmark-Wendland ein Draisinenfest. Zu sehen gab es zehn unterschiedliche Modelle, neben Ausführungen mit Pedalantrieb auch eine mit Handhebel sowie ein motorisiertes Exemplar.

„Eigentlich hatten wir ja geplant, zum Martinimarkt Züge von Salzwedel nach Klötze fahren zu lassen“, erklärte Thorsten Hensel vom Vorstand des DBV. Allerdings, so sagte er weiter, seien keine Fahrzeuge für das Wochenende zu bekommen gewesen. Deshalb habe man sich kurzfristig dazu entschieden, am Klötzer Bahnhof das Draisinenfest während des Martinimarktes zu veranstalten. „Das hat ja auch etwas mit Schienen zu tun“, sagte Hensel. Solche Draisinenfeste könnten künftig mehrmals im Jahr stattfinden, sagte Thorsten Hensel weiter.

Dabei durfte nicht nur geguckt werden: Auf den eigens dafür frei geschnittenen Gleisen konnten die Besucher eine Probefahrt unternehmen. Für den Vortrieb mussten sie allerdings mittels Beinkraft teilweise auch selbst sorgen. Unterwegs erzählten die Draisinenfreunde ein bisschen was über ihr Hobby. So etwa Rolf Schulze aus Trebel im Wendland. Seitdem er ein kleiner Junge war, so sagte der 35-Jährige, habe er sich für Eisenbahnen interessiert. Da er in der Fahrrad-Stadt Münster aufgewachsen ist, sei auch das Radfahren ein Hobby von ihm. „Bei der Eisenbahn fehlte mir aber immer ein wenig der sportliche Aspekt des Radfahrens“, sagte er. Während eines Aufenthalts in Schweden machte Schulze Bekanntschaft mit den Fahrrad-Draisinen, die seine beiden Leidenschaften miteinander verbinden. Seit Anfang der 2000er Jahre sei er nun passionierter Driasinenfahrer und besitzt mittlerweile sechs eigene Exemplare.

„Die Schweden gelten als die Erfinder des Draisinen-Sports“, weiß der Niedersachse zu berichten. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Draisine, mit der Rolf Schulze seine Fahrgäste über die stillgelegten Gleise am Klötzer Bahnhof chauffiert, aus Schweden importiert wurde. Hierzulande wurde sie allerdings „weiterentwickelt“, wie Schulze sagte. Damit meint er den Umbau der ursprünglich dreirädrigen Draisine, die nun auf vier Rädern fährt. Vier Fahrgäste können auf diesem Modell mitfahren. Sie sitzen auf Plastiksitzen in der Mitte. Vorn, auf der linken und rechten Seite, treten die beiden Fahrer kräftig in die Pedale. Eine Gangschaltung gibt es nicht. Dennoch gleitet das Gefährt, das auf acht Stahlrädern steht, gut über die Gleise. Der frische Fahrtwind lässt die Geschwindigkeit allerdings viel höher erscheinen, als sie tatsächlich ist. „Das sollte man nicht überschätzen. Es sind ungefähr 18 Kilometer in der Stunde“, erklärte Rolf Schulze, der eigentlich Archäologe ist.

Mit einem wesentlich flotteren Modell waren hingegen Ronny und Sandra Bergmann mit ihren beiden Söhnen Colin und Aron am Sonntag unterwegs. Das „Pocket-Railbike“, das sich die Kunrauer Familie ausgesucht hatten, schafft in der Spitze bis zu 30 Kilometern in der Stunde. Eigentlich wollten sie zum Martinimarkt, berichtete Sandra Bergmann. Zuvor machten sie aber noch Halt am Bahnhof. „Es macht Spaß“, lautete das Fazit der Kunrauerin.

Immer wieder kamen neue Besucher-Gruppen auf das Gelände, die sich auf die Strecke wagten. Kamen sich dabei mal zwei Draisinen entgegen, zeigte sich der Vorteil der Bauweise: Sie lassen sich anheben und umdrehen. Etwa das Dreirad, das der Wittinger Karl-Heinz Adam im vergangenen Winter aus ausrangierten Fahrradteilen gebaut hat. Den Rahmen hat er selbst zusammengeschweißt. „Das kann jeder, der handwerklich begabt ist“, sagte der ehemalige Landmaschinen-Mechaniker.