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Neue Serie Schlichten statt Richten

Neue Serie. Birgit Bromann und Carsten Behrend berichten über die Arbeit der Klötzer Schiedsstelle.

17.01.2016, 07:00

1 Kann man wegen eines Nachbarschaftsstreits direkt Klage bei Gericht einreichen?

 

Nein, eine Klage ist nach dem Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetz erst zulässig, nachdem man versucht hat, vor einer Schieds- oder Schlichtungsstelle die Streitigkeit gütlich beizulegen.

2 Gelten im gesamten Bundesgebiet für die Schiedsstellen die gleichen Bestimmungen?

Jedes Bundesland hat seine eigenen Nachbarschafts- und Schiedsstellengesetze. Das Bürger­liche Gesetzbuch (BGB) gilt für alle.

3 Welche Nachbarschaftsstreitigkeiten gehören vor die Schiedsstelle?

Nachfolgende Angelegenheiten sind im Gesetz vorgeschrieben: § 906 BGB Einwirkungen auf das Nachbargrundstück (zum Beispiel Geräusche, Rauch, Gerüche, Er­schütterungen), § 910 BGB Überwuchs von Zweigen und Wurzeln, § 911 BGB Hin-überfall von Früchten, § 923 BGB Grenzbaum sowie Fälle aus dem Nachbarschaftsgesetz, soweit es keine Einwirkungen von einem ge­werblichen Betrieb sind.

4 Wo sind die Schiedsstellen zu finden?

Bei Ihrem Amtsgericht, der Stadt- oder Gemeindeverwaltung und der regionalen Organisation (zum Beispiel www.bds-sachsen-anhalt.de) erfahren Sie, wo Sie die Schiedsstellen finden.

5 Welche Schiedsstelle ist zuständig?

Laut Gesetz ist die Schieds- oder Schlichtungsstelle dort zuständig (Stadt, Gemeinde oder Stadt-/Gemein­de­teil), wo die antragsgegnerische Seite wohnt oder ihren Sitz oder eine Niederlassung hat. Schriftlich oder zu Protokoll der Schieds­stelle können beide Seiten gemein­sam eine andere Schiedsstelle vereinbaren.

6 Was ist eigentlich eine Schiedsperson?

Eine Schiedsperson ist ehrenamtlich tätig. Sie wird vom Gemeinde- oder Stadtrat gewählt. Die Leitung des Amtsgerichts bestätigt die Wahl und beruft die Schiedspersonen in ihr Amt. Vor der Verpflichtung werden sie über ihre Aufgaben und Pflichten sowie über ihre Verschwie­genheits­pflicht über Verhandlungen und Parteien, was sie amtlich erfahren haben, belehrt. Die fach- und zeitgerech­te Durchführung der Arbeit wird von der Leitung des Amtsgerichts beaufsichtigt und nicht von der Stadt- oder Gemeindeverwaltung.

7 Wie lange dauert ein Schiedsverfahren?

Nach Antrag und Vorschusszahlung werden Ort und Zeit des Schlichtungstermins umgehend bestimmt. Die Verhandlung sollte ohne Unterbrechung zu Ende geführt werden. Das gesamte Verfahren sollte möglichst in einer Frist von drei Monaten beendet werden.

8 Mit welchen Kosten hat man vor der Schiedsstelle zu rechnen?

Die Sprechstunde und Erkundigung über die Möglichkeiten eines Verfahrens kosten nichts. Mit dem Antrag auf Einleitung eines Verfahrens fällt ein Vorschuss an. Dieser kann bis zu 75 Euro betragen. Das Verfahren an sich kostet 25 Euro. Kommt eine Einigung der Parteien zustande, erhöht sich die Gebühr auf 50 Euro und kann in begründeten Ausnahmefällen auf bis zu 75 Euro steigen. Dann kommen noch Auslagen hinzu, zum Beispiel für Porto und Kopien. Beide Seiten können vereinbaren, dass die gegnerische Seite einen Teil oder die gesamten Kosten trägt.

9 Hat man zur Lösung des Problems einen Rechtsanspruch gegenüber der Schiedsper­son wie bei einem Anwalt?

Ein Anspruch auf umfassende Rechtsberatung und Durchsetzung der Interessen der antrag­stellenden Partei besteht nicht. Von der Schiedsperson wird im konkreten Fall geprüft, ob sie sachlich und örtlich zustän­dig ist, der Antrag vollständig ist und ob Ablehnungs- oder Aus­schließungsgründe vorliegen.

10 Wie stellt man einen Antrag auf Eröffnung eines Schiedsverfahrens?

Diesen kann man direkt bei der Schiedsstelle zur Niederschrift geben oder selbst schreiben und der Schiedsstelle zukommen lassen.

11 Was muss der Antrag enthalten?

Er muss Namen, Vornamen und Anschriften aller Parteien enthalten. Zudem muss er allge­meine Angaben zum Streit­gegenstand und dem Begehren enthalten. Ab­schließend ist der An­trag von allen Antragstellern zu unterschrieben.

12 Was geschieht nach dem Antrag?

Nach dem Antrag und Vorschusseingang werden beide Seiten amtlich ge­la­den. Die Schieds­person führt die Verhandlung un­parteiisch mit dem Ziel, den Rechtsstreit im Wege des Ver­gleichs beizulegen. Um eine dauerhafte Lösung des Problems zu erreichen, werden die Par­teien persönlich in die Konfliktlösung eingebunden. In der Regel findet die Verhandlung münd­lich und nicht öffentlich statt. Zur Konfliktlösung kann die Schieds­person auch Vor­schläge unterbreiten. Vor­handene Beweise können genutzt wer­den, aber ein Beweisverfahren findet nicht statt. Es ist nicht vorgesehen, wie vor Ge­richt die Rechts- und Sachlage zu er­örtern.

13 Kann man jemanden Anderen zum Termin schicken?

Die Parteien müssen zur Verhandlung persönlich erscheinen. Eine Ausnahme davon besteht, wenn ein Fall der gesetzlichen Vertretung vorliegt oder wenn der geschickte Ver­treter in der Lage ist, den Sachverhalt aufzuklären und ausdrücklich ermächtigt wurde, einen Vergleich ab­zu­schließen und wenn die Schiedsperson diesem Fernbleiben zuge­stimmt hat. Als Beistand ist jede Person, also zum Beispiel ein Familienmitglied oder Freund(in), erlaubt. Ein Ord­nungsgeld bis zu 75 Euro wird festge­setzt, wenn eine Partei trotz Ladung unentschuldigt nicht erscheint.

14 Ist ein Anwalt erforderlich?

Nein, ein Anwalt ist nicht vorgeschrieben. Beide Seiten können ihre Interessen persönlich wahrnehmen. Zulässig wäre ein Anwalt zum Beispiel als Bei­stand.

15 Was passiert, wenn man sich im Schiedsverfahren nicht einigt?

Dann kann die Partei, die das Verfahren beantragt hat, vor der Schiedsstelle einen Antrag auf Erteilung einer Erfolgslosigkeitsbescheinigung stellen. Mit dieser kann vor Gericht geklagt wer­den.

16 Und wenn man sich im Schiedsverfahren einigt?

Kommt zwischen beiden Seiten eine Einigung zustande, dann sind beide Seiten daran gebun­den. Dieser sogenannte Vergleich kann wie ein Ge­richtsurteil 30 Jahre lang unmittelbar voll­streckt werden.