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Gesetzesänderung Sammler schlagen weiter Alarm

Die geplante Novelle des Kulturschutzgesetzes versetzt Sammler in Aufruhr. Rüdiger Fricke aus Jahrstedt warnt vor tiefen Einschnitten.

Von Markus Schulze 25.02.2016, 02:00

Jahrstedt l Am gestrigen Mittwoch ließ Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, verlauten, dass dem Land Sachsen-Anhalt für bedeutende Kulturvorhaben 2,3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Es erscheint logisch, dass sich über diese Ankündigung etliche Menschen freuen werden, darunter vielleicht auch Sammler von Gemälden, Briefmarken, Münzen, Mineralien und Fossilien. Ganz allgemein dürfte Grütters unter diesem Personenkreis zurzeit aber nicht viele Freunde haben, weil sie an einer Novelle des Kulturschutzgesetzes festhält.

Dieses, so will Rüdiger Fricke, Hobby-Paläontologe aus Jahrstedt erfahren haben, soll wohl im Sommer verabschiedet werden. Im Grunde sieht die Neuregelung vor, dass deutsche Kulturgüter unter besonderen Schutz gestellt werden sollen und nicht mehr ohne Weiteres ins Ausland transferiert werden können. Außerdem soll damit der illegale Handel von Kulturgut – ein weltweites Dilemma – unterbunden werden, um auf diese Weise Raubgrabungen und Plünderungen entgegenzutreten.

Das mag ein hehres Ziel sein, das vernünftig klingt, doch für Rüdiger Fricke und seine Mitstreiter könnte die Gesetzesänderung drastische Folgen haben, die weit in das Private hineinreichen. Sie befürchten eklatante Einschnitte und eine „schleppnetzartige Überwachung“. So würde es ihnen künftig unmöglich gemacht, weiterhin ihrer zumeist nichtgewerblichen Leidenschaft zu frönen. Nach Ansicht des Jahrstedters wäre es den Sammlern dann zum Beispiel verboten, untereinander Stücke zu tauschen. „Dann gebe es keine Börsen, Messen oder Flohmärkte mehr“, warnt Fricke. Und fügt hinzu, dass man selbst für Stücke, die bei den Sammlern schon seit Jahren zuhause in der Vitrine liegen, eine Genehmigung oder einen anderweitigen Eigentumsnachweis bräuchte.

Andernfalls drohe die Beschlagnahme, wobei dann sogar noch Gebühren für Lagerung und andere Unkosten erhoben würden. Jedoch sei es nahezu unmöglich, eine solche Erlaubnis (nachträglich) beizubringen. Vor allem für Fricke, der seine Fossilien und Mineralien nicht vertraglich erworben, sondern irgendwo in der Landschaft gesucht und gefunden hat.

Der Jahrstedter ist froh darüber, dass nach einem ersten Volksstimme-Artikel zu diesem Thema, erschienen am 30. Oktober 2015, auch andere Medien aufmerksam geworden seien und die Diskussion um das Kulturschutzgesetz ein lauteres Echo finde. „Die Wellen der Empörung schlagen höher“ hat Fricke beobachtet und verweist zudem auf diverse Stellungnahmen von arrivierten Experten aus dem In- und Ausland. Darin wird unter anderem kritisiert, dass die Besitzer von Briefmarken, Münzen, Fossilien und Co. durch das Kulturschutzgesetz in die Nähe von Waffen- und Drogenhändlern gerückt würden. Die Novelle sei „ein Dämon“, der ohne Not die staatlichen Befugnisse ausdehne und Bürgerrechte aushöhle. Weiterhin heißt es, dass das Sammeln eine kulturstiftende Tätigkeit sei, die keine Überreglementierung verdiene. Vielmehr sei das Sammeln ein Motor für Wissenschaft und Forschung, der den Staat nichts koste und schon bei Kindern das Interesse für die Naturwissenschaften wecke und fördere. Und im Falle von Fossilien wird sogar generell angezweifelt, dass es Kulturgüter im engeren Sinne seien, da sie überwiegend keinen wissenschaftlichen oder kommerziellen Wert hätten. Stattdessen handele es sich zu 90 Prozent um Fossilien, die allein in Deutschland in riesigen Mengen in Rohstoffen wie Kohle, Erdöl, Ton, Kreide, Kalkstein oder Schotter vorkämen, die ohne den Sammler entweder gar nicht entdeckt oder ansonsten durch Witterung oder Abbau zerstört worden wären.

Auf jeden Fall ist es Rüdiger Fricke und der gesamten Szene wichtig, dass sich die Entscheidungsträger das Kulturschutzgesetz vor dem Beschluss ganz genau durchlesen. „Nicht, dass da vor der Mittagspause mal eben was durchgewunken wird, von dem die Leute gar keine Ahnung haben und sich der Konsequenzen nicht bewusst sind.“

Er selbst will die Hände nicht in den Schoß legen. Deshalb habe er sich schriftlich an alle sachsen-anhaltinischen Bundestagsabgeordneten gewandt. Bislang mit mäßiger Resonanz. „Nur von der Partei Die Linke habe ich eine Antwort erhalten.“ Ähnlich wenig Erfolg hätten seine niedersächsischen Kollegen gehabt.

Für Fricke steht fest: „Wenn das neue Kulturschutzgesetz kommt, dann steht jeder Sammler mit einem Bein im Gefängnis und die uralte Sammelkultur in Deutschland geht den Bach runter.“