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Abschied Der Pfarrer geht nicht so ganz

Eine neue Aufgabe hat der Klötzer Pfarrer Johannes-Michael Bönecke angenommen. Er übernimmt die pfarramtliche Vertretung im Kirchenkreis.

Von Siegmar Riedel 24.05.2017, 03:00

Klötze l Einen Stapel eingeschweißte Zeitungsausschnitte bringt Pfarrer Johannes-Michael Bönecke mit zu unserem Treffpunkt in der Evangelischen Familienbildungsstätte. Erinnerungsstützen aus 17 Jahren als Pfarrer in Klötze. Doch diese Gedankenhilfe brauchen wir eigentlich nicht, denn der gebürtige Halberstädter kann sich sehr gut an viele Details erinnern. Beispielsweise, dass er 1975 nach Altensalzwedel in die Altmark kam.

Seine Berufsausbildung mit Abitur absolvierte er in der Landwirtschaft. „Es war nicht leicht für mich, an das Abitur zu kommen“, erläuterte Bönecke, „da wir nicht ganz linientreu waren.“ In der DDR damals war das wie ein Brandmal, das viele Karrieren verhinderte.

Von 1983 bis 1985 absolvierte er seinen Dienst bei der Volksarmee der DDR, allerdings nicht mit der Waffe in der Hand, sondern mit dem Spaten als sogenannter Bausoldat. Einer seiner Kameraden in dieser Zeit war der heutige Superintendent Matthias Heinrich.

In der Altmark lernte er auch seine spätere Frau Gudrun, eine gebürtige Altmärkerin, kennen. „Schnell stand für uns fest: Wir bleiben in der Altmark“, berichtete Johannes-Michael Bönecke. 1985 dann die Hochzeit.

Der berufliche Werdegang war Johannes-Michael Bönecke irgendwie vorbestimmt: Geboren im Halberstädter Pfarrhaus, aufgewachsen in einer Pfarrersfamilie, studierte er fast folgerichtig Theologie. „In Halle. Meine Frau studierte dort Pharmazie.“

1990 zog Familie Bönecke in das Neuendorfer Pfarrhaus ein. Bis 1992 absolvierte er berufsbegleitend das Vikariat. In Neuendorf erfolgte auch die Ordination. Die Christen in fünf Orten betreute er zu dieser Zeit schon: Neuendorf, Siedentramm, Brüchau, Hohenhenningen, Lockstedt.

Nach Klötze verschlug es Johannes-Michael Bönecke Ende 1999. Seine erste Amtshandlung war der Erntedankgottesdienst. Eingeführt worden ist er in sein Amt am 3. Adventssonntag. Johannes-Michael Bönecke übernahm das Kirchspiel Klötze vom inzwischen verstorbenen Superintendenten Bernd Bierbach. Von 1995 an fungierte er zudem als Krankenhausseelsorger in Salzwedel, war Kreispfarrer für Krankenhausseelsorge.

Als er nach Klötze kam, war er weiterhin für den Bereich Neuendorf zuständig. „Neuendorf blieb immer an mir hängen“, scherzt er. Nesenitz kam zu seiner Verantwortung hinzu, das Kirchspiel Klötze-Neuendorf ist gegründet worden. Zusammen mit den Schwiesauern schlossen sie sich 2016 zum Kirchenverbund Klötze-Schwiesau zusammen.

„Wir sitzen gemeinsam an einem Tisch und kümmern uns zusammen um unsere Projekte. Neid und Missgunst wie in Stadträten waren bei uns nie ein Thema“, teilt Johannes-Michael Bönecke einen kleinen Seitenhieb in Richtung Politik aus. Viele Aktionen nahmen sie gemeinsam in Angriff.

Ein Lieblingsprojekt der Familie sind die Freiluft-Gottesdienste. Ein Vorschlag von Gudrun Bönecke. „Sie fragte, warum wollen wir nicht im Freien Gottesdienst feiern, statt im Sommer in der Kirche zu hocken?“, erinnert sich Johannes-Michael Bönecke.

Die Idee kam gut an. Am Donnerstag wird ab 11 Uhr am Ellernbusch zwischen Lockstedt und Hohenhenningen bereits der zehnte Himmelfahrtsgottesdienst unter freiem Himmel sein. Für Bönecke der letzte in seiner Funktion als Pfarrer von Klötze. Denn er wird an diesem Tag von Superintendent Matthias Heinrich verabschiedet. In diesem Jahr wird außerdem der zehnte Waldgottesdienst gefeiert, an der Schwiesauer Wassertretstelle wird es der dritte Pfingstgottesdienst sein.

„Die Gemeinde merkt dadurch: Mit uns und für uns passiert was. Und auch alle anderen Menschen fühlen sich durch solche Open-Air-Gottesdienste eingeladen“, erklärt sich der Pfarrer den Erfolg dieser Idee.

Viel hat Johannes-Michael Bönecke in all den Jahren bewegt. Vieles hat aber auch ihn bewegt. Zum Beispiel ist die Kirche in Klötze 2003 renoviert worden, neue Elektroleitungen wurden verlegt, frische Farbe kam an die Wände. Im Jahr 2004 dann der Guss der neuen Glocken für die Klötzer Kirche. Bei einem Erntedankfest 2005 erklangen die Glocken zum ersten Mal. Bönecke gesteht: „Für mich hat das Klötzer Geläut den schönsten Klang weit und breit.“

Zwar gab es 1990 Reparaturen am Kirchturm in Klötze. Doch 2005 musste der Turm von Grund auf stabilisiert und repariert werden.

Auch an Kurioses erinnert sich der Pfarrer: „In Sieden­tramm ist es üblich, dass die Gottesdienstbesucher erst beim Läuten der Glocke zur Kirche gehen. Doch einmal war der Glöckner nicht da und keiner wusste das“, erzählt Bönecke. Es kam, was kommen musste: „Die Leute standen vor ihren Häusern und keiner rührte sich.“ Kurzerhand erklomm der Pfarrer selbst den Glockenturm und läutete per Hand. Und siehe da: Sie kamen.

Das Thema Glocken ist ein nicht unwichtiges: „Heute sind alle Kirchen mit elektrischen Läutewerken ausgestattet“, berichtet Johannes-Michael Bönecke. In Neuendorf ist inzwischen eine Stahlglocke aus dem Weltkrieg außer Betrieb genommen und durch zwei neue Bronzeglocken ersetzt worden. In Nesenitz gab es nur eine kleine Schulglocke. Eine größere kam dazu, vom Klang her passend zu kleinen.

In Klötze zog Familie Bönecke auch ihre beiden Töchter groß, die ältere geboren 1989, die jüngere 1995. Nur wenige Menschen wissen, dass der Pfarrer ein begeisterter Hundefreund ist. Viele Jahre züchtete er Labradore, drei gehören noch zum Haushalt. „Das sind Familienmitglieder“, stellt er klar. Die Hunde seien ein Ausgleich zum Job. „Durch sie gibt es kein Waldstück um Klötze mehr, das wir nicht kennengelernt haben“, scherzt Bönecke.

Doch nicht alle Ideen funktionierten. Ein Vier-Pfoten-Gottesdienst für Tierfreunde kam nicht an. „Versucht haben wir auch, einen Besuchsdienst-Kreis ins Leben zu rufen, für Menschen die krank sind oder für Geburtstagkinder“, erläutert Bönecke. Der Kreis blieb aber klein, die Akzeptanz war gering. Nicht angenommen wurde eine Junge Gemeinde für Jugendliche nach der Konfirmation. „Das klappte nur punktuell.“ Ein „Renner“ ist dagegen der Singkreis. Was daraus nach dem Weggang von Familie Bönecke wird, ist noch nicht entschieden.

Es klappt richtig gut mit der Kirche in Klötze. Das hat eine sogenannte Visitation ergeben. Doch Johannes-Michael Bönecke suchte eine neue Herausforderung. Er bewarb sich auf eine Ausschreibung und bekam die Stelle als Kreispfarrer für Vertretungsdienste im Kirchenkreis Salzwedel. Bönecke: „Das wird eine spannende Arbeit.“ Allerdings kehrt er Klötze nicht ganz den Rücken. Denn bis zur Neubesetzung der Stelle wird er Vertretungen in Klötze übernehmen.