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Abschied Ein streitbarer Geist geht in Rente

In Kusey ist Pfarrer Bernd Schulz in den Ruhestand verabschiedet worden. Vor Weggefährten und Freunden hielt er seine letzte Predigt.

Von Siegmar Riedel 07.08.2018, 03:00

Kusey l So viele Gottesdienstbesucher wie selten konnten in der Köbbelitzer Kirche in Kusey gezählt werden. Grund dafür war der Abschied von Bernd Schulz. Er hielt dort vor Freunden und Weggefährten seine letzte Predigt als Pfarrer im Bereich Steimke-Kusey. „Wo wir heute stehen als Kirchengemeinde, ist unser gemeinsames Werk. Weil es auch mal schwierig war, sind wir 35 Jahre geblieben“, betonte der Pfarrer in einer vollen Kirche. Einige Zuhörer standen sogar vor dem Gotteshaus. Eine solche Gemeinde könne stolz auf sich sein, sagte er und wünschte seinem Nachfolger, dass er auch so aufgenommen werde.

Schulz hätte noch ein Jahr seinen Posten bekleiden können. Für den vorzeitigen Wechsel gab er an: „Hier sind ganz schnell Veränderungen nötig, die ich in einem Jahr nicht vollenden kann.“ Er sprach von einer guten Zusammenarbeit in Kunrau und Steimke, woran der Kunrauer Erich Fischbeck genauso Anteil habe wie Alexander Schmidt in Steimke.

Die Gemeinden würden immer kleiner werden, das sei eine schwierige Situation. Viele Leute würden sich zurückziehen, die Kirchen nicht wissen, wie sie sie erreichen können. „Ich halte den Gottesdienst immer noch für das wichtigste Instrument der Gemeindearbeit, deshalb müssen neue Wege gefunden werden“, machte der Pfarrer deutlich.

In den vergangenen Jahrzehnten seien in der evangelischen Kirche riesige Programme aufgefahren worden, um Mitglieder zu gewinnen. „Wir dachten, den Stein der Weisen gefunden zu haben. Doch die Mitgliederzahlen sind nicht gestiegen“, mahnte Bernd Schulz, der mit seinen Ideen und Ansichten in der Vergangenheit nicht immer nur Freunde fand. Oft genug regte er zum fruchtbaren Streit an.

„Die Kirche wird nicht daran scheitern, ob sich die Strukturen ändern oder nicht. Wenn sie scheitert, dann daran, dass Menschen nicht mehr unter Gottes Wort zusammenkommen.“ Sein Aufruf: „Machen Sie weiter oder fangen Sie endlich an, sich mit Gottes Wort aus­ein­anderzusetzen.“

Präses Matthias Raapke verlas eine Urkunde der Landeskirche, die Bernd Schulz von seinen Aufgaben entband. Bevor Superintendent Matthias Heinrich das per Handschlag besiegelte, dankte er dem Pfarrer im Namen aller. „Der Gedanke an Sie ist immer mit Menschen verbunden: Ihre Ehefrau, die Ihren Dienst mitgetragen hat, die Kirchenältesten, die Sie gefordert haben.“ Dabei sei eine gute Zusammenarbeit nötig, die oft auch unbequem war. „Danke, dass Sie das ausgehalten haben“, sagte Heinrich. Der starke Einsatz von Schulz für die Probleme der Menschen habe oft Diskussionen hervorgerufen. „Wir beide haben auch ein solches unrühmliches Kapitel geschrieben, das ist abgeschlossen“, spielte Heinrich auf Auseinandersetzungen um die Weiterbeschäftigung von Bernd Schulz an.

Als beide sich die Hand reichten, brach der Beifall los. Bärbel Schulz gab den Applaus zurück: „Sie haben uns eine schöne Zeit bereitet.“ Die Gäste schenkten dem Pfarrer gesungene und gesprochene Wünsche. Zu ihnen zählte auch Klötzes Bürgermeister Uwe Bartels, der in den vergangenen Jahren so manchen Disput mit Bernd Schulz führte.

Neben dem Evangelischen Landjugendzentrum begann danach ein Sommerfest. Unter der Leitung von Andrea Jürges sang der Männerchor Concordia einige Lieder.

Von den meisten Gemeindekirchenräten, nicht allen, bekam er einen Konzertbesuch in Düsseldorf mit Hotelaufenthalt geschenkt. Birgit Dähnrich überreichte im Namen des Kreiskirchenamtes einen Apfelbaum. „Bei allen unterschiedlichen Meinungen war eines immer gleich: das Ziel, die Verkündung der frohen Botschaft“, sagte sie. Den Apfelbaum solle Bernd Schulz, der in der Hauptstadt wohnen wird, „irgendwo in Berlin pflanzen, an einem Altenheim, auf einem Kinderspielplatz – irgendwo, wo keiner den Mut hat, einen Baum zu pflanzen“.

Kreisjugendreferent Volker Holtmeier gab ihm einen passenden Spruch auf einer Tafel mit auf den Weg: „Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede.“