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Ausbildung Handwerk muss Anreize schaffen

Metallbau Nieder ist ein vorbildlicher Ausbildungsbetrieb. Von der Handwerkskammer gab es eine Ehrung.

Von Markus Schulze 19.12.2018, 20:00

Kusey l Alljährlich vergibt die Handwerkskammer Magdeburg den Preis „Vorbildlicher Ausbildungsbetrieb“. Damit sollen diese Firmen bekannt gemacht und andere Unternehmen zur Nachahmung angeregt werden. Bei einer gemeinsamen Festveranstaltung der Handwerkskammern Magdeburg und Halle am 6. Dezember in Köthen wurden nicht nur die besten Nachwuchshandwerker ausgezeichnet, sondern auch die vorbildlichen Ausbildungsbetriebe geehrt. Dazu gehört Metallbau Nieder in Kusey. Die Firma wurde 1990 von Norbert Nieder gegründet und brachte seither 23 Gesellen hervor. Ausgebildet wird jedes Jahr, früher war sogar jedes Lehrjahr besetzt. Aufgrund des demografischen Wandels ist das heutzutage aber eher die Ausnahme.

Die Kontinuität war ein Punkt, den die Handwerkskammer bei ihrer Beurteilung zugrunde legte. Ansonsten kam es ihr beispielsweise darauf an, dass die Ausbildung attraktiv ist, dass die Gesellen bis zur Meisterqualifikation weitergebildet werden, dass bei der Nachwuchsgewinnung besonderer Einsatz gezeigt wird und dass eine Zusammenarbeit mit Schulen besteht. Alle diese Kriterien erfüllt Metallbau Nieder.

„Wenn man das Handwerk erhalten will, muss man neue Wege gehen, um Anreize zu schaffen“, sagt Senior-Chef Norbert Nieder. Denn geeignete Lehrlinge sind Mangelware. Wer Kandidaten finden oder halten will, muss kreativ und innovativ sein. Metallbau Nieder lässt sich allerhand einfallen. Unter anderem bekommen Lehrlinge für gute Leistungen im Betrieb oder in der Berufsschule zusätzliche Prämien. Angehende Meister werden freigestellt. Und wenn ein Lehrling befürchtet, die Gesellenprüfung nicht zu schaffen, dann ermöglicht man ihm die Teilnahme an einem Intensiv-Kurs zur Vorbereitung und übernimmt dafür auch die Kosten.

Überdies wird für das (Metallbau-) Handwerk bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Werbetrommel gerührt. Außerdem war Norbert Nieder eine der treibenden Kräfte, um das TiP (Tage in der Praxis)-Programm ins Leben zu rufen. Dabei, so erklärt er, handelt es sich um ein von verschiedenen Stellen gefördertes Angebot für alle Neuntklässler an den Förder- und Sekundarschulen im Altmarkkreis, bei dem Schüler in verschiedene Berufsgruppen hineinschnuppern und die betrieblichen Abläufe kennenlernen können. Koordiniert wird das Ganze vom VfB (Verein zur Förderung der beruflichen Bildung in der Region Altmark West e. V. ) Salzwedel und dem Jugendförderungszentrum Gardelegen. „Das Projekt ist sehr erfolgreich. 30 Prozent der Teilnehmer haben im Anschluss einen Lehrvertrag unterschrieben, und 30 Prozent wussten im Anschluss, dass es nichts für sie ist“, weiß Junior-Chef Alf Nieder und spricht von einer „Win-win-Situation“ für Lehrling und Betrieb. Unter anderem deshalb, weil sich die Abbrecher-Quote erheblich verringert.

Wenn das Handwerk eine Zukunft haben will, da ist sich Norbert Nieder auch in seiner Eigenschaft als Kreishandwerksmeister sicher, „dann dürfen die Sekundarschulen nicht ausbluten“, sprich, alle Jugendlichen zu den Gymnasien abwandern. Das hat nämlich zur Folge, dass die Zahl geeigneter Lehrlinge immer weiter sinkt. Ihm wäre es viel lieber, wenn die Jugendlichen, anstatt im Gymnasium vielleicht überfordert zu werden, an der Sekundarschule einen guten Abschluss machen, eine Ausbildung beginnen und später oder auf duale Weise ihr (Fach-) Abitur erlangen. Ob und wie das konkret umgesetzt werden kann, genau dazu steht Norbert Nieder aktuell in Verhandlungen mit Bildungsminister Marco Tullner. „Man muss auch sehen, dass die Leute dann früher auf eigenen Füßen stehen, krankenversichert sind und nicht mehr den Eltern auf der Tasche liegen“, argumentiert er.

Analog zu den polytechnischen Schulen früherer Tage würde er sich wünschen, dass es in Schulen einen größeren Praxisbezug gibt und dass Kinder so früh wie möglich, bestenfalls ab dem Kindergartenalter, entsprechend ihrer Fähigkeiten gefördert werden.