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Ausbildung Zensuren sind nicht alles

Ein neues Ausbildungsjahr beginnt. Doch die Klötzer Betriebe finden kaum Bewerber.

Von Markus Schulze 29.07.2017, 03:00

Klötze l „Das Schöne an dem Beruf ist die Vielseitigkeit, die Herausforderung, für jedes Problem eine Lösung zu finden, und dann die netten Kollegen“, sagt Henry Heckl. Der 50-Jährige ist Gas-Wasser-Installateur bei der Firma Hartung Haustechnik in Klötze. Seit elf Jahren arbeitet er dort als Geselle und möchte nicht tauschen. Sein 31-jähriger Kollege Henry Hardenberg, der einst bei Hartungs in der Lehre war und dort ebenfalls als Geselle beschäftigt ist, pflichtet ihm bei: „Der Beruf ist sehr abwechslungsreich, mal machen wir Heizungsinstallationen, mal Sanitärarbeiten und mal installieren wir Solaranlagen.“ Was ihn außerdem zufrieden macht: „Der Verdienst stimmt.“ Trotzdem ist es für die Geschäftsführer des mittelständischen Familienbetriebes, die Brüder Thomas und Michael Hartung, schwer, Auszubildende zu finden.

Wurden in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten bereits über 20 junge Menschen ausgebildet, „ist die Lehrstelle dieses Jahr noch unbesetzt“, bedauert Thomas Hartung. 20 Mitarbeiter zählt das Unternehmen aktuell; darunter zwölf Installateure und ein Azubi, der ins zweite Lehrjahr kommt. Die wichtigste Voraussetzung, die Bewerber mitbringen müssten, sei das Interesse am Beruf. „Von Vorteil wäre es natürlich, wenn die jungen Leute in den naturwissenschaftlichen Fächern und in Mathe gute Zensuren haben, dann haben sie es leichter“, sagt Dieter Hartung, 70-jähriger Seniorchef des Unternehmens und zudem Vorsitzender der Prüfungskommission für Anlagenmechaniker Heizung, Sanitär, Klima der Kreishandwerkerschaft Salzwedel/Stendal. Spät entschlossene Jugendliche könnten auch noch im Oktober mit der Ausbildung beginnen, erklärt er. Und für Quereinsteiger, die schon eine Berufsausbildung in einem Metallberuf haben, verkürze sich die Lehrzeit von dreieinhalb auf zweieinhalb Jahre.

Einen verspäteten Einstieg für Interessenten bietet auch Lars Hilmer an. Er ist Inhaber des Restaurants und Hotels „Braunschweiger Hof“ in Klötze und führt es in vierter Generation. Aktuell sind Ausbildungsstellen für einen Koch oder eine Köchin sowie eine/n Restaurant- und/oder Hotelfachfrau oder -mann zu besetzen. Der Koch-Lehrling, der gerade seine dreijährige Ausbildungszeit beendet hat, arbeitet jetzt in Festanstellung in dem Familienbetrieb und ist einer der insgesamt sieben Mitarbeiter. „Koch ist ein kreativer Beruf“, beschreibt Lars Hilmer die Fähigkeit, „mit Produkten, die man verarbeitet, sorgsam umzugehen und punktgenau das Bestmögliche für den Gast auf den Teller zu bringen“. Was potentielle Bewerber betrifft, meint der Firmenchef: „Zensuren sind nicht alles, wichtiger sind das Interesse für den Beruf und die Bereitschaft, an Wochenenden und Feiertagen zu arbeiten. Die Ausbildung sollte nicht als Notnagel gesehen werden.“ Gleiches gelte für Restaurant- und Hotelfachkräfte. Bei gutem Berufsabschluss stünden Mitarbeitern im Gastgewerbe viele Türen offen. „Man hat die Möglichkeit, in der Welt herumzukommen“, sagt Lars Hilmer, der selbst als Jungkoch in der Schweiz und auf Norderney Erfahrungen gesammelt hat.

Während im Seniorenwohnpark die drei Ausbildungsstellen für Altenpfleger bereits besetzt sind, wird noch ein Koch-Lehrling gesucht. „In unserer Küche arbeiten fünf Köche und sechs Küchenhelfer“, erklärt Küchenleiter Christoph Hallmann. Er und sein Stellvertreter Gunna Schütte wünschen sich Bewerber, „die auf Menschen zugehen können, gerne im Team arbeiten und belastbar sind“. Immerhin gilt es, neben den 200 Essens-portionen (das Medinaheim am Breitenfelder Weg wird mitversorgt) täglich auch das Frühstück und das Abendbrot für die Heimbewohner zuzubereiten. Obendrein wird für die Kaffeezeit regelmäßig frischer Kuchen und Gebäck gebacken.

Alle drei Jahre wird in dem Seniorenheim ein Kochlehrling ausgebildet. Da die Stelle bislang frei ist, wird Interessenten ebenfalls ein verspäteter Einstieg ermöglicht. Schulische Voraussetzung sollte mindestens ein Hauptschulabschluss sein, „und man sollte sich schon für den Beruf interessieren“. Für Gunna Schütte ist „die Arbeit mit Menschen für Menschen“ das Besondere an seiner Arbeit in einer Betreuungseinrichtung. „Wir kennen unsere Gäste, halten mit ihnen auch Schwätzchen bei der Essensausgabe und freuen uns, wenn sie mit unserer Arbeit zufrieden sind.“ Attraktiv sei die Arbeit im Seniorenheim auch „wegen der sehr geregelten Arbeitszeiten“, ergänzt der Küchenleiter.

Dass es in diesem Jahr „enorm schwierig“ sei, Azubis zu finden, kann auch André Rabe, Bereichsleiter bei der Hol ab Getränkemarkt GmbH, bestätigen, die im norddeutschen Raum etwa 70 Lehrstellen für den Beruf des Verkäufers im Einzelhandel anbietet. Aber trotz aller Bemühungen (Werbung im Internet, intensive Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit) konnte bisher weder für den Markt in Klötze, noch den in Gardelegen und auch nicht für den Standort in Oebisfelde ein Kandidat gefunden werden.

Der Bereichsleiter führt dies unter anderem darauf zurück, dass der ländliche Raum für junge Leute nicht attraktiv genug sei. Generell habe es „sehr wenige“ Bewerbungen gegeben. Und wer doch in die engere Wahl kam, der sei durch den Eignungstest gefallen. „Sowohl die Quantität als auch die Qualität der Bewerbungen nehmen ab“, meint André Rabe.

Ebenfalls noch auf der Suche nach Azubis ist die Mesh Pack GmbH in Kusey, die einen Platz als Mechatroniker, als Maschinen- und Anlagenführer sowie als Fachkraft für Lagerlogistik in petto hat. Erforderlich ist jeweils mindestens der Hauptschulabschluss. „Es hat Bewerbungen gegeben, aber die Kandidaten haben sich leider für andere Betriebe entschieden“, informiert Manja Baumgart von der Personalabteilung im Gespräch mit der Volksstimme. Ihre Vermutung: „Vielleicht liegt es an der Lage von Kusey. Das ist zu abgelegen.“