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Der Drömling Artenvielfalt im intakten Niedermoorgebiet

Der Biber hat großen Anteil an der Artenvielfalt im noch intakten Niedermoorgebiet des Drömlings.

Von Jens Pickert 28.01.2016, 14:00

Oebisfelde l Das ist die Meinung von Joachim Weber, Mitarbeiter der Naturparkverwaltung Drömling. „Biber sind eine der ältesten heute noch vorkommenden Säugetierarten. Schon vor rund 38 Millionen Jahren lebten Urbiber auf der Erde. Bei den Indianern galt er als Erbauer der Welt und ist heute noch das Nationaltier Kanadas“, erklärte Weber weiter.

Doch von den einst etwa 160 Millionen Bibern in Eurasien und Nordamerika hätten nur einige tausend das 19. Jahrhundert überlebt. Der Elbebiber Castor fiber albicus, eine Unterart des eurasischen Bibers, sei auch in Deutschland zu diesem Zeitpunkt fast völlig von der Bildfläche verschwunden.

„Es überlebte nur eine kleine Population von zirka 190 Bibern in der Region der Mittelelbe. Grund für diesen Schwund waren die Jagd auf die Tiere, aber auch die Begradigung und der Ausbau von Fließgewässern. Diese Maßnahmen führten dazu, dass der Biber für lange Zeit aus seinem angestammten Lebensraum vertrieben wurde“, berichtete der Naturexperte.

Der letzte damals bekannte Biber sei 1919 im Breitenroder Drömling erlegt worden. Es habe bis 1994 gedauert, als die erste eigenständige Neubesiedlung über die Ohre in den Drömling erfolgt sei. Durch intensive Schutzmaßnahmen, die mit der Ausweisung des Naturparks Drömling im Jahr 1990 eingeleitet wurden, sei der Biberbestand seitdem stabilisiert worden. Weber: „Heute leben nach aktuellen Erfassungen etwa 3300 Tiere in Sachsen Anhalt, davon knapp 250 im Naturraum Drömling. Sie stehen nach geltendem Recht unter strengem Schutz.“

„Biber sind exzellente Baumeister und für den Naturschutz von unschätzbarem Wert.“

„Biber sind reine Pflanzenfresser, als Bewohner der Weichholzauen sind sie nach dem Menschen die einzigen Säugetiere, die ihren Lebensraum aktiv selbst gestalten können. Daher sind die exzellenten Baumeister für den Naturschutz von unschätzbarem Wert“, erläuterte Joachim Weber weiter.

Aus monotonen, sauerstoffarmen Gewässern würden so artenreiche Biotope entstehen. Die Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren in solchen neugeschaffenen Biotopen erhöhe sich dabei nachweislich um ein Vielfaches. Fische würden von im Wasser liegenden Ästen als Unterstand profitieren, Libellen und Amphibien erhalten durch eingestaute Bäche und Gräben neue Lebensräume. Außerdem: Die vielerorts im Drömling verschwundenen Muschelarten würden die hinter dem Biberdamm entstehenden Sandbänke zum Überleben brauchen. „Es gibt noch viele dieser positiven Effekte, aber es gibt auch die andere Seite der Medaille“, merkte Weber an und konkretisierte: „Der Drömling ist seit über 200 Jahren immer wieder vom Menschen zu seinen Gunsten verändert worden. Das Moor ist zur Nahrungsbeschaffung entwässert worden und ein weitverzweigtes Netz von Gräben durchzieht die Landschaft. Unbewirtschaftete Gewässerrandstreifen befinden sich nur an den Hauptgewässern. An kleinen Entwässerungsgräben in landwirtschaftlich genutzten Bereichen sind sie indes nur zum Teil oder gar nicht vorhanden.“

Der überwiegende Teil des Gewässernetzes sei mit Weichholzarten wie Weide, Erle oder Aspe zur Gewässerbeschattung bestockt. Ackerkulturen, wie Raps oder Mais, die bis an die Grabenränder wachsen, würden immer stärker die Landschaft dominieren.

„Es finden sich somit, vom Nahrungsangebot gesehen, optimale Bedingungen für den Biber. Wenn wir uns aber die Gewässerlandschaft außerhalb des Drömlings näher betrachten, fällt eines sofort auf: Fehlende ausreichend breite Gewässerrandstreifen ohne jegliche Vegetation an Bäumen und Sträuchern. Es entsteht für den Biber im Drömling somit ein Sackgasseneffekt, eine Ausbreitung über den Drömling hinaus wird dadurch erschwert“, informierte der Naturmann.

Durch Revierkämpfe innerhalb der Biberpopulation im Drömling sowie illegale Manipulationen am stauregulierten Gewässernetz komme es daher immer wieder zu Revierverschiebungen im Gebiet.

Der Biber suche daher zeitweilig neue, nicht so optimale Gebiete auf, was den Anschein erwecke, die Population würde ins Unermessliche anwachsen. „Die Tiere reagieren gerade in Trockenphasen auf jede Dammentnahme mit sofortigem Neubau, was die Kosten der Gewässerunterhaltung in die Höhe treibt. Daher bedarf es einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen der Landwirtschaft, dem Unterhaltungsverband und der Naturparkverwaltung“, betonte Joachim Weber.